Mein erstes Mal mit einem Autopiloten

Es folgt: meine erste Autopiloterfahrung. Kontext: Ich bin Software-Unternehmer für Künstliche Intelligenz. Der Text wird lang, verzeiht.

Am Samstag zum ersten Mal in meinem Leben mit dem Model 3 und meiner Familie von München an den Bodensee gefahren. Sehr aufregend, meine Frau war nicht dafür, ihn auszuprobieren, meine Jungs schon. Diese Maschine, dieses Auto ist ein Partner. Quasi schon jetzt ein Familienmitglied (wir haben das Auto erst seit vier Wochen). Warum? Es hat seine eigene Wahrnehmung der Welt, seine eigene Idee, wie hier und dort zu verfahren ist. Wie man Abstand zum Vordermann hält, wie man nach einer langsamen Phase beschleunigt. Wie nah man an die Leitplanken fährt. Und diese Haltung ist in den meisten Fällen berechtigt, obwohl ich selbst in vielen Fällen anders handeln würde (etwas mehr Abstand zu Leitplanken, zum Beispiel). Ich reite nicht, aber ich habe oft meine Kinder auf Ponies durch die Gegend geführt. Das Auto fühlt sich wie ein Pferd an. Dein Partner, der ungefähr weiß, was Du willst, aber seine eigene Vorstellung davon hat, das Gewollte umzusetzen. Wenn Du die Spur wechseln willst, teilst Du es diesem Partner mit, er macht einen Vorschlag, Du bestätigst ihn - oder auch nicht. Das Auto interagiert mit Dir, es stimmt sich non-verbal mit Dir ab. Das Lenkrad bewegt sich, weil das Auto handelt und Du spürst es, die Autonomie Deines Partners überträgt sich über Deine Hände in Deine Wahrnehmung. Und wie ein Pferd will das Auto manchmal geführt werden, überwacht / supervised heißt nicht nur, dass man dabei ist, konsumiert. Es heißt auch, dass man die Handlung „gutheißt“ oder „absegnet“ oder eben eingreift und korrigiert. Das musste ich bei einem Auto noch nie, der menschliche „Fahrer“ wird zum „Metasystem“, eine Art Autorität über das Handelnde.

Auf einer Landstraße kam ein anderes Auto von rechts eine relativ rechtwinklige Auffahrt entlang auf uns zu. Das Auto hat sich erschrocken, hat gebremst und einen fiesen Ton ausgestoßen. Es wollte uns beschützen.

Ich bin überglücklich, dass ich in dieser Zeit leben darf und beiwohne, wie die Maschinen von uns lernen. Sie lernen, wie wir diese oder jene Situation angehen würden. Sie lernen es von hunderttausenden von uns - privacy hin oder her. Sie verfügen über mehr Sinne als wir, wir machen einen Schulterblick (und sehen dabei nicht, was vorne passiert), sie haben sechs Kameras. Sie sind unsere Partner. Klar ist das alles nicht perfekt, es ist in der Mache und wir sind dabei. Und das wirft ein ganz neues Licht auf technische Sicherheit, die gewährleistet werden muss.

Ich freue mich über dieses Familienmitglied und es ist zum ersten Mal sehr schwer vorstellbar, ein Auto jemals wieder abzugeben.

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Danke für diesen Praxisbericht! Die sehr anschaulichen Vergleiche helfen echt sehr dabei, es sich vorzustellen.

Dazu hätte ich noch Fragen: War es insgesamt entspannter für dich? Eine Entlastung? Fühlte es sich sicherer an? Oder ist das System noch an einem Punkt, wo es erstmal nur anders ist?

Danke :slight_smile:

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wow echt spannend. Bisher konnte ich nicht in einem Tesla fahren, bin aber gespannt mehr Berichte von dir zu lesen :slight_smile:

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Interessanterweise gibt es am Anfang einen anderen Stress. Der ist ähnlich dem, den Du als Eltern von kleinen Kindern hast, wenn Du ein Trinkglas von der Tischkante in die Mitte schiebst oder beim Wandern die Kinder lieber auf die Bergseite bringst. Man investiert Energie um zu beobachten. Ich denke aber, dass das sich legen wird. Ich werde auch noch einen Artikel darüber schreiben, was Tesla tut, um unerfahrene User wie mich onzuboarden. Letztlich geht es immer um Aufbau ins Vertrauen zwischen Mensch und Maschine.

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Danke. Ja es ist eine Reise und man lernt viel über den tatsächlichen Umgang mit KI. Chatbots sind nicht „gefährlich“, einem Auto muss man schon eine ganz andere Menge an Vertrauen entgegenbringen…

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Schöner Bericht. Das Gefühl kann ich etwa bestätigen. Ich bin vor rund drei Jahren das erste mal mit einem autonomen Fahrzeug gefahren. Das war mit einem der piloted driving A7 von Audi auf der A9 bei Ingolstadt.

Das war ein ziemlich faszinierendes Erlebnis. Vor allem da ich mich doch schnell heimisch und sicher dabei fühlte, dem Auto die Kontrolle zu überlassen.

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bin heute die gleiche Strecke händisch zurück gefahren. Es langweilt mich. Es ist ganz klar, dass hier die Vorteile die Nachteile überwiegen. Das User Interface Design muss sich hier sehr anstrengen, den Menschen bei der Stange zu halten, sonst wird es schwierig. Die Leute werden sehr schnell auf die Fähigkeiten der Fahrzeuge vertrauen. Und sie überschätzen.

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München sagtest du?
Wo kann man sich gleich nochmal für Probefahrten bei dir anmelden? :smiley:

Nach zwei Jahren Tesla ohne Autopilot habe ich im März auf ein Model mit AP2.5 gewechselt. Ich möchte es nicht mehr missen. Gerade die tägliche Fahrt durch den Stau ins Büro ist so viel stressfrei geworden.

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Hab gerade diesen vielsagenden Tweet zur Erfahrung „Tesla und Autopilot im Alltags-Pendel-Verkehr“ entdeckt:

Klingt nach ner guten Erfahrung und so als ob das ein Killer-Feature für ein jedes Auto wäre … :slight_smile:

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