Der erste Raketentest von Virgin Orbit ist gescheitert

Der britische Milliardär Branson will mit seinem Raumfahrtunternehmen Virgin Orbit bald Raketen von einem Flugzeug aus in All starten. Ein erster Testflug scheiterte allerdings. Warum ist noch unklar. Der Unternehmer ist nicht der einzige, der ungewöhnliche Wege gehen will, um Raketen in den Weltraum zu schicken.

Von Michael Förtsch

Mit seinem Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic hat der britische Milliardär Richard Branson nach vielen Jahren der Rückschläge und Verzögerungen doch noch Erfolg gehabt. Anfang 2019 war bei einem Testflug der ungewöhnlichen Kombination aus Trägerflugzeug und Raketenschiff erstmals eine Passagierin dabei.Im Mai dieses Jahres startete das Raumschiff Space Ship Two dann erstmalig vom Raumhafen Spaceport America, von dem aus zukünftig Touristenflüge an die Grenze zum Weltraum stattfinden sollen. Neben Virgin Galactic betreibt Branson aber auch noch ein zweites Raumfahrtunternehmen: das erst 2017 gegründete Virgin Orbit, das mit kleinen Raketen Satelliten ins All bringen will.

Mit LauncherOne hat Virgin Orbit eine eigene und rund 21 Meter lange Rakete entwickelt, die Ladungen bis zu 300 Kilogramm in die Umlaufbahn um die Erde transportieren soll. Starten sollen diese Raketen aber nicht, wie beispielsweise bei Rocket Lab, von einem Raketenbahnhof auf der Erde. Stattdessen ist der Plan des Unternehmens, die Rakete von einem schon fliegenden Startplatz ins All zu schicken. In diesem Fall von einer umgerüsteten Boeing 747-400 namens Cosmic Girl, die ursprünglich für die Fluglinie Virgin Atlantic unterwegs war. Die Rakete soll von dem Flugzeug in einer Halterung unter einem Flügel in rund 10.000 bis 11.000 Meter getragen und dann ausgeklinkt werden. Das soll teuren Raketentreibstoff sparen, sicherer sein und einen Start letztlich günstiger machen.

Bei einem Testflug samt Start sollte sich das System von Virgin Orbit am gestrigen Montag beweisen. Vor der kalifornischen Küste ist die Cosmic Girl aufgestiegen und hat einen LauncherOne-Prototypen ausgeklinkt. Die Rakete zündete, musste aber nach wenigen Sekunden Flug zerstört werden. Zu Schaden kam dabei niemand. Laut den Entwicklern „trat in einer frühen Phase“ des Starts eine „Anomalie“ auf. Worum genau es sich dabei handelte, soll durch die Analyse der Daten ermittelt werden, die bei dem Testlauf gesammelt wurden. Ein solcher Fehlschlag ist für Raumfahrt-Start-ups alles andere als unüblich. Der heute erfolgreiche Raketenbauer SpaceX verlor bei der Entwicklung der Falcon-Raketen mehrere Prototypen durch Abstürze und Explosionen. Die ersten Kleinraketen von Rocket Lab verfehlten ihr Ziel.

Flugzeuge, Drohnen und Ballons als Startplattform

Ursprünglich sollten die Raketenstarts von Virgin Orbit nicht mit einer Boeing 747-400 durchgeführt werden, sondern mit dem vom Flugzeugbauer Scaled Composites entwickelten Trägerflugzeug White Knight Two, das auch das Raketenschiff Space Ship Two der Schwesterfirma Virgin Galactic in die Höhe schleppt. Allerdings hatten sich die Entwickler der LauncherOne-Rakete entschlossen, diese größer zu gestalten, um mehr Nutzlast transportieren zu können – wodurch sie für die White Knight Two nicht mehr sicher transportierbar gewesen wäre.

Virgin Orbit ist nicht das einzige Unternehmen, das ein solches Raketenstartprinzip zu einem Geschäft machen wollte. Der einstige Microsoft-Mitbegründer Paul Allen hatte 2011 das Unternehmen Stratolaunch Systems gegründet. Für das wurde die SC Stratolaunch gebaut, das Flugzeug mit der weltgrößten Flügelspannweite. 117 Meter misst es von der einen zur anderen Seite. Das Doppelrumpfflugzeug hätte sowohl Raketen als auch Raumschiffe wie den Dream Chaser der Sierra Nevada Corporation und eine Eigenentwicklung namens Black Ice in die Höhe bringen sollen, von der sie dann selbstständig ins All hätten fliegen können. Allerdings verstarb Paul Allen im Jahr 2018. Seitdem hat Stratolaunch neue Eigentümer, die die ambitionierten Pläne aufgegeben haben.

Das bis Ende letzten Jahres noch vollkommen unbekannte Start-up Aevum will wiederum düsengetriebene Drohnen nutzen, um Raketen in die Höhe zu tragen und dann zu zünden. Damit sollen sich insbesondere Kleinsatelliten bis zu einem Gewicht von rund 50 Kilogramm kostengünstig in die Erdumlaufbahn bringen lassen. Noch kostensparender soll angeblich die Methode von Leo Aerospace ausfallen. Denn das Unternehmen aus Los Angeles will möglichst wenig brennbaren Treibstoff einsetzen. Statt Flugzeugen oder Drohnen will es Heißluftballons nutzen. Die sollen von einem mobilen Startplatz auf einem LKW aus in den Himmel entlassen werden und autonom bis in 18.000 Meter Höhe aufsteigen. Dann soll die Rakete ausgeklinkt und gezündet werden. Das ist keine sonderlich neue Methode. Bereits in den 1950ern existierten die sogenannten Rockoons 3, die ganz ähnliches taten. Sie wurden genutzt, um mit Raketen die Auswirkungen von Flügen in großen Höhen zu erforschen

Teaser-Bild: Virgin Orbit

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