Das geheime Entwicklungslabor der Google-Mutter Alphabet hat ein neues Projekt enthüllt. Es will die Landwirtschaft noch weiter computerisieren und digitalisieren. Dafür hat es einen Landwirtschaftsroboter entwickelt, der feststellen soll, wie gut es Pflanzen auf dem Feld geht.
Von Michael Förtsch
Nahe dem Google-Campus in Mountain View, Kalifornien liegt das zum Google-Mutterkonzern gehörende Unternehmen X. Das hieß bis 2016 noch Google X und ist der Ort, an dem einige der kuriosesten, aber auch faszinierendsten Google-Projekte und -Ausgründungen entstanden. Dazu gehört die Roboter-Auto-Initiative, aus der Waymo hervorgegangen ist, oder die Internet-Ballons, die jetzt vom Start-up Loon weiterentwickelt und auch bereits eingesetzt werden. Woran das Team dieser Tage forscht und entwickelt, wird weitgehend geheim gehalten. Doch zumindest ein Projekt hat X jetzt enthüllt. Und das wirkt auf den ersten Blick recht bodenständig.
Unter dem Codenamen Mineral arbeitet X derzeit an einem System aus einem Roboter und Software, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden sollen. Es soll helfen, „alles wachsen zu lassen, angefangen mit Erdbeeren bis hin zu Sojabohnen“, schreibt Elliott Grant von X, der einst als Forscher und Unternehmer in der Nahrungsmittelindustrie gearbeitet hat. Bereits mehrere Jahre sollen in das Projekt geflossen sein, das die Frage klären soll, wie vor allem die nachhaltige Landwirtschaft effizienter gestaltet werden kann – auch und insbesondere im Angesicht des Klimawandelns. Und was sich alles erreichen lassen könnte, wenn ein Bauer mehr über die Pflanzen weiß. Wenn er etwa wüsste, wo welche Pflanze genau wächst, welche Nährstoffe sie genau braucht, wie gut oder schlecht es seinem Anbau geht.
Um das Herauszufinden, hat das Entwicklerteam aus Bauern, Agarforschern, Wissenschaftlern und Hard- und Softwareingenieuren eine Reihe von Roboter-, Sensor- und Software-Prototypen gebaut, die genau diese Faktoren ermitteln und überwachen sollen. Ein sogenannter Plant Buggy soll etwa auf schlanken Rädern und angetrieben von Solarstrom über Felder fahren und mittels GPS die exakte Position von Pflanzen bestimmen. Gleichzeitig soll er mit Kameras und Sensoren den Zustand der Pflanzen bestimmen, in dem Blatt-, Fruchtgrößen, Farbe, Pflanzenhöhe und andere Indikatoren erfasst werden. Mehrere Millionen von Aufnahmen und Terabyte an Daten wären dafür über die letzten Jahre gesammelt worden.
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„Durch die Kombination der vom Plant Buggy gesammelten Bilder mit anderen Datensätzen wie Satellitenbildern, Wetterdaten und Bodeninformationen ist das Team in der Lage, ein vollständiges Bild des Geschehens im Feld zu erstellen“, heißt es auf der Website zum Mineral-Projekt. Mittels komplexer Softwaresysteme und Künstlicher Intelligenz, glaubt die Forschergruppe, könne sich sagen lassen, wie gesund die Pflanzen sind und wie sie am besten versorgt werden können. Auch Prognosen über Erträge und die Fruchtbarkeit des Bodens sollen so machbar werden.
„In den letzten Jahren ist der Plant Buggy durch Erdbeerfelder in Kalifornien und Sojafelder in Illinois gerollt, hat qualitativ hochwertige Bilder von jeder Pflanze gesammelt und jede Beere und jede Bohne gezählt und klassifiziert“, heißt es zum Projekt. „Bis heute hat das Team eine Reihe von Feldfrüchten wie Melonen, Beeren, Salat, Ölsaaten, Hafer und Gerste analysiert – vom Keimling bis zur Ernte.“ Dabei habe das Team keinen Alleingang gewagt, sondern sich auch auf bisherige Erfahrungen, die Forschungserkenntnisse und die Resultate von Farmern und Forschern aus aller Welt gestützt, die das Projekt befördern.
Roboter wie der Plant Buggy, der als Gerüst aus Metallstangen begann und mittlerweile einem futuristischen Fahrroboter aus einer Science-Fiction-Vision gleicht, sollen nur ein erster Teil einer neuen und modernen „computerisierten Agrarkultur“ sein, wie Elliott Grant sagt. Zumindest vorerst soll Mineral ein Projekt von X bleiben und kein eigenes Start-up werden, sondern Ideen, Konzepte und Ansätze entwickeln, die sowohl andere Unternehmen als auch Non-Profit-Organisationen, Forschungseinrichtungen und Regierungen nutzen und adaptieren können: „Gemeinsam werden wir uns die Komplexität und Vielfalt der Natur zu eigen machen, um ein nachhaltigeres, widerstandsfähigeres und produktiveres Ernährungssystem aufzubauen.“
Teaser-Bild: X