"We owe it all to the Hippies"


Community Memory Terminal in Leopold’s Records, Wikipedia

„Forget antiwar protest, Woodstock, even long hair. The real legacy of the sixties generation is the computer revolution.“ - Stewart Brand

Aktuell basieren technologische Entwicklungen und der Fokus der Forschung über sämtliche Fachgebiete hinweg großenteils auf dem Erbe der Gegenkultur der 60er-Jahre: die Entwicklung des Personal Computers und die Erfindung des Internets.

Nicht Bill Gates ist Mitte der 70er Jahre mit der Vision in seiner Garage gestanden, übers Land zu fahren und den Menschen die neue, bahnbrechende Technologie zu überbringen. Es waren die Hippie-Hacker von der Westküste, die ihr LSD gegen die mystischen Maschinen tauschten, um ihren gefühllosen Trott zu verlassen, Frieden zu finden und und die Welt in einen durch und durch harmonischen Planeten zu verwandeln.

In dieser phantastisch-skurrilen Atmosphäre zeigen die Nerds von damals, ihre Auffassung von Computern ist ein sonderbares Gemisch aus Science Fiction, Do-it-yourself, sowie Spass am Spiel. Sie entspringt einer Weltanschauung, die sich gegen Herrschafft und Autorität, gegen den Krieg und gegen die Disziplin richtet - und für die Freiheit kämpft.

In diesem Sog entsteht auch der Community-Gedanke. Neue Gemeinschafts-Konzepte werden an- und in Architektur und Stadtplanung, beispielsweise in dem Konzept der Arkologie, weitergedacht. Die Prämisse: ein gutes und mobiles Leben ohne schädlichen Einfluss auf die Umwelt und den größten Nutzen durch geringste Energie- und Materialaufwendung zu erreichen.

Die Themen sind aktueller denn je.

Google und Apple, das Silicon Valley, sind sich ihrer Vordenker bewusst und haben die kalifornische Ideologie aufgegriffen, ihr eine bio-ökonomische Weltsicht mit gegenkultureller Benutzeroberfläche verpasst und sie mit ihren neuen Architekturen und Arbeitskonzepten in Beton gegossen.


Google HQ von BIG / Heatherwick Studios

Buckminster Fuller?

Ist das ein Schritt zurück in die Zukunft?

Oder ist eine neue Gegenkultur lang überfällig?


Aydo Schosswald, @1E9 THE_CONFERENCE

Denn auch die Gegenrevolution der kommerzialisierten Datenkontrolle wird von den Hippie-Modernists schon vorgedacht. Mit der Ironie: Die freie Wahl wird zur Illusion, sie endet als Datenherrschaft digitaler Konzerne und Flower Power ist im Silicon Valley ein Ingroup-Verhalten ökonomischer Gewinner.

Revolutionen sind nichts von Dauer, Gegenkulturen haben Impact auf die nachfolgenden Generationen.

Was sind aktuelle Tendenzen?

Sind beispielsweise decentralized autonomous organizations die Zukunft?

Und braucht die Welt noch Gegenkultur?

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Phantastisch-skurrile Welten entstehen gerade heute wieder einerseits als Gegenbewegung zur Datenherrschaft und -konzentration und das „Ingroup-Verhalten der ökonomischen Gewinner“ aber auch durch einen Technologiepush und das Enablement. Ein Beispiel für eine „autonome“ Polis findet sich in Prag. Ihr Statement:

New technology brings the possibility of choice – we are in a time that is defined by The Crypto Anarchist Manifesto.
With a fast internet connection, reliable anonymity and decentralized currency, you preserve freedom which we have been losing as a society.

Ich sehe in der Tat DAOs, privacy-preserving tools und currencies als wichtiges Element. In einer Schattenwirtschaft (think „Deep Web“ a.k.a Silk Road) entstanden und in Gebrauch gelangt ist der intellektuelle Unterbau geprägt von einer Radikalität, die es schafft egalitäre, sehr linke Konzepte mit extremer Marktwirtschaftlichkeit als selbstorganisierendes Triebelement gedacht, zu verbinden. Einen guten Einblick in diese Ideenwelt finde ich findet man im Buch Radical Markets.

Links und Konservatives zu verbinden und damit einen Bruch mit dem politisch-gesellschaftlichen Status Quo Bild zu schaffen denke ich ist eine der wichtigste Aufgaben die wir meistern müssen. Es rückt also sofort die Systemfrage ins Zentrum. Welch angsteinflößendes Wort. Die Unfähigkeit hierüber einen differenzierten öffentlichen Diskurs zu führen haben wir im Rahmen der Kühnert Aussage mitbekommen.

Naja, wenn systemaffine Politiker und co nicht den Blick aus dem System wagen, dann muss es wohl eine Art Bewegung sein, die eine Manifestation solcher Fragen und neuer Systemvisionen darstellt. Mit der Meinung von vielen oder lauten Menschen muss man sich glücklicherweise in Demokratien noch beschäftigen.

Jetzt sollten wir nur noch herausfinden was diese neue „Hippie“-Bewegung ist und hoffen, dass sie gehört findet. In Sachen Privacy-oriented Hippies ist Abschottung ja genau das Gegenteil, dessen was gebraucht wird. Vielleicht ist es aber die FridaysForFuture Bewegung? Hoffentlich ein Mix aus beidem :slight_smile:

#CareOrDie

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Hab was ähnliches für Qiio vor ein paar Monaten geschrieben:

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Danke. Schönes Kompendium.

Ich weiß nur nicht wie intelligent Schwarmintelligenz ist. Eine gegenkulturelle Strömung wird daraus nicht entstehen. Es ist vielleicht ein Tool.

Ich kann aber den Gedanken nicht von Fridays for Future lassen, und dass der Protest aus einer Ecke kam, mit der keiner gerechnet hat. Und dafür hat es nur eine Stimme benötigt, die jetzt Tausende mobilisiert.

Da stelle ich mir gerne vor, wie sich diese Geisteshaltung mit den aktuellen technologischen Möglichkeiten amalgamiert.

Was würde daraus entstehen? Und was manifestiert sich daraus?

Future-Hippies und Cyberpunks erzählen ja von der entweder naiven Verleugnung der Zukunft und was durch unser Handeln in ihr folgt oder haben mit dem Handeln schon abgeschlossen und verwalten nur die nahende Apokalypse.

Deswegen kommt es auf ein neues Bild und die entsprechende Wortgebung an, denn mit

zu schaffen, endet es unweigerlich in einem Kühnert.

Der FFF-Society unterstelle ich mal, sie reflektieren ihr Handeln und die daraus entstehenden Folgen.

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Ich weiß nicht, ob unbedingt decentralized autonomous organizations unsere Zukunft sind. Aber ich bin mittlerweile ziemlich überzeugt, dass das Internet wieder eine dezentralisiertere Struktur annehmen wird.

Ich hatte für Focus mal etwas dazu geschrieben (für die Headline bin ich nicht verantwortlich ; )

Es gibt derzeit zahlreiche große und kleine Projekte, deren langfristiges Ziel es ist, Dienste und Services zu entkoppeln – und dafür zu sorgen, dass der Nutzer wieder Herr seiner Daten wird. Eben dadurch, dass diese getrennt von den eigentlichen Diensteanbietern verwahrt und nur genutzt und verarbeitet werden, so lange der Dienst läuft.

Beispiele dafür wären Blockstack und die Dienste, die auf dieser virtuellen Plattform aufbauen, Akasha (mit denen ich demnächst mal wieder reden will), Messenger wie Riot und Status oder auch Solid, ein Projekt von Berners-Lee, das einen virtuellen Datentresor zum Ziel hat.

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Die haben bestimmt viel zu erzählen, machen ja gerade ihren zweiten Token-Sale bis Ende des Sommers.

Ich finde die Idee hinter Blockstack gut, aber bin kein Fan der technischen Umsetzung. Soweit ich das verstanden habe, ist Blockstack ein komplett geschlossenes System. Also hat man letztendlich wieder genau das gleiche Problem wie schon bei Facebook und Google. Allein schon für den Tokensale kann man nur die Stacks Wallet verwenden und die läuft auch nur auf Mac und Windows. Von interoperability leider weit entfernt. Aber kann natürilch auch sein, dass die da noch dran arbeiten und ich da nur nicht auf dem laufenden bin :slight_smile:

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Soweit ich verstanden habe, soll/könnte das einer der Punkte sein, der angegangen werden soll, wenn es voran geht.

Ansonsten stimme ich dir zu. Aber wichtiger ist vlt. noch die Nutzung auch für Normalmenschen zu vereinfachen. Es ist alleine schon schwierig, verständlich zu machen, was Blockstack eigentlich genau ist.

interessant - das versprechen ja sehr viele projekte. hoffen wir mal, dass sie sich auch alle dran halten :smiley:

absolut!

Ich habe derzeit viel Kontakt mit dem längst gesettleten Bürgertum in den Speckgürteln der Großstädte. Die Zustimmung zu Fridays For Future ist hier maximal. Vielleicht nicht so groß, dass sie ihre Kinder jeden Freitag gehen ließen, aber zumindest jeden zweiten. Die Chinesischstunde sollte man schon nicht verpassen, könnte später helfen in einer globalisierten Welt mit >100 internationalen Flughäfen in China.

Ist das dann noch eine Gegenbewegung oder nur ein auf die Kinder ausgelagerter Ekel vor dem eigenen hohlen Lifestyle? Beides gleichzeitig vermutlich, wie immer.

Wir ebnen den Weg dahin:

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