Vor über 20 Jahren hatte Volkswagen die legendäre Automarke Bugatti gekauft. Jetzt wurde sie abgegeben. Der erst 2009 gegründete E-Autobauer Rimac übernahm sie – mit der Unterstützung von Porsche.
Von Michael Förtsch
Im Jahre 1909 wurde in Molsheim der Autobauer Automobiles Ettore Bugatti gegründet. Die Fabrik des Industriedesigners Ettore Bugatti fertigte seinerzeit revolutionäre Sport- und Rennwagen wie den Type 35, Luxuswagen wie den Type 41 und Typ 55, aber auch das Rennsportflugzeug Bugatti 100P. Seit dieser Zeit hatte die Marke Bugatti und deren Erbe bereits mehrfach den Besitzer gewechselt. So hatte der italienische Geschäftsmann Romano Artioli unter dem Namen zwischen 1987 und 1998 den heute noch als Super-Rennsportrevolution gefeierten Bugatti EB 110 gebaut, dessen Exemplare bei Auktionen für Hundetausende von Euro versteigert werden. 1998 übernahm dann Volkswagen die Rechte am Namen Bugatti, um ihn als Nobelmarke für Sportwagen und Limousinen neu zu beleben, wie Konzeptstudien wie der Bugatti EB 118 und EB 218 zeigten.
Gefertigt wurden unter dem Namen Bugatti als Volkswagenmarke dann aber ausschließlich extravagante Supersportwagen in extemen Kleinserien. Wie etwa der Chiron und der Veyron, die zu den schnellsten straßenzugelassenen Fahrzeugen gehören – und zu den teuersten. Der aktuelle Bugatti Chiron kostet um die 2,6 Millionen Euro. Der 2018 vorgestellte und auf 40 Exemplare begrenzte Bugatti Divo soll rund fünf Millionen Euro kosten und der 2019 präsentierte und auf zehn Exemplare begrenzte Bugatti Centodieci sogar acht Millionen Euro. Viele Autofans feiern die technisch raffinierten und zeitlos eleganten Fahrzeuge. Aber es kam auch immer Kritik, dass Volkswagen mit Bugatti abseits dieser Prestigewagen nicht sonderlich viel anzufangen wisse. Das wurde offenbar auch im Unternehmen so gesehen. Dazu waren die Wagen trotz der Preise stets mehrheitlich ein Verlustgeschäft. Spätestens seit 2020 soll Volkswagen daher einen Verkauf von Bugatti geplant haben. Nun bekommt Bugatti tatsächlich einen neuen Eigner.
Übernommen wird die Mehrheit am Bugatti-Namen nicht von einem anderen großen Autobauer, sondern vom erst 2009 gegründete E-Auto- und E-Technik-Start-up Rimac Automobili aus Kroatien – und zwar mit Unterstützung von Porsche. Rimac-Gründer Mate Rimac gilt als einer der Pioniere der modernen E-Auto-Mobilität. Er hatte schon 2006 damit begonnen, einen BMW 3E30 323i von einem Verbrenner- auf einen Elektroantrieb umzubauen und fuhr damit zahlreiche Rennen und Rekorde ein. Daraufhin gründete er das Unternehmen Rimac, um elektrische Supersportwagen wie den Concept_One, Concept S und Nevera zu bauen – und deren Kerntechnik für andere Fahrzeugbauer zu fertigen. Teile von Rimac finden sich unter anderem in den elektrischen Fahrzeugen von Aston Martin, Jaguar, Renault und Koenigsegg. Zudem gehören Porsche, Hyundai und der Batteriehersteller Camel zu den Investoren des E-Auto-Bauers.
Erster E-Bugatti bis 2030
Durch die Übernahme von Bugatti soll ein neues Autounternehmen namens Bugatti Rimac d.o.o. entstehen, das mit Rimac-Technik zukünftig eben nicht mehr nur Rimac-, sondern auch neue und elektrifizierte Bugatti-Fahrzeuge designen und fabrizieren soll. „Bugatti und Rimac werden beide als eigenständige Marken weitergeführt, wobei die bestehenden Produktionsstätten und Vertriebskanäle erhalten bleiben“, so Mate Rimac. Es soll zukünftig gemeinsam geforscht und entwickelt werden, so dass beide Automarken profitieren. Dennoch soll der traditionelle Standort von Bugatti im französischen Molsheim erhalten werden. Rimac und das Hauptquartier von Bugatti Rimac soll bei Zagreb, Kroatin bleiben, wo bis 2023 ein neuer Campus für das schnell gewachsene E-Auto-Unternehmen geplant ist.
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Jetzt Mitglied werden!Wie viel Rimac gemeinsam mit Porsche für Buatti gezahlt hat, das ist unklar. Ebenso unsicher ist, was genau für Fahrzeuge unter dem Namen Bugatti zukünftig entstehen und erscheinen sollen, ob auch weiterhin nur Supersportwagen das B-Logo tragen werden. Jedoch deutete Mate Rimac an, er sehe „große Möglichkeiten für Bugatti“. Und zwar „nicht nur, (um) Hypercars“ zu produzieren. Denkbar wäre also, dass unter dem legendären Logo zukünftig auch wieder Fahrzeuge entstehen, die öfters auf den Straßen zu sehen sein könnten – beispielsweise Roadster oder auch luxuriöse Coupes.
Ein erster voll-elektrischer Bugatti soll jedenfalls bis Ende dieses Jahrzehnts vom Band laufen. Bis dahin könnten bereits neue Hybridmodelle angekündigt werden. Für die aktuellen Bugatti-Modelle bedeutet die Übernahme übrigens nicht das sofortige Aus. Der Bugatti Chiron soll vorerst etwa in geplanter Stückzahl weiterproduziert werden. Gleiches dürfte für die anderen und noch stärker limitierten Fahrzeuge gelten. „Das ist ein wirklich aufregender Moment in der kurzen, aber rasanten Geschichte von Rimac Automobili“, sagt Mate Rimac. „Wir haben in so kurzer Zeit so viel erlebt, aber dieses neue Abenteuer hebt die Dinge auf ein völlig neues Niveau. Rimac und Bugatti passen perfekt zusammen in Bezug auf das, was jeder von uns mitbringt.“
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