This Week in Future #168 // 23. Juli 2023

Hi,

in diesem wöchentlichen Newsletter wollen wir euch Lesens-, Sehens- und Hörenswertes aus anderen Medien und Veröffentlichungen vorstellen. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen aber Geschichten und Informationen mit euch teilen, die uns in der 1E9-Redaktion bemerkenswert erschienen.

Warum die KI Claude von Anthropic keinen Hype und keine Panik auslöst

  • OpenAI, Google, Meta und viele andere Unternehmen arbeiten nach dem Erfolg von ChatGPT an eigenen Chatbots und Sprachmodellen. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg und Hype. Ein KI-Start-up, das zwar als führend gilt, aber bisher sehr zurückhaltend auftritt, ist das von ehemaligen OpenAI-Entwicklern gegründete Anthropic. Dessen Chatbot Claude startete gerade erst in die öffentliche Beta-Phase – sorgt aber für erstaunlich wenig Aufregung. Denn Claude schreibt nur selten merkwürdige Dinge, verbreitet erstaunlich wenige Falschinformationen und ist dadurch sogar regelrecht langweilig, wie viele kritisieren. Das hat seinen Grund: Claude folgt einer langen Liste an Regeln. Wieso das so ist, erklärt der Anthropic-Gründer in der aktuellen Folge des Podcasts Hard Fork.

Apple GPT: Der iPhone-Hersteller ignoriert den KI-Hype doch nicht

  • Bisher gab sich Apple, was KI-Chatbots wie ChatGPT angeht, zurückhaltend – und verzichtete für seine digitalen Dienste weitgehend auf die Fähigkeiten von KI, die auf großen Sprachmodellen basiert. Mit Ausnahme der neuen Autokorrektur für iOS 17, die auf einem Large Language Model basieren wird, die lokal auf dem jeweiligen Gerät läuft. Doch wie jetzt berichtet wird, arbeitet Apple seit Monaten durchaus an einer möglichen eigenen Alternative zu ChatGPT oder Googles Bard, die intern bereits genutzt wird, zum Beispiel bei der Produktentiwcklung. Wann und wie „Apple GPT“ allerdings für die Öffentlichkeit kommt, ist noch unklar, wie ihr unter anderem hier nachlesen könnt.

Wird OpenAIs Sprach-KI GPT-4 immer dümmer? Ja, aber.

  • Bisher gab es nur Mutmaßungen und anekdotische Evidenz dafür, dass die Output-Qualität der Sprach-KI GPT-4 mit der Zeit sinkt, anstatt zu steigen. Jetzt gibt es dafür erste Beweise, die auch auf Twitter diskutiert werden: Eine Studie zeigt, dass die Version von GPT-4 aus dem Juni bei einigen Aufgaben objektiv schlechter performt als die im März veröffentlichte Version. Anhand eines Datensatzes von 500 Aufgaben, bei denen die Modelle feststellen mussten, ob eine gegebene Zahl eine Primzahl ist, sank die Erfolgsrate von 97,6 auf 2,4 Prozent. Auch bei der Generierung von Programmcode schnitt die Juni-Version bedeutend schlechter ab. Der Grund für diese Verschlechterung ist nicht klar. Es wird vermutet, dass OpenAI kontinuierlich Änderungen durchführt und mehrere kleinere und spezialisierte GPT-4-Modelle verwendet, die ähnlich wie ein großes Modell funktionieren, aber weniger teuer sind. Der Newsletter AI Snake Oil weist außerdem darauf hin, dass sich das Verhalten von KI-Modellen – zum Beispiel aufgrund von Regeln – durchaus ändern kann, ohne dass deren grundsätzliche Fähigkeiten leiden.

Prompt Injection: Wenn sich KIs in die Karten schauen lassen

  • Der Münchner Student Marvin von Hagen sorgte weltweit für Schlagzeilen: Ihm war es nämlich gelungen dem KI-Chatbot von Microsofts Bing durch geschickte Prompts, also Aufgabenstellungen per Texteingabe, die Liste der ihm von Microsoft vorgegeben Regeln zu entlocken. Mit dem GitHub Copilot Chat schaffte er es erneut. Die Methode nennt sich auch Prompt Injection, wie in einem heise-Bericht über Marvins Keynote beim Festival der Zukunft von 1E9 und Deutschem Museum erklärt wird. Dort erzählte er auch, dass ihm OpenAI-Chef Sam Altman gesagt habe, dass das Problem der Prompt Injection für Hersteller vielleicht gar nicht zu lösen sei.

Bei der Internetsuche wenden sich Menschen von Google ab

  • Dass intelligente KI-Chatbots – trotz ihrer enormen Fehleranfälligkeit – zur Gefahr für klassische Suchmaschinen, allen voran Google, werden könnten, wird eifrig diskutiert. Doch Googles alles dominierende Suchmaschine hatte schon vor ChatGPT mit sinkender Akzeptanz zu kämpfen. Offenbar weil die Ergebnisse durch verkaufte Werbeanzeigen und die Flut von suchmaschinenoptimierten, aber unrelevanten Texten zunehmend weniger nützlich werden, steigen Userinnen und User auf andere Plattformen um. Um Antworten auf ihre Fragen zu finden, befragen sie zum Beispiel Reddit, Wikipedia oder TikTok. Die Washington Post hat sich eingehender damit beschäftigt, woran das liegt und was das für Auswirkungen haben könnte.

China verrät Details über seine Mondmission

  • China hat große Raumfahrtambitionen – insbesondere, was den Mond angeht. Wie die speziell für die bemannte Raumfahrt eingerichtete China Manned Space Agency – kurz CMSA – nun konkret angekündigt hat, sollen vor Ende des Jahrzehnts chinesische Astronauten auf dem Mond landen. Die Mission soll mit einem Raumschiff, das die Astronauten transportiert und einer eigenständigen Landeeinheit durchgeführt werden. Beide sollen aufgrund des hohen Gewichts separat starten und sich erst in der Mondumlaufbahn zusammenschließen, um als Einheit aufzusetzen. Auch ein Mondauto ist für die Mission derzeit in Entwicklung. Außerdem arbeitet China an der Langer-Marsch-10-Rakete, die für die Mission benötigt wird.

Für den digitalen Dollar wird es eng

  • Während die Pläne für einen offiziellen, von der Europäischen Zentralbank herausgegebenen digitalen Euro immer konkreter werden, stehen die Chancen für einen digitalen Dollar inzwischen deutlich schlechter, schreibt MIT Technology Review. Ein technischer Probelauf der Zentralbank, der noch in der Boomphase von Kryptowährungen gestartet wurde, wurde still und heimlich eingestellt. Und obwohl die Biden-Regierung den digitalen Dollar weiterhin vorantreiben will, laufen Politiker wie der republikanische Präsidentschaftsbewerber und Gouverneur Ron DeSantis dagegen Sturm: Sie sehen in der digitalen Zentralbankwährung ein staatliches Überwachungsinstrument.

Die neue Social-Media-App von ByteDance scheint zum Flop zu werden

  • Die erfolgsverwöhnte chinesische Firma ByteDance hat von Usern einen Dämpfer bekommen: Nachdem TikTok weltweit zum Hit wurde, wollte ByteDance mit Lemon8 ebenfalls Userscharen anlocken. Und obwohl der US-Start der Social-Media-App, die als eine Mischung aus Instagram und Pinterest beschrieben wird, zunächst ganz ordentlich lief, bricht die Zahl der aktiven Userinnen und User seitdem ein. Der Grund, wie Rest of World schreibt: Lemon8 wirkt wohl sehr kuratiert und präsentiere vor allem idealisierte Lifestyles und die Kanäle von Influencern.

Cyberangriff auf Fanfiction-Website: Steckt die russische Regierung dahinter?

  • Vor ein paar Tagen stand die bekannte Fanfiction-Website Archive Of Our Own (AO3) 30 Stunden lang unter Beschuss und konnte nicht aufgerufen werden. Zu diesem Cyberangriff bekannte sich die selbsternannte islamische Hackergruppe „Anonymous Sudan“, wie t3n berichtet, welche angab, sie sei religiös motiviert. Experten vermuten jedoch Verbindungen zur russischen Regierung und zur russischen Hackergruppe Killnet, was bedeuten würde, dass dieser Angriff weder etwas mit Religion noch mit dem Sudan zu tun hatte. Anonymous Sudan twitterte, dass sie AO3 speziell wegen der oft nicht jugendfreien Inhalte und der häufig vorkommenden LGBTQ+ Stories ins Visier genommen habe. Trotz dieses Ausfalls sind die Website und ihre Community wieder online und nehmen den Vorfall mit Humor.

Fortschritte im Kampf gegen den Herzinfarkt

  • Mit der Schlagzeile „Der Herzinfarkt wird abgeschafft“ berichtete DIE ZEIT über bahnbrechende Forschung zu und neue Behandlungsmethoden von Herzleiden und Kreislaufkrankheiten wie Arterienverkalkung oder chronischen Herzschwächen, die oft für Herzinfarkte verantwortlich sind. Neue RNA-Wirkstoffe und die CRISPR/Cas-Genschere sollen DNA-Bausteine im Erbgut gezielt verändern, um solche Krankheiten vorzubeugen. Mittlerweile gibt es hierzu erste klinische Studien in England und Neuseeland. Weitere Forschung sei notwendig, jedoch lieferten die neuen Behandlungsmethoden Grund zur Hoffnung.

Gentechnik in der Landwirtschaft: Neue EU-Regeln könnten an den Grünen scheitern

  • Wie moderne Gentechnik die Landwirtschaft verändern könnte – und beispielsweise den großflächigen Einsatz von Pestiziden überflüssig machen oder Pflanzen hervorbringen könnte, die resilienter gegen die Folgen des Klimawandels sind – haben wir vor einigen Monaten berichtet. Auch, dass sich viele der Bedenken gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln wissenschaftlich bisher nicht belegen ließen. Das ist auch der Europäischen Kommission klar, die daher eine Lockerung der strengen EU-Regulierung vorschlägt, die moderne Gentechnik wie etwa CRISPR/Cas9 in der Landwirtschaft bisher de facto verbietet. Scheitern könnte diese Lockerung allerdings am Widerstand der deutschen Grünen, wie der SPIEGEL berichtet.

Pilze als nachhaltiger Baustoff der Zukunft

  • Ziegelsteine, Beton und Metall könnten bald durch Wurzeln von Pilzen, sogenanntes Myzel, überholt werden, so popsci. Forscher haben einen Weg gefunden, Myzel mit anderen organischen Materialien (zum Beispiel mit Wolle oder Sägespänen) zu kombinieren, um ein vielseitiges Material zu schaffen. Die Komponenten werden in einer speziellen Form verbunden, die genügend Sauerstoff für das Wachstum des Myzels durchlässt. Unter warmen und feuchten Bedingungen wächst das Myzel und verbindet sich mit dem Material, trocknet aber aus, bevor der Fruchtkörper selbst sprießt. Auf diese Weise wurde bereits eine fast zwei Meter hohe Kuppelstruktur geschaffen, und schon bald könnte diese revolutionäre Technik für größere, sogenannte „biofabrizierte“ Architektur verwendet werden.

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