So kämpfen Facebook, Twitter und TikTok gegen Fake News über das Coronavirus

Das Coronavirus verbreitet sich. Immer mehr Infektionsfälle werden bekannt. Aber ebenso verbreiten sich zahlreiche Falschinformationen und Verschwörungstheorien rund um das Virus. Die Betreiber von Social-Media-Plattformen, aber auch die WHO versuchen diese zu bekämpfen.

Von Michael Förtsch

Gerade erst wurde ein zwölfter Fall bestätigt, in dem ein Mensch in Deutschland mit dem Coronavirus – genauer: 2019-nCoV – infiziert ist. Auch in Indien, den USA und weiteren Ländern sind Erkrankungen bekannt. In China geht die Regierung mit verstärkter Schärfe vor, um die weitere Ausbreitung zu unterbinden – und gesteht auch Fehler ein. Mehrere Städte sind abgeriegelt, in der Metropole Wuhan wurde binnen weniger Tage ein Krankenhaus errichtet. Drohnen werden eingesetzt, um Menschen aufzufordern, Masken zu tragen und nach Hause zu gehen. Das alles wirkt stellenweise unglaublich und wie aus einem Kinofilm – und verängstigt zahlreiche Menschen. Umso dramatischer ist es, dass sich immer mehr Falschmeldungen, Verschwörungstheorien und Lügen verbreiten, die Panik und Misstrauen schüren oder Menschen animieren, sich selbst Schaden zuzufügen.

Auf Twitter kursieren Behauptungen, dass China das Coronavirus in einem Labor erzeugt hätte, um die Bevölkerung des Landes auszudünnen. Amerikanische Rechtsextremisten hingegen verbreiten abstruse Verschwörungstheorien wonach die Bill-und-Melinda Gates-Stiftung es mitentwickelt habe und gezielt die Produktion eines Impfstoffes verhindert – und das um Geld mit wirkungslosen Medikamenten zu machen. Auf Facebook wurden diese und ähnliche Behauptungen etliche Male geteilt. Als Beweis für diese Verschwörungsmythen werden Patente angeführt, die jedoch auf andere Arten von Coronaviren vergeben wurden – Correctiv hat dazu einen ausführlichen Faktencheck durchgeführt.

Dazu kommen unzählige Posts, die haarsträubende Todes- und Infektionszahlen in Millionenhöhe behaupten oder von auf der Straße erschossenen Infizierten berichten. Einige der Social-Media-Konten, die diese Falschinformationen ausstreuen, trugen und tragen Namen, die an echte Nachrichtenagenturen erinnern und durchaus auch korrekte Meldungen teilten. Ebenso verbreiten sich auf Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube viele Videos in denen Menschen ihre Follower „aufklären“ wollen – aber dann vom Coronavirus als Massenvernichtungs- und Biowaffe sprechen. Es werden Videos veröffentlicht, die Menschen zeigen, die Blut husten, Kinder, die auf Straßen zusammenbrechen, oder Flugzeuge erkennen lassen, die angeblich die Viren über den Städten ausstreuen.

Nicht wenige der kursierenden Clips stammen aus Katastrophenfilmen wie Contagion oder Pandemic . Andere sind Aufnahmen von anderen Krisen- und Krankheitsfällen, Notfall- oder Feuerwehrübungen in denen Löschversuche mit Flugzeugen durchgeführt wurden. Dennoch erreichen diese Videos viele Tausend Aufrufe, wie Media Matters berichtet.

Ebenso stark wie Gerüchte und Verschwörungstheorien über die Quelle des Coronavirus verbreiten sich angebliche Heil- und Schutzmöglichkeiten. Vor allem auf Facebook wurde in verschiedenen Gruppen verbreitet, dass das Trinken von Bleichmittel das Coronavirus „aus der Lunge spülen“ würde – etwas, das in Wahrheit zu gefährlichen oder sogar lebensbedrohlichen Verätzungen führen kann. Aber auch das Schlucken von Vitamin-C-Pillen, das Essen von Zitronen, das „Feuchthalten der Atemwege“ oder das Einreiben des Halses mit Oregano-Öl würde helfen, hatten Facebook- und TikTok-Nutzer propagiert. Wer sich so vorbereite, der brauche angeblich keine Maske zu tragen.

Was die Plattformbetreiber tun

Die Betreiber der Social-Media-Plattformen versuchen gerade angestrengt, die Verbreitung der Falschinformationen einzuschränken. Facebook will, wie Facebook-Gesundheitschef Kang-Xing Jin in einem Blogpost ausführte, „die Ausbreitung von Fehlinformationen und gefährlichen Inhalten über das Virus“ limitieren und Menschen stattdessen an hilfreiche Informationen verweisen. Dafür soll ein Team aus Faktenprüfern die zahlreichen Informationen auf Richtigkeit abklopfen, die auf Facebook aber auch Instagram geteilt werden. Menschen, die Falschinformationen geteilt haben, sollen per Benachrichtigung aufgeklärt werden. Ebenso sollen auch Inhalte entfernt werden, wenn sie „körperlichen Schaden“ nach sich ziehen könnten. Auf Instagram werden zudem einige Hashtags blockiert, die mit dem Virus assoziiert sind.

Auf Twitter wurden in den letzten Wochen über 15 Millionen Tweets zum Coronavirus abgesetzt. Wer nach Stichworten wie #Cornoavirus sucht, der bekommt in verschiedenen Ländern einen Banner angezeigt, der „Antworten auf häufige Fragen zum neuartigen Coronavirus“ verweist. In Deutschland führt ein Link zur Bundeszentale für gesundheitliche Aufklärung, in den USA zum Centers for Disease Control and Prevention. Doch unter dem Hashtag finden sich neben aktuellen Nachrichten von Medien wie CNN, BBC oder Der Spiegel auch zahlreiche Nutzer, die zweifelhafte Meldungen verbreiten.

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Ähnlich wie Twitter hat auch TikTok einen Hinweis eingeführt, der auftaucht, wenn Nutzer nach Begriffen wie #coronavirus suchen. Sie sollen sich zunächst auf der Website der Weltgesundheitsorganisation WHO informieren, bevor sie Videos anderer Nutzer zum Thema schauen. Zudem werden sie aufgefordert, Nutzer und Inhalte zu melden, wenn sie glauben, dass diese irreführend oder gefährlich sein könnten. Geschieht das, könnten Inhalte aktiv in ihrer Reichweite begrenzt oder entfernt werden.

Zu extremeren Mitteln greift derzeit Youtube, das in der Vergangenheit mehrfach hart in der Kritik stand, da es den Nutzern Videos mit rechtsextremistischer Propaganda und Verschwörungstheorien vorschlug. Das zu Alphabet gehörende Videoportal hat seinen Such- und Vorschlagsalgorythmus abgeändert. Wer nach Videos über das Virus sucht, der bekommt allen voran Inhalte von seriösen Quellen wie TV-Sendern, Behörden aber auch den YouTube-Kanälen von Krankenhäusern und Ärzten vorgeschlagen. Aber nicht nur. Zum Teil finden sich in der Suche trotzdem kleine Kanäle, die „Ugly footage Coronavirus“, „Corona Virus #Latest #Leaks“ oder „the real truth about outbreak“ versprechen.

Lob von der WHO

Tedros Adhanom, Leiter der Weltgesundheitsorganisation WHO, lobte die Bemühungen von Facebook, YouTube, Twitter und Tiktok, gegen Falschmeldungen und Verschwörungstheorien vorzugehen. Auch WHO-Mitarbeiter würden derzeit rund um die Uhr im Internet nach Falschmeldungen und Fehlinformationen suchen, um sie auf Plattformen wie Twitter, Facebook oder auch LinkedIn unter dem Hashtag #KnowTheFacts mit kurzen Richtigstellungen und Expertenbeiträgen zu kontern. Sie klären auf, dass es weiterhin sicher ist, Pakete aus China zu bekommen und Knoblauch das Virus nicht aufhalten kann.

Doch damit lassen sich nicht alle Nutzer erreichen. Vor allem in Chat-Gruppen auf WhatsApp lassen sich falsche Informationen weiterhin ungehindert und unkontrolliert verbreiten. Erst Ende Januar sorgte eine Nachricht über einen angeblich am Coronavirus erkrankten Mann im nordrhein-westfälischen Lünen für Verunsicherung, der angeblich hunderte Menschen angesteckt habe. Es habe Panik im Krankenhaus geherrscht. Laut dem Chef der Klinik der Stadt: Fake News. Bis dahin war die Meldung jedoch schon unzählige Male geteilt und weitergeschickt worden.

Das gleiche gilt für ein Video, das erstmals am 23. Januar veröffentlicht wurde und die „katastrophale Lage“ in Wuhan zeigen soll – und sowohl falsche als auch irreführende Informationen verbreitet. Auch das Foto von einem am Boden liegenden Mann, das derzeit immer wieder mit wechselnden Ortszuschreibungen geteilt wird, zeigt zumindest keinen Fall von Coronavirus. Stattdessen handelt es sich um einen Mann, der im thailändischen Suvarnabhumi Airport zunächst gestürzt und dann eingeschlafen ist. Er war nicht krank, sondern betrunken.

Teaser-Bild: Ezra Acayan / Getty Images

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