Zwar entwickelt sich in Europa und vor allem in Deutschland eine solide technologische und regulatorische Basis der Blockchain-Technologie. Aber mit Blick auf die USA und nach China sind inzwischen Blockchain-Projekte erkennbar, die die globale Finanzarchitektur schneller als viele ahnen – also innerhalb weniger Jahre – verändern können. Europa und Deutschland müssen ihre Bemühungen intensivieren.
Ein Gastbeitrag von Philipp Sandner und Jonas Groß
Zwei Großvorhaben sind daher wichtig: Sowohl der Euro als auch die Identität müssen auf die Blockchain. Dies ermöglicht Euro-notierte Smart Contracts und die digitale Abbildung von Individuen, Unternehmen und Maschinen. All dies wird für die deutsche und europäische Industrie essentiell sein. Das Kernproblem aber ist, dass die Blockchain-Technologie von Entscheidungsträgern, sowohl im staatlichen Bereich wie auch in Konzernen, auf breiter Ebene oftmals noch nicht richtig verstanden wird. Zudem müssen signifikante Budgets in die Technologie investiert werden. Zuletzt müssen Entscheidungsträger die Bedeutung der Technologie anerkennen.
Asien und die USA: Währungen kommen auf die Blockchain
In der Blockchain-Welt geht es derzeit heiß her. Der aktuelle Fokus: Libra, China und Binance. Vor kurzem wurde das Projekt Libra angekündigt, eine Kryptowährung von einem internationalen Konsortium, das zukünftig aus 100 Organisationen bestehen soll. Zum Einsatz kommt hier zwar nicht die Blockchain-Technologie, wie sie ursprünglich bei Bitcoin umgesetzt wurde, aber sehr wohl eine Weiterentwicklung dieser Technologie. Der Fakt, dass Facebook mit seiner Basis von über zwei Milliarden Nutzern dieses Projekt initiiert hat, wird dem Projekt zum Erfolg verhelfen, da es anders als bei vielen anderen Projekten eine „garantierte Nutzerbasis“ gibt. Schätzungen zufolge würde die Marktkapitalisierung von Libra quasi über Nacht einige hundert Milliarden Euro betragen, wenn Libra wie geplant in 2020 startet. Zum Vergleich: Bitcoin hat derzeit, August 2019, eine Marktkapitalisierung von ungefähr 200 Milliarden Euro.
Kurz nach der Ankündigung von Libra wurde bekannt, dass die chinesische Zentralbank ebenfalls an einer eigenen digitalen Währung arbeitet – und das schon seit fast fünf Jahren. Anscheinend sei – laut involvierten Experten – diese Digitalwährung fast fertig entwickelt. Auch hier soll die Blockchain-Technologie zum Einsatz kommen. Natürlich folgen hier erst noch Experimente, um die Tauglichkeit der digitalen Währung zu prüfen. Dennoch ist der Weg auch hier vorgezeichnet, nämlich, dass es früher oder später eine digitale Variante der chinesischen Währung geben und die Blockchain-Technologie eine zentrale technologische Säule darstellen wird.
Schließlich hat Binance, eine der größten Kryptobörsen der Welt, seine Blockchain-Plattform für Stable Coins angekündigt. Binance mag nicht jedem bekannt sein, allerdings ist es in der sehr dynamischen Blockchain-Welt eines der wichtigsten Unternehmen. Es soll sich bei der Plattform um eine technische Infrastruktur handeln, auf der verschiedene traditionelle Fiat-Währungen digital abgebildet werden können. Binance plant also nicht die Notierung einer einzelnen digitalen Währung auf seinem System, sondern möchte ein Angebot schaffen, wonach Unternehmen und sogar ganze Länder ihre eigenen Währungen auf diesem System – quasi in abgeschotteten Segmenten – notieren lassen können.
Und wo steht Europa und im Speziellen Deutschland?
Doch was passiert aktuell in Europa und in Deutschland? Wenig, zumindest in Bezug auf Großprojekte mit Systemrelevanz. Konkret formuliert: Hier werden wesentlich kleinere Brötchen gebacken. Ja, es gibt eine lebhafte Startup-Szene im Blockchain-Bereich, die etwa in Berlin, Zürich, London und Paris ansässig ist. Konzerne wie Bosch, Daimler, die Commerzbank und andere unterhalten eigene Blockchain-Abteilungen. Auch Behörden wie die BaFin in Deutschland oder deren Äquivalente in der Schweiz und in Liechtenstein schaffen gemeinsam mit den entsprechenden Ministerien und Behörden die rechtliche Basis, damit die Blockchain-Technologie in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden kann. Die Europäische Zentralbank baut Expertise auf, die Deutsche Bundesbank betreibt erste Experimente. Dies ist alles gut und richtig. Aber es wird nicht ausreichen, um international auf Augenhöhe mit weltweit führenden Projekten zu agieren.
Wie anhand der oben dargestellten Projekte zu erkennen, kann man der Blockchain-Technologie zunehmend eine geopolitische Bedeutung beimessen, die die weltweite Finanzinfrastruktur zu verändern vermag. Was bedeutet dies konkret? Libra hat – nach allem, was uns an Informationen vorliegt – einen klaren US-Fokus auf Seite der Betreiberfirmen, Binance ist ein internationales Unternehmen mit chinesischen Wurzeln und die digitale Variante der chinesischen Währung ist für einen der größten Wirtschaftsräume der Welt konzipiert. Dies alles sind Projekte, die den Finanzbereich verändern und umkrempeln werden – auf internationaler Ebene. Ein paar Studien und Prototypen hier oder ein paar Analysen dort sind zwar wichtig, aber werden beileibe nicht ausreichen. Auch der Experimentiermodus von Zentralbanken und Konzernen ist wichtig, um die Technologie kennenzulernen und zu verstehen. Aber was nun erforderlich ist, ist nicht übermäßig schwer auszudrücken: Budget.
Große Organisationen aller Arten, zum Beispiel Staaten, Ministerien, Behörden, Industriekonzerne, Banken, Investoren, Universitäten, sollten nun investieren. Startups und Unternehmen haben die technologische Basis bereits geschaffen und die Sinnhaftigkeit der Blockchain-Technologie bewiesen. Gerade in Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein wird nun Stück für Stück die rechtliche Basis weiterentwickelt. Die Bundesregierung hat im September die Blockchain-Strategie für Deutschland verkündet. Kurzum: Die technologische und rechtliche Basis ist da und wird derzeit weiterentwickelt, die Bundesregierung erzeugt zudem Rückenwind.
Nun liegt es an den Organisationen, die über Budget verfügen, dieses in Richtung Blockchain zu lenken. Wichtig wären vor allem Investitionen in Startups, in IT-Entwicklung und in die Anbindung existierender Prozesse und Systeme. Nicht zwingend erforderlich sind weitere Studien und Analysen. Diese Investitionen werden erfolgreich sein, denn das Potenzial der Blockchain-Technologie ist zweifellos erkannt (siehe Libra, digitale chinesische Währung und Binance). Heute liegen für Unternehmen die Chancen auf dem Tisch. Wer sich nicht mit dem Thema beschäftigt, für den wird es übermorgen sehr ernst werden. Ein triviales „Risiko“ ist zudem auch, die Chancen, die sich hier bieten, zu ignorieren. Dies gilt auch für Mitarbeiter: Wer sich dieser Tage, im Herbst 2019, entscheidet, sich ernsthaft mit dem Thema Blockchain zu beschäftigen, wird die kommenden 10 bis 20 Jahre sehr viel zu tun haben; er wird die digitale Transformation der Wirtschaft gestalten, anstatt passiv ansehen zu müssen, wie der eigene Arbeitsplatz transformiert wird oder gar entfällt.
Der Euro auf der Blockchain
Das zusätzlich geschaffene Budget sollte vor allem in folgende Vorhaben investiert werden: Der Euro muss auf die Blockchain und das Thema Identitäten auf Blockchain-Basis muss umfassend behandelt werden. Bei diesen beiden Aspekten handelt es sich um breite Anwendungsfelder, welche das Fundament für die digitale Wirtschaft der Zukunft darstellen werden. Eine Wirtschaft ohne Euro und Identität auf Blockchain-Basis können sich Kenner der Technologie nicht vorstellen.
Der Euro auf Blockchain-Basis wird gerade für die deutsche Industrie (zum Beispiel Maschinenbau, Mobilität) besonders wichtig sein: Unternehmen schreiben ihre Rechnungen in Euro und nehmen Buchungen ebenfalls in dieser Währung vor. Eine Welt, in der etwa BMW eine Rechnung in Bitcoin notierend versendet, ist nicht vorstellbar. Zu gering ist die allgemeine Akzeptanz als Zahlungsmittel und zu groß sind regulatorische Hürden. Beim Thema „Euro auf Blockchain“ geht es darum, dass ein Blockchain-Netzwerk verwendet wird, um die Kontoführung technisch zu organisieren. Kritiker postulieren, dass für den digitalen Euro keine Blockchain-Technologie benötigt wird. Diese Personen haben die Technologie allerdings wohl nicht tief genug durchdrungen. Nachfolgend einige Gründe, warum die Blockchain-Technologie früher oder später die technologische Basis für den digitalen Euro sein wird. Klar ist, dass die 10 Jahre alte Variante der Bitcoin-Blockchain aus vielfältigen Gründen technologisch veraltet erscheint. Das Wort „Blockchain“ wird hier als „Blockchain im weiteren Sinne“ verwendet und meint genau genommen DLT-Systeme, die durch die Blockchain-Technologie inspiriert wurden und gemeinsame technische Merkmale mit der „Ur-Blockchain“ des Bitcoins aufweisen.
1. Machine Economy. Schätzungen zufolge werden 2025 mehr als 20 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein. Das sind ca. dreimal so viele Geräte wie Menschen aktuell auf der Erde leben. Ein Teil dieser Geräte wird früher oder später auch in den Zahlungsverkehr eingebunden werden. Die Blockchain-Technologie ist am besten dafür geeignet, Millionen von Geräten mit einem Computerchip und mithin mit einem Wallet auszustatten, so dass ein Gerät Zahlungen empfangen (Umsätze) und Geld transferieren kann (Kosten). Mehrheitlich muss und wird dies in Euro geschehen. Dann müsste keine Buchhaltung umgestellt werden und es gäbe keine Wechselkursrisiken. Die Blockchain-Technologie kann diese Millionen Geräte vergleichsweise unkompliziert mit der Möglichkeit ausstatten, an einem Zahlungsnetzwerk teilzunehmen und in automatisierte Geschäftsprozesse einzubinden (d.h. durch Smart Contracts). Dies setzt den Euro auf Blockchain-Basis voraus. Technologisch gesehen müssen Blockchain-Systeme natürlich noch weiterentwickelt werden, um den Transaktionsdurchsatz zu erhöhen. Schreibt man die technologische Entwicklung der letzten Jahre in die kurzfristige Zukunft fort, ist dies allerdings kein „Roadblocker“. Auch der Speicherbedarf durch redundante Datenspeicherung ist unkritisch, wenn man beachtet, dass autonome Autos demnächst hunderte Gigabyte an Daten erzeugen. Pro Tag. Pro Auto.
2. Euro als Token. Der Euro repräsentiert Wert, ebenso wie Aktien, Immobilien und andere Gegenstände. In der heutigen Welt gibt es Plattformen für den Euro-Zahlungsverkehr und andere Systeme – wie silo-artige IT-Systeme – für den Wertpapierhandel. In der Finanzwelt der Zukunft werden beide silo-artige Systeme verschmolzen. Diese basieren auf einer Blockchain-Plattform, auf der der Euro ebenso notiert ist wie diverse Aktien, Wertpapiere und zahlreiche weitere Wertgegenstände. All diese Wertgegenstände sind letztlich durch Tokens auf einem „integrierten“ Blockchain-System repräsentiert. Hierauf findet der Handel statt; etwa wenn eine Daimler-Aktie für einen bestimmten Euro-Betrag erworben wird. Zahlung gegen Lieferung – in der Finanzwelt unter „payment versus delivery“ bekannt – passieren zum selben Zeitpunkt. Wertgegenstände müssen nicht mehr zwischen silo-artigen Systemen transferiert oder abgeglichen werden. Nur ein Blockchain-System ist in der Lage verschiedene Arten von Wertgegenständen (d.h. Tokens) integriert abzubilden, ohne dass neue silo-artige Strukturen entstehen.
3. Smart Contracts. Eigentlich geht es bei der ganzen Diskussion gar nicht alleine um den reinen Zahlungsverkehr, sondern auch darum, eine Zahlung in eine Geschäftslogik oder einen Geschäftsprozess einzubinden. Beispiele sind etwa Treuhandprozesse, Daueraufträge, Zinszahlungen, Factoring, Leasing, Mietkautionskonto, Kredite etc. – derartige Prozesse können ideal mit Smart Contracts „programmiert“ werden. Was heute durch Prozessbrüche und uneinheitliche Schnittstellen nur mit viele Aufwand funktioniert, klappt durch Einsatz von Euro-notierten Smart Contracts viel besser, schneller und effizienter. Diese Smart Contracts sind am besten per Blockchain-System integrierbar.
Einige Unternehmen sind in diesem Bereich bereits aktiv und bieten heute oder in Kürze den Euro auf Blockchain-Basis in verschiedenen Varianten an. Die Commerzbank hat den Euro auf Blockchain-Basis für Testprojekte bereits realisiert; er wurde in den Untiefen der Bankbilanz bereits gebucht. Das deutsche Startup Cash on Ledger bietet bereits Euro-notierte Smart Contracts für die Realisierung erster Projekte an. Das Startup Finbc aus Frankfurt wickelt Rechnungen mit einem Blockchain-Euro ab und wird diese Dienstleistung in Kürze anbieten. Monerium aus Island bietet demnächst den Euro und auch andere Währungen auf dem Ethereum-Netzwerk an. Stasis, ein Startup aus Malta, hat einen an den Euro-gekoppelten Token auf der öffentlichen Ethereum-Plattform im Angebot. Fnality International – ein Projekt, bei dem auch deutsche Banken mitwirken – bietet in Kürze den Blockchain-Euro für Transfers zwischen Banken an. Diese Projekte sind bereits real und funktionieren. Ankündigungen von ähnlichen Plänen gibt es weiterhin, zum Beispiel von der US-Bank JP Morgan oder auch dem DAX-Konzern Allianz.
Die Identität auf der Blockchain
Der Euro auf Blockchain-Basis ist nur die eine Seite der Medaille. Denn eine Transaktion findet zwischen zwei Parteien statt. Natürlich sind dies zunächst Personen und Firmen, können aber auch „Dinge“, wie Geräte oder Maschinen sein. Das Thema Identität auf der Blockchain ist sehr weitreichend und zielt darauf ab, dass Menschen mit ihrer physischen Identität zum Beispiel in Form eines Personalausweises, Firmen mit deren Handelsregistereintrag und letztlich Maschinen einen „digitalen Ausweis“ auf der Blockchain erhalten. Dann können Transaktionen zwischen Mensch und Unternehmen (Beispiel: Carsharing) aber auch zwischen Mensch und Maschine (Beispiel: Personentransport eines autonomen Autos) oder aber zwischen zwei Maschinen (Beispiel: autonomes Auto parkt auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz) effizient – also schnell und kostengünstig – abgewickelt werden.
In Zukunft werden Gelder zwischen Menschen, Firmen und Maschinen transferiert werden. Wenn im Jahr 2025 mehr als 20 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein werden und ein Teil dieser Geräte beginnt, am Zahlungsverkehr teilzunehmen, wird nicht nur eine komplett neue (möglicherweise dezentrale) Zahlungsinfrastruktur erforderlich sein. Menschen, Organisationen und Maschinen müssen mit ihren Identitäten auf Blockchain-Systemen registriert sein. Daher kommt dem Identitätsmanagement auf Blockchain-Basis eine Schlüsselfunktion zu. Natürlich darf dies nur unter Einhaltung der Datenschutzregeln geschehen. Allerdings ist die fundamentale Blockchain-Kritik aus Ecke der Datenschützer nicht angebracht, da gerade die Blockchain-Technologie mit ihren Zugriffssystemen und Verschlüsselungsprozessen besser in der Lage ist als nicht-Blockchain-basierte Systeme, erstens Daten by design zu schützen, zweitens das Eigentum an den Daten zu organisieren, und drittens die Monetarisierung der Daten auch denjenigen zu ermöglichen, die diese Daten generieren. Angemerkt sei hier, dass ein Blockchain-System keinen Ersatz für eine konventionelle Datenbank darstellt, sondern diese für bestimmte transaktionale oder unverfälschbare Daten nur ergänzt.
Auch hier gibt es in Deutschland bereits Unternehmen, die vor allem in zahlreichen Experimenten an diesem Thema arbeiten. Ein Live-Einsatz ist hierzulande noch nicht möglich, wird aber früher oder später kommen. Die Commerzbank ist ein Blockchain-Vorzeigeunternehmen und fällt sehr positiv durch Projekte mit dem Sovrin-Framework auf. Auch die Deutsche Telekom und Daimler sind in diesem Bereich sehr aktiv. Bezüglich der Identität von Maschinen und Sensoren ist vor allem Bosch zu nennen. Zudem bietet das Startup Spherity plattformübergreifende Identitäts- und Registerlösungen zum Beispiel für Autos und Maschinen an. Die Frankfurter Firma Esatus bietet Blockchain-basierte Zugangssysteme (zum Beispiel Keycards, Zugangskontrolle für Gebäude) an, schlicht eine andere Perspektive auf das Identitätsmanagement. All diese Unternehmen – und noch weitere – experimentieren mit Identitäten aller Couleur auf Blockchain-Basis. Früher oder später wird es zum Live-Einsatz in der Breite kommen. Auch hierfür bedarf es größerer Budgets, um das Identitätsmanagement auf der Blockchain voranzutreiben. Natürlich sind auch Unternehmen aus dem Ausland in diesem Bereich sehr aktiv.
Und was nun?
Entscheidungsträger in Unternehmen, Regierungen etc. müssen akzeptieren, dass sie sich mit der Blockchain-Technologie intensiv beschäftigen müssen. Sie müssen Budgets schaffen, Blockchain-basierte Projekte initiieren, Entscheidungen treffen, Teams zusammenstellen, neue Kollegen einstellen und ihre Mitarbeiter technologisch weiterbilden. Der wichtigste Fakt ist, dass die Blockchain-Technologie zumeist ITler im eigenen Haus erfordert, da IT von strategischer Relevanz ist und in zahlreiche Prozesse direkt eingreift. Wenn der Euro und Identitäten auf einem Blockchain-System laufen, so ist indirekt jedes Produkt und jeder Zahlungsempfänger betroffen. Ein Auslagern an einen IT-Dienstleister oder das Wegdelegieren an die „EDV-Abteilung“ wird nicht funktionieren. Das Hoffen darauf, dass die Blockchain-Technologie erst später relevant wird, wenn der Nachfolger den eigenen Sessel erklommen hat, ist insofern unsinnig, weil die Technologie bereits da ist. Es ist grob fahrlässig, die Entwicklungen um Libra, die chinesische digitale Währung und Binance, und auch Bitcoin, nicht sehen zu wollen. Der Kelch geht nicht vorüber, sondern er ist uns direkt in die Hand gegeben worden. Bitcoin wird nicht mehr verschwinden – wie viele immer noch glauben – sondern zu einem IT-System internationaler Bedeutung auswachsen. Dies mit der Hand ignorierend wegzuwischen ist gefährlich und bringt die Zukunft unserer Wirtschaft und unserer Unternehmen in Gefahr.
Prof. Dr. Philipp Sandner ist Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management. Im Jahr 2018 wurde er von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) als einer der “Top 30” Ökonomen ausgezeichnet. Darüber hinaus gehört er zu den “Top 40 unter 40” — einem Ranking des deutschen Wirtschaftsmagazins Capital. Die Expertise von Prof. Sandner umfasst insbesondere Blockchain-Technologie, Krypto-Assets, Distributed Ledger-Technologie (DLT), Euro-on-Ledger, Initial Coin Offerings (ICOs), Security Token (STOs), Digital Transformation und Entrepreneurship.
Jonas Groß ist Project Manager und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC). Seine Interessengebiete sind vor allem Kryptowährungen. Außerdem analysiert er im Rahmen seiner Doktorarbeit die Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf die Geldpolitik der weltweiten Zentralbanken. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit Innovationen wie Central Bank Digital Currencies (CBDC) und Central Bank Crypto Currencies (CBCC).
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