Wer kennt es nicht? Jeden Morgen stehst du auf, machst dich für den Tag fertig, trinkst evtl. noch schnell eine Tasse des schwarzen Wachmachers, gehst aus dem Haus und steigst in dein Auto. Du drehst den Zündschlüssel um, der Motor springt an und das Radio schaltet sich ein.
„Heute wird sicherlich ein guter Tag“ denkst du dir und startest deine Reise…
Millionen von Menschen weltweit nutzen täglich ihr Auto um von A nach B zu kommen und all diese Menschen erstellen Information über ihr Fahrverhalten. Wäre es nicht sinnvoll, wenn diese Daten zum Kauf angeboten werden würden?
Der Verkauf von Daten mithilfe einer Data Union. Was ist das?
Lange Zeit wurde der Aspekt des Nutzens von digitalen Daten außer Acht gelassen bis große Große IT Unternehmen wie Facebook und Google den Wert von Nutzerdaten bereits vor Jahren erkannt haben und hinter dem Rücken der Datenersteller - Nutzer wie du und ich - ein äußerst lukratives Geschäftsfeld aufgezogen wurde.
Einzelne Anwender konnten bisher nie von dem Datenmarkt profitieren, denn zu aufwändig ist das erfassen der eigenen Daten gewesen und selbst wenn es möglich wäre; Wer hat schon Interesse am Kauf der einzelnen Daten eines Herrn Hans Wurst wenn der Bezug und Vergleich zur breiten Masse fehlt? Daten sind für sich genommen nicht sehr wertvoll, aber wenn man Sie in einem Zusammenschluss von vielen Anwendern in einer Union kombiniert, werden Sie zu einem attraktiven Produkt für Käufer um Erkenntnisse zu gewinnen oder Statistiken aufzustellen.
Das Browser Plugin Swash hat es vorgemacht und die erste Data Union der Welt initiiert. Swash bietet dem Nutzer die Möglichkeit seine Browser-Daten mit vielen anderen Datenerstellern als Zusammenschluss (natürlich unter Einhaltung aller Sicherheitsfragen und Wahrung der Anonymität) auf einem dezentralen Datenmarktplatz anzubieten.
Wohingegen bisher interessierte Käufer Rohdaten immer Portionsweise aus Datensilos kaufen mussten, kann nun ein Gesamtpaket der Daten von Tausenden Anwendern in Form von Echtzeitstreams über den Datenmarktplatz von Streamr erworben und weiterverarbeitet werden. Datenersteller werden somit direkt für das Erstellen von Daten vergütet, Datenkäufer erhalten Sämtliche Informationen aus einer Quelle in Echtzeit und der Datendiebstahl, ohne Vergütung der Daten-Produzenten, der großen IT Unternehmen wird zukünftig (hoffentlich) unattraktiver.
Beispiel für den Ablauf von Datenübertragung und Monetarisierung in einer Streamr Data Union (Quelle: Streamr).
Warum ist eine Data Union im Automobilsektor sinnvoll?
Im Bezug auf den Automobilsektor muss man sich somit die Frage stellen ob es gerecht ist, dass beispielsweise die Standortdaten von Autofahrern ohne zu fragen abgegriffen- und an Navigationsdienste oder Unternehmen der Verkehrsüberwachung weiterverkauft werden.
Was passiert mit den Daten der immer moderner werdenden, vollständig vernetzten Smartcars welche mit dem Internet verbunden sind und ein offenes Buch für all diejenigen darstellen welche Zugriff auf diese Daten haben; sind diese Daten überhaupt vor Drittanbietern sicher?
Wer sagt uns, dass ein Camebridge-Analytica-Skandal wie er damals im Facebook Fall passierte nicht auch im Automobilwesen zustande kommt oder dies bereits hinter den Kulissen geschieht?
Eine von Streamr in Auftrag gegebene Studie hat herausgefunden, dass ein Großteil der Nutzer einem Gefühl der Ohnmacht ausgesetzt sind nichts gegen diesen Datendiebstahl tun zu können und eine Monetarisierung Ihrer Daten in Betracht ziehen, wenn diese sowieso schon anderweitig verkauft werden.
Kunden geben für ein Auto sehr viel Geld aus. Grade Neuwagen mit viel Technik, viel Vernetzung und einem hohen Potenzial diese Daten übertragbar zu machen sind in der Anschaffung sehr teuer. Es darf nicht soweit kommen, dass Kunden ein Produkt kaufen und dieses Produkt hinter Ihren Rücken jede Handlung aufzeichnet damit das Unternehmen diese Informationen an Interessenten verkaufen kann und somit doppelt abkassiert.
Automobilnutzer sollten sich zusammenschließen, ähnlich wie dem ADAC, und für das Erstellen dieser Daten vergütet werden, da Sie die Schöpfer dieser Informationen sind. Der Zusammenschluss in einer Data Union wäre somit unabdingbar.
Wer könnte von einer solchen Data Union profitieren?
Zum einen liegt es klar auf der Hand, dass die Möglichkeit der Monetarisierung dem Datenersteller zu Gute kommt.
Wo bisher große Firmen im Hintergrund mit fragwürdigen Methoden die GPS Daten der Autofahrer abgegriffen haben um diese als Stauvorhersage zu nutzen oder gar als Statistiken zum Fahrverhalten weiter zu verkaufen, wären Autofahrer nun in der Lage selbstständig zu entscheiden was Sie bereit sind zu teilen. Ob GPS, Geschwindigkeit, Bremsmanöver, Blinker links-rechts, der Radiosender welcher grade gehört wird oder die Tankgewohnheiten… eben Informationen welche mit jeder Fahrt erstellt werden und für eine ganze Reihe von Interessensgemeinschaften von hoher Relevanz wären.
Was ist mit der Übermittlung von Echtzeitdaten eines Auto möglich? Streamr hat dieses Szenario bei seinem Messeauftritt auf der Consensus 2018 vorgeführt (Quelle: Accept & Proceed).
Welche Automobilgesellschaft würde es nicht interessieren wie schnell der Durchschnittsbürger mit welchem Auto an einem Montagmorgen zur Arbeit fährt und dabei welches Fahrverhalten aufweist? Hat die Altersgruppe der 18-24 Jährigen gefallen an der neuen Unabhängigkeit mit dem kürzlich ausgerollten Modell des XYZ und wie sieht es eigentlich mit der werksseitigen Annahme aus, dass die neue Motorenreihe der Mittelklasse viel mehr CO2 ausstößt, weil der Fahrstil der Testfahrer eben nicht mit dem der durchschnittlichen Endverbraucher übereinstimmt?
Zugegebenermaßen handelt es sich bei dem zuvor beschriebenen eher um beispielhafte Szenarien, dennoch zeigt es einmal mehr welche Möglichkeiten eine solche Data Union mit sich bringt.
Im Rahmen der Tiota Challenge 2019 hat Streamr in Zusammenarbeit mit Bosch und Riddle and Code eine Fallstudie zum autonomen Fahren aufgestellt und Einblicke in die Datenübertragung gegeben.
Wie kann es umgesetzt werden?
Moderne Autos bieten heutzutage die Möglichkeit an, dass Fahrer sich mit ihrem Smartphone verbinden können um Fahrdaten und Statistiken auszulesen; ja sogar das Auto aus der Entfernung bedienen können. Wäre es nicht ein leichtes eine eigenständige und kompatible App zu entwickeln welche die Fahrdaten kategorisiert und ähnlich wie das Browserplugin Swash als Data Union an den Streamr Marktplatz sendet, quasi als „Car Plugin“?
Ältere Autos könnten auf eine Schnittstelle zurückgreifen welche ähnlich wie das Telematic-System welches von diversen Versicherungen angeboten wird, die Daten an das entsprechende Smartphone übermittelt und diese wiederum von der App weiterverarbeitet werden.
Die Nutzer der App hätten die volle Kontrolle darüber welche Informationen mitgeteilt werden, ebenso könnte nach dem Vorbild von Swash die Privatsphäre in verschiedene Kategorien unterteilt werden.
Wer käm für eine Data Union in Frage?
Im Grunde genommen kann jede Person die ein Automobil bedient Ihre Daten verkaufen. Ob es der gewöhnliche Pendler auf dem Weg zur Arbeit ist, eine Fahrt zum Einkaufzentrum getätigt wird oder am Wochenende ein Konzert mit Freunden besucht wird. Selbst Berufskraftfahrer(innen) die lediglich ihren Job erledigen produzieren jeden Tag nützliche Informationen welche mit Hilfe einer Data Union verkauft werden könnten.
Anwendungsbeispiele:
Für eine genauere Datenanalyse müssten selbstverständlich möglichst viele Menschen einer Data Union beitreten um umfassende Angaben auch im Bezug auf regionale Ergebnisse erzielen zu können, doch was wäre künftig möglich und wer hätte ein Interesse daran diese Daten zu erwerben?
- Tankstellen oder „E-Zapfsäulen“ könnten sich in Echtzeit die Füllstands- bzw. Ladewerte der im Umkreis fahrenden Automobile anzeigen lassen und die Preise durch „örtliche Gegebenheiten“ dynamischer ermitteln um ein besseres Angebot der entsprechenden Nachfrage zu machen.
- Unfälle können in Echtzeit erkannt werden und Einsatzkräfte wären wesentlich schneller vor Ort.
- Automobilkonzerne können umfassende Nutzerprofile der jeweiligen Alters- oder Interessensklassen zur entsprechenden Tageszeit oder Witterung erstellen und Baureihen gezielter auf das Fahrverhalten, sowie die Vorlieben der angepeilten Verkaufsgruppen entwickeln
- Versicherungen hätten ein reges Interesse an das Fahrverhalten um Tarife für Fahreinsteiger oder Neukunden festzulegen oder allgemeine Leistungen des Versicherungsumfangs künftig abzuwägen.
- Zulieferer von Autoteilen und Zubehör können anhand des Fahrverhaltens Rückschlüsse auf Ihre Produkte ziehen um die Qualität zu maximieren oder den perfekten Schnitt zwischen minimalem Verschleiß und maximaler Wirtschaftlichkeit zu treffen.
- Regierungen und Kommunen könnten gefährliche Straßenabschnitte anhand von Fahrdaten besser erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen um Gefahrensituationen vorzubeugen. Desweiteren könnte mithilfe eines Erschütterungssensors die jeweilige Straßenqualität ermittelt werden, wodurch Straßenbauämter agiler sanieren können und marode Asphaltpisten der Vergangenheit angehören.
- Navigationsdienste können im Umkehrschluss die zuvor beschriebenen maroden Asphaltpisten in ihren Maps kenntlich machen und ihre Nutzer vor schlagloch reichen Straßen warnen. Selbstverständlich spielt das Vorhersagen von Staus in Echtzeit und einem intelligenten Umfahren Dieser weiterhin eine Rolle.
- Radiosender erhalten Feedback zu ihren Morningshows oder anderen Sendungen sowie der ausgespielten Songauswahl indem das Material eben angehört wird, oder zum nächsten Sender geswitcht wird.
Fazit:
Täglich werden Milliarden von nützlichen Informationen durch die Nutzung von Kraftfahrzeugen erstellt. Eine Data Union könnte helfen diese Informationen zu sammeln und an Interessenten vermitteln, wodurch im Gegenzug die Automobilnutzer vergütet werden. Eine WinWin Situation für alle beteiligten.