Das spanische Start-up Zeleros arbeitet seit mehreren Jahren an einem europäischen Hyperloop-System. Jetzt hat es Pläne für ein Streckennetz vorgestellt, das nahezu die gesamte Welt miteinander vernetzten könnte.
Von Michael Förtsch
Vor fünf Jahren waren Juan Vicén, Daniel Orient und David Pistoni mit einem Team bei der Hyperloop Pod Competition von Elon Musk angetreten. Einen Erfolg auf der Teststrecke konnten die damaligen Studenten der Universitat Politècnica de València nicht vorweisen. Aber sie konnten demonstrieren, dass ihre Interpretation eines Hyperloop funktioniert und wurden für ihre Konstruktion sogar mit der Auszeichnung Top Design Concept geehrt. Noch während des laufenden Wettbewerbs hat das Kernteam das Start-up Zeleros gegründet, um den Hyperloop von der Idee in die Wirklichkeit zu hieven. Nun hat das Unternehmen Pläne für ein weltweites Netz von Hyperloop-Trassen vorgestellt.
Geht es nach dem jungen Unternehmen könnte die Welt bis zum Jahr 2050 mit 88.500 Kilometern an Hyperloop-Röhren durchzogen sein. In denen könnten pro Jahr 28 Millionen Tonnen an Frachtgut und 1,45 Milliarden Menschen transportiert werden. Der vorgelegte Streckenplan und die zugehörigen Zahlen sollen das Resultat von eingehenden Studien und Analysen sein, die Zeleros mit mehreren Partnern wie dem Massachusetts Institute of Technology, der Southwest Jiaotong University und dem Infrastrukturkonzern Acciona durchgeführt hat.
Alleine in Europa sieht Zeleros einen Bedarf für ein Röhrennetz von 18.500 Kilometern. Verbunden würden dadurch unter anderem Berlin, Hamburg, München, Rom, Paris, Luxemburg, Amsterdam, Kopenhagen, Stockholm, Madrid, Lisabon und London. Eine Fahrt von Brüssel nach Berlin soll mit dem Hyperloop lediglich 70 Minuten dauern – eine Autofahrt dauert dagegen über 8 Stunden und ein Flug fast zweieinhalb Stunden. Eine Fahrt von Brüssel nach Paris soll sogar nur 20 Minuten in Anspruch nehmen – hier dauert die Autofahrt mindestens vier Stunden und ein Flug fast eine Stunde.
Alles verbunden
Von Europa aus, meinen die Zeleros-Planer, könnte das Netz nach Moskau und von da bis nach China weitergeführt werden, wo Metropolen wie Peking, Chengdu, Wuhan und ASEAN-Staaten wie Singapur, Vietnam und Thailand angeschlossen werden könnten. Deren Haupttrasse könnte nahtlos in eine indische Infrastruktur übergehen, die mit zahlreichen Stationen und über 15.000 Kilometern an Strecke ähnlich dicht ausfallen könnte wie das europäische Netz. Von dort aus könnte eine Strecke nach Kuweit und Abu Dhabi weiterlaufen. Mit langen Röhren will das Start-up zudem die Reisezeiten zwischen den großen Bevölkerungszentren auf dem afrikanischen Kontinent und Australien reduzieren. Auch für ein unabhängiges Streckennetz in Nord- und Südamerika hat Zeleros einen Plan ausgearbeitet.
Dass diese Strecken so umgesetzt werden, wie Zeleros sie skizziert hat, ist unwahrscheinlich. Das meint auch das Unternehmen selbst. Statt einem konkreten Plan, heißt es von Zeleros-Chef David Pistoni, sollen die vorgeschlagenen Strecken eben genau das sein – eine Vorschau auf das, was machbar wäre, und eine Vision dessen, was sein könnte. „Der Hyperloop [als Technologie] wächst schnell und wir bei Zeleros sind zuversichtlich, dass er das Potenzial hat, die beste Alternative zu werden, um Strecken zwischen 400 und 1.500 Kilometern zurückzulegen“, so Pistoni. „Mit dem Ansatz von Zeleros können wir das System skalierbar machen, die Gesamtkosten für die Infrastruktur senken und den Betrieb für die Passagiere sicherer machen.“
Tatsächlich ist das Hyperloop-System von Zeleros in der Theorie einfacher und energieeffizienter umsetzbar als die Konstruktion, die beispielsweise Virgin Hyperloop One verfolgt. Bei Virgin Hyperloop One soll die Kapsel von flach ausgelegten Linearmotoren über die Gleise der Röhren gezogen werden, wodurch die Streckenkonstruktion und Wartung derselben aufwendig und teuer wäre. Bei Zeleros soll die Kapsel nur an einzelnen Stationen elektromagnetisch beschleunigt werden. Auf dem Rest der Strecke soll ein riesiger Kompressor für Vortrieb sorgen, der die Restluft in den Röhren vorne am Pod einsaugt und am Heck ausstößt. Ein Elektromagnet am Kapseldach hält ihn währenddessen in Position. Dadurch fliegt die Kapsel praktisch durch die Röhren hindurch.
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Das Team von Zeleros ist ziemlich zuversichtlich, dass seine Technologie bereits in wenigen Jahren eingesetzt werden kann – zunächst für Fracht, später für den Personentransport. Ein Prototyp einer sechs Meter langen Kapsel wird derzeit im spanischen Pavillon auf der Expo 2020 in Dubai ausgestellt. Die Konstruktion einer zwischen drei und vier Kilometer langen Teststrecke in Spanien soll nach einer Corona-bedingten Verzögerung voraussichtlich im kommenden Jahr beginnen. Laut David Pistoni würde das Unternehmen, wenn es zu keinen unvorhersehbaren Problemen kommt, das Jahr 2030 für den Baustart erster kommerzieller Strecken anvisieren.
Zeleros ist nicht die einzige europäische Initiative, um einen Hyperloop zu bauen. Im Jahr 2020 haben die TU München und der von ehemaligen Studierenden gegründete Verein Next Prototypes auf dem Gelände der neuen Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie ein Hyperloop-Forschungsprogramm gestartet. Dort arbeiten mehrere der Mitglieder der einstigen Hyperloop-Competition-Truppe an einer Kapsel und einem Streckenabschnitt in Lebensgröße. In Polen forscht hingegen das Start-up Nevomo, einst Hyper Poland, an einem Hyperloop-Konzept. Das setzt mit der sogenannten Magrail-Technologie auf ein passives Magnetschwebesystem, das von einem Inductrack genannten Schwebesystem inspiriert ist und in bestehende Schienensysteme integriert werden könnte.
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