Seit Jahrzehnten werden immer wieder UFOs gesichtet. Und viele Menschen (wollen) glauben, dass Aliens dahinterstecken. Auch wenn es keinen Beweis dafür gibt. Was es aber gibt, sind Vertuschungsversuche und geheime Untersuchungen des Militärs. Weil gerade wieder neue Dokumente des US-Verteidigungsministeriums veröffentlicht wurden, werfen wir einen Blick zurück auf das Rätselraten um UFOs und die Rolle des Militärs.
Von Adriano D’Adamo
Es ist Nacht. Am Himmel über San Diego sind die Sterne zu sehen. Ein besonders heller Stern sticht hervor. Aber: Es ist kein Stern. Auch keine Sternschnuppe. Das Licht hat die Form einer Pyramide. Das leuchtende Objekt gleitet blinkend über den Himmel, bis es irgendwann verschwindet. Ein Dokumentarfilmer machte das Video dieser Sichtung aus dem Juli 2019 öffentlich. Und das Pentagon bestätigte die Echtheit der Aufnahme, die vom Personal des Schiffs USS Russel gefilmt wurde. Doch worum es sich bei dem Ding am Himmel handelte? Das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Auch das US-Militär ist ratlos. Wieder einmal. Denn das Militär versucht bereits seit Jahrzehnten, Erklärungen für derartige Phänomene zu finden – oftmals vergeblich.
Seit den ersten Sichtungen von sogenannten unidentifizierten Flugobjekten – kurz UFOs – ist das US-Militär involviert. Erst kürzlich veröffentlichte das Pentagon einen Bericht, an dem auch die US-Nachrichtendienste beteiligt waren. Der fasst zusammen, was die sogenannte United States Intelligence Community über UFOs bisher in Erfahrung gebracht hat. Mittlerweile werden diese jedoch offiziell unidentifizierten Luftphänomene – also UAPs – genannt. Erstens, weil der UFO-Begriff dank der Popkultur allzu schnell mit Aliens in Verbindung gebracht wird. Und zweitens, weil es sich bei den gesichteten Phänomenen nicht zwangsläufig um physische Objekte handeln muss.
Dass hinter den UAPs irgendwelche außerirdischen Wesen stecken, dafür sollen bisher keine Anhaltspunkte gefunden worden sein. Aber ausschließen lasse sich diese Möglichkeit auch nicht, so der Tenor des Reports, der Aliens jedoch nie explizit erwähnt. Gleich zu Beginn heißt es, dass die Ermittlungen durch die begrenzte Menge an Daten erschwert wurden – und sich weder eine klare Aussage zur Natur noch zu den Intentionen der UAPs treffen lässt. Von 144 UAP-Sichtungen zwischen 2004 und 2021 konnte lediglich eine einzige geklärt werden – es war ein Ballon, der Luft verlor und deshalb merkwürdig aussah. Bei 18 Sichtungen wurden „ungewöhnliche Bewegungsmuster oder ungewöhnliche Flugcharakteristika“ beobachtet. Auch dafür gibt es keine eindeutige Erklärung, aber immerhin existieren Mutmaßungen zur Natur der UFOs.
Es könnten Technologien anderer Länder wie China, Russland oder von „privaten Akteuren“ sein, die dem Pentagon nicht bekannt sind. Oder Geheimprogramme der USA, die so geheim sind, dass selbst hochrangige Militärs nicht eingeweiht werden. Oder auch Drohen. Oder atmosphärische und meteorologische Phänomene. Vielleicht auch Vögel, herumfliegender Müll wie Plastiktüten und Planen. Oder einfach … „anderes“: Seien es nun außerirdische Intelligenzen, holographische Projektionen oder was auch immer. Wer einen Blick auf die Historie des US-Militär wirft, erkennt, dass die letzte Kategorie nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, sondern durchaus ihre Berechtigung hat.
Wo alles begann
Die heutige Faszination für und das klassische Bild eines UFOs entstanden in den USA der 1940er. Genauer: im Jahr 1947. Am 24. Juni dieses Jahres behauptete der Pilot Kenneth Arnold nahe dem Mount Rainier mehrere bizarre Flugobjekte gesehen zu haben. Laut ihm sahen sie aus wie Bumerange. Was sich aber in den Zeitungen durchsetzte, war eine Randbemerkung von Arnold. Nämlich, dass sie sich bewegten, „wie eine Untertasse, wenn du sie über das Wasser hüpfen lässt“. Die Meldung war eine Sensation und ging durch das gesamte Land. Umso brisanter erschien vor diesem Hintergrund eine Nachricht, die dann nur einige Tage später aus einem kleinen Örtchen namens Roswell in New Mexico kam. Dort soll, das meldete zumindest der Roswell Daily Record am 8. Juli, die US-Luftwaffe eine „Fliegende Untertasse“ auf einer Farm geborgen haben.
Noch am selben Tag wurde die Mitteilung, die ein Militärvertreter an die Presse herausgegeben hatte, wieder dementiert. Nur ein Wetterballon sei die angebliche fliegende Scheibe gewesen. Mehr nicht. Aber es war schon zu spät. Die Geschichte war in der Welt – und geriet erst einmal in Vergessenheit. Bis sie dann Jahrzehnte später plötzlich wieder auftauchte. Der Physiker und UFO-Anhänger Stanton Friedman brachte den Roswell-Zwischenfall 1978 in einem Interview plötzlich mit Außerirdischen in Verbindung. Damit löste er eine regelrechte Welle aus. Es entwickelten sich unzählige Theorien, was damals „wirklich passiert“ ist. Und immer wieder rückten Menschen, die bei dem Zwischenfall dabei waren (oder dabei gewesen sein wollen), mit der vermeintlichen Wahrheit heraus.
Tatsächlich hatte das Militär 1947 keinen Wetterballon geborgen, das war gelogen, wie die Regierung letztlich 1994 eingestand. Aber eine fliegende Untertasse war es auch nicht.
Das UFO, das auf ein Feld bei Roswell gekracht war, war ein streng geheimer Spionageballon des Projekt Mogul. Der war mit empfindlichen Mikrophonen und Reflektorfolien ausgestattet, die in großer Höhe mögliche Explosionsklänge von sowjetischen Atombombentests auffangen sollten. Mit diesem Eingeständnis kam die US-Armee aber viel zu spät. Zumindest für die UFO-Gläubigen, die dahinter nur eine weitere Geschichte sahen, die „die Wahrheit“ vertuschen sollte.
Viele Daten und doch keine Ergebnisse
Dass das US-Militär mit dem Roswell-Zwischenfall und Tests von geheimen Experimentalfliegern wie Heckstartern und Nurflüglern wohl selbst für jede Menge UFO-Sichtungen sorgte, bedeutete aber nicht, dass es sich nicht selbst für derartige Beobachtungen interessierte. Ganz im Gegenteil. Dass möglicherweise Objekte im US-Luftraum herumsurrten, die nicht die zum eigenen Arsenal gehörten und die US-Bevölkerung nervös machten, machte das Militär ebenfalls ziemlich nervös. Kurzerhand wurde 1948 die Studie Projekt Sign gestartet, die herausfinden sollte, was hinter den Phänomenen steckt. Doch die Ergebnisse waren durchwachsen. Der Studienautor Robert Sneider fand die Erklärung, es könnten Außerirdische dahinterstecken, zwar nicht so abwegig, schlussfolgerte aber dennoch, dass einfach nicht genug Daten vorliegen, um etwas Genaues zu sagen. Daher sollte das Nachfolgeprojekt namens Grudge belegen, dass es UFOs einfach nicht gibt.
1956 schrieb der Air-Force-Captain Edward J. Ruppelt in seinem Buch The Report on Unidentified Flying Objects , dass Project Grudge das dunkle Zeitalter der UFO-Forschung darstellt. Laut dem Captain behauptete das Team, dass sie jeden Fall gründlich untersuchten. Aber in Wahrheit hätte kaum irgendwelche Forschung oder Recherche stattgefunden. Stattdessen wurden Sichtungen in einem Abschlussbericht pauschal als Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Lügen und Massenhysterie abgetan. Und damit auch die Befürchtung, dass es sich bei UFOs um eine überlegene Technologie eines möglichen Feindes wie der Sowjetunion handeln könnte.
Die Schlussfolgerungen aus Grudge stellten manche der hochrangigen Militärs nicht gerade zufrieden. Nicht wenige empfanden die Verfahrensweise der Studie sogar als fahrlässig. Daher sollte eine dritte Studie eine wissenschaftlichere Untersuchung ermöglichen: Project Blue Book. Diese begann 1952 und sollte „eine gute Antwort“ auf die UFO-Frage finden, wie der damalige CIA-Director Charles Cabell sagte. Als wissenschaftlicher Berater wurde der Astronom J. Allen Hynek rekrutiert, der dadurch später zu einiger Berühmtheit kam. Erst 2019 nahm sich eine TV-Serie mit dem Titel Project Blue Book seinen (in der Serie ziemlich spektakulär inszenierten und sehr lose adaptierten) UFO-Begegnungen an. Das Projekt lief knapp 17 Jahre. 1969 wurde es eingestellt und endete mit dem sogenannten Condon Report. Laut dem existiere nach mehr als 12.000 vermeintliche Sichtungen kein belastbares Indiz dafür, dass UFOs irgendeine Bedrohung darstellen würden. Damit schien das UFO-Thema für das Militär beendet. Zumindest für das US-Militär.
Angreifende UFOs oder verirrte Planeten
Merkwürdige Lichter und Objekte am Himmel, das ist aber kein rein US-amerikanisches Phänomen. Auch in anderen Teilen der Welt kam es zu vermeintlichen Zusammenstößen zwischen UFOs und dem Militär. In der Nacht vom 18. September 1976 meldeten beispielsweise mehrere Anwohner:innen Teherans ein merkwürdiges Licht über dem Flughafen der Stadt. Auch Personal des Flughafens konnte es beobachten. Der diensthabende Flugleiter beschrieb es als weißes Leuchten mit einem roten Licht in der Mitte. Er meldete das Flugobjekt der iranischen Luftwaffe, die kurz nach Mitternacht einen Abfangjäger zur Aufklärung losschickte.
Der Pilot und der Navigator sahen das Objekt. Sobald sie sich ihm näherten, begann allerdings die Bordelektronik zu streiken. Der Pilot entschied sich für eine Kehrtwende – und die Gerätschaften funktionierten plötzlich wieder. Ein zweiter Jet wurde losgeschickt. Dessen Pilot sah das UFO auch, beobachtete das farbige Licht, wie es schnell seine Position änderte und wollte sogar eine Rakete abfeuern. Aber das gelang nicht, da auch bei ihm die Elektronik streikte. Irgendwo außerhalb von Teheran soll das mysteriöse Lichtphänomen dann verschwunden sein. Was die Piloten in dieser Nacht sahen, darüber wird bis heute spekuliert. Von einer experimentellen Drohne bis hin zum Jupiter wurde nahezu alles genannt. Letzteres war übrigens die Einschätzung von US-Militärs, die sich für den Vorfall auffällig interessierten.
Nur ein Jahr später bekam es das brasilianische Militär mit merkwürdigen Erscheinungen zu tun. Und zwar nachdem am 25. April 1977 zwei Holzsammler nahe der Stadt Colares bei einer Nacht unter freiem Himmel schwere Verbrennungen erlitten und ein weiterer starb. Die Männer erinnerten sich nur an ein merkwürdiges Feuer. Schnell kamen Gerüchte über UFOs auf – und mehrere Sichtungen von unidentifizierten Flugobjekten folgten. Einige Menschen berichteten, sie wären von Lichtern am Himmel verfolgt und von Strahlen aus dem Himmel wie mit einer Zigarette verbrannt worden. Es kam zu Angst und Panik. Menschen zündeten durch die Nächte hinweg Feuerwerk, um die „Chupa-Chupa“ – das heißt soviel wie „Lutscher-Lutscher“ –, wie sie sie nannten, fernzuhalten.
Nach einem Hilferuf des Bürgermeisters José Ildone Favacho Soeiro rückte die brasilianische Luftwaffe an – mit einer Verspätung von fast acht Monaten. Im Rahmen der Operação Prato – sprich: Operation Untertasse – untersuchten die Soldaten die merkwürdigen Berichte. Zu einem Ergebnis kamen sie aber nicht. Zumindest konnte das Militär keine „ungewöhnlichen Phänomene“ bestätigen. Ende der 1990er wurden ganze 2.000 Seiten an Dokumenten mit Zeugenberichten, 500 Fotos von Lichtern und 16 Stunden Videomaterial freigegeben (und können beim Brasilianischen Nationalarchiv angefordert werden), die während der Operação Prato entstanden – aber auch keine Beweise für Angriffe von Aliens entdecken lassen, die manche UFOlogen hinter der Sichtungswelle vermuten.
Geradezu Legendenstatus hat die angebliche UFO-Landung im britischen Rendlesham Forest, die bereits in unzähligen Dokumentationen aufbereitet und analysiert wurde. Um Weihnachten 1980 sollen Soldaten des Bentwaters-Woodbridge-Stützpunkts über mehrere Tage hinweg merkwürdige Lichter und laut einem Beteiligten sogar ein Flugobjekt gesehen haben, das im Wald aufgesetzt ist. Es existieren ein offizielles Dossier und sogar Tonbandaufzeichnungen. Aber Beweise dafür, dass wirklich ein außerirdisches oder sonst wie geartetes Fluggerät gelandet ist, gibt es nicht. Stattdessen jede Menge Theorien, die die Lichter mit einem Polizeifahrzeug und einem Leuchtturm in Verbindung bringen – aber auch zeitreisenden Aliens.
Weit weniger bekannt ist ein angeblicher Zusammenstoß von US-Soldaten, einem UFO und seiner Besatzung, der im Jahr 1966 im oberpfälzischen Grafenwöhr stattgefunden haben soll. Zumindest laut einem Zeugenbericht aus der Datenbank des US-UFO-Forschervereins MUFON. Demzufolge sei in einer wolkenlosen Nacht ein UFO auf einer Lichtung nahe dem Örtchen gelandet, während die Soldaten auf dem großen Truppenübungsplatz von Grafenwöhr trainierten. Drei Gestalten wären aus dem gelandeten Objekt gestiegen, hätten die Soldaten „konfrontiert“ und mutmaßlich einige mitgenommen und wieder zurückgebracht. All das wäre von einem Wachsoldaten in Panik beobachtet worden.
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Per Definition kann ein UFO so ziemlich alles sein, solange es fliegt und nicht eindeutig identifiziert wurde. Expert:innen haben verschiedene Meinungen, was hinter den nach so vielen Untersuchungen immer noch unbekannten Flugobjekten stecken könnte und wie wir mit den neuesten Information aus den USA umgehen sollten. Andrew Fraknoi, Astronom am FROMM Institut für lebenslanges Lernen an der University of San Francisco, glaubt etwa, dass sich jede UFO-Sichtung mit einer Begründung aus der Natur erklären lässt. Lichter am Himmel können laut Frankoni ein Licht sein, das beispielsweise von Weltraumschrott auf die Erde reflektiert wird.
Auch laut John Gertz vom SETI Institut ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich bei den UFOs um fliegende Untertassen mit außerirdischen Kreaturen am Steuer handelt. Aber ganz ausschließen ließe sich eben nicht, dass fremde Spezies etwas damit zu tun haben. Aber wenn, glaubt Gertz, wären die UFOs wohl eher Roboterdrohnen. Ziemlich einig ist sich die wissenschaftliche Gemeinschaft darin, dass es durchaus sinnig wäre, UFOs beziehungsweise UFO-Sichtungen noch genauer zu untersuchen – und das schon seit Jahrzehnten. Denn was auch immer dabei herauskommen sollte, es wären Erkenntnisse, die die Welt besser verstehen lassen.
Avi Loeb, der nicht unumstrittene Astrophysiker an der Harvard Univeristy, findet es jedenfalls kontraproduktiv, dass Jahrzehnte alte Berichte von Personen ohne wissenschaftliche Ausbildung und Ausrüstung untersucht werden, anstatt sich mit moderner Technik aufzumachen, um neue Beweise zu finden oder Sichtungen zu tätigen. Ravi Kumar Kopparapu, ein Forscher der NASA, glaubt, dass es klüger wäre abzuwarten und zu sehen, was passiert, weil die Veröffentlichung des Pentagon-Dokuments viel Staub aufwirbelte. Er hofft, dass alle Daten freigegeben werden, damit alle Forscher:innen damit arbeiten können.
Was hinter all den UFOs steckt, das lässt sich bisher also nicht sagen. Ob es Aliens, nur Naturphänomene oder etwas „anderes“ ist, dafür gibt es noch zu wenige und zu wenig untersuchte Daten. Vielleicht sollten wir alle den Vorschlag von Kopparapu befolgen, abwarten und sehen, was in der UFO-Forschung als nächstes passiert. Wie es der ehemalige US-Präsident Barack Obama in einem Interview sagte: „Es gibt Aufnahmen und Dokumentationen von Objekten im Himmel, von denen wir nicht genau wissen, was sie sind“. Also wurde noch nicht das letzte Wort in Sachen UFOs gesprochen. Oh, aber zur mysteriösen Pyramide vom Anfang des Textes: Da lässt sich ziemlich sicher sagen, dass das keine fliegende Untertasse war, sondern ein Flugzeug. Der Eindruck, dass es ein Dreieck ist, entstand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch ein unscharf eingestelltes Objektiv und dessen billige Drei-Blatt-Blende. Zumindest dieses Video können wir als erklärt betrachten.
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Teaser-Bild: Ray Massey / Getty Images