In San Francisco war ein selbstfahrendes Auto des General-Motors-Unternehmens Cruise in der Nacht ohne Licht unterwegs. Die Polizei stoppte den Wagen, der dann plötzlich davon zu fahren schien. Die kuriose Szene wurde von einem Schaulustigen festgehalten.
Von Michael Förtsch
Wenn es nach Elon Musk ginge, wären die Straßen heute bereits voller selbstfahrender Autos, die so sicher unterwegs sind, dass Menschen während der Fahrt ein Nickerchen machen könnten. Das hatte der Tesla-Gründer im Jahr 2017 vorausgesagt – und lag damit ziemlich daneben. Denn immer noch sind selbstfahrende Fahrzeuge eher semi-autonom, machen Fehler und sind gerne einmal verwirrt. Das kann gefährlich sein und sogar tödliche Folgen haben. Dass die Fahrzeuge erratisch und nicht immer nachvollziehbar agieren, ist auch für die Polizei ein Problem. Jedenfalls in den Städten, in denen die Roboterautos auf öffentlichen Straßen erprobt werden. Denn die Beamten haben keine Erfahrung mit den selbstfahrenden Fahrzeugen. Das kann zu kuriosen Szenen führen.
Wie ein Instagram-Nutzer jetzt dokumentiert hat, trafen Polizeibeamte in San Francisco mit einem Robotertaxi der General-Motors-Tochter Cruise aufeinander. Die Polizisten fuhren an einer Kreuzung an den Wagen heran und stiegen aus. Denn das Fahrzeug war trotz der Dunkelheit ohne angeschaltete Frontscheinwerfer unterwegs. Als einer der Beamten an den Kombi herantrat und feststellte, dass niemand am Steuer sitzt, fuhr der Chevy Bolt dann plötzlich weiter. Erst nach einigen Metern stoppte das Cruise-Taxi und aktivierte seine Warnblinkanlage.
Die Polizisten folgten dem Wagen, stiegen erneut aus und diskutierten offenbar, wie sie mit der bizarren Situation umgehen sollen. Sie klopften an die Scheibe und einer der Beamten zückte dann sein Smartphone. Von Schaulustigen wurde die Situation mit amüsiertem Gelächter und Hinweisen wie „Ist keiner drin!“ kommentiert. Das Video endet damit, dass die Polizisten mehr oder weniger machtlos um den automatisierten Chevy Bolt herumstehen.
Es braucht Standards
Wie ein Sprecher von Cruise gegenüber The Verge ausführte und auf Twitter mitgeteilt wurde, sei der Vorfall dem Unternehmen bekannt. Das Roboterauto habe, als es plötzlich anfuhr, nicht versucht, den Polizisten zu entkommen – auch, wenn es so gewirkt habe. Sondern es habe die Situation erkannt und versucht, einen sicheren Halteplatz zu finden – und hätte dort dann gestoppt. „Ein Beamter kontaktierte das Cruise-Personal“, so der Cruise-Sprecher weiter. Eine Vorladung wegen eines Verstoßes oder der Flucht gebe es nicht. Auch sei das Problem mit den Frontscheinwerfern mittlerweile behoben.
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Jetzt Mitglied werden!Zumindest laut Cruise gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei von San Francisco, wo die selbstfahrenden Taxen ohne menschlichen Fahrer an Bord seit zwei Monaten getestet werden dürfen. Für Zwischenfälle mit den Cruise-Wagen habe das Unternehmen eine spezielle Nummer für die Polizei und andere Behörden eingerichtet. Forscher, Entwickler und auch Polizeibeamte sehen solche Vorfälle jedoch als Beleg dafür, dass noch deutlich Nachhol- und Verbesserungsbedarf besteht. Und das nicht nur bei der Technologie der selbstfahrenden Fahrzeuge, sondern auch beim Umgang mit ihnen.
Laut dem Think Tank RAND Corporation und dem Police Executive Research Forum müssten klare Prozesse entwickelt werden, wie mit selbstfahrenden Fahrzeugen umgegangen wird, die in Unfälle verwickelt sind oder gegen Verkehrsregeln verstoßen. Unter anderem müsste ein Weg gefunden werden, über den die Polizei mit dem Wagen und der Wagen mit der Polizei kommunizieren kann. Auf diese Weise hätte das Cruise-Auto die Beamten informieren können, dass es nur einen sicheren Halteplatz sucht. Aber auch, um Fahrzeugdaten aufzunehmen, einem Wagen einen Haltebefehl zu erteilen oder ein „verantwortungsvolles menschliches Wesen“ die Kontrolle über den Wagen übernehmen zu lassen, wäre ein verlässlicher Standard notwendig.
Die RAND Corporation rät auch, eine Vorort-Methode dafür zu entwickeln, um ein selbstfahrendes Auto sicher zu deaktivieren, wenn es sich erratisch und gefährlich verhält – oder von einem Hacker übernommen wurde. Erst im Mai 2021 kam es zu einem Vorfall, bei dem ein Waymo-Fahrzeug plötzlich anfuhr, als es nach einer Fehlfunktion repariert werden sollte. Polizisten, Feuerleute, aber auch Rettungsdienste müssten darin ausgebildet werden, mit selbstfahrenden Fahrzeugen umzugehen. Das geschieht in Teilen bereits. Waymo und andere Unternehmen unterrichten beispielsweise Feuerwehrleute, wie sie einen Wagen nach einem Unfall sicher festsetzen und abstellen können.
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