Google will, dass wir Smartphones und andere Geräte mit den Bändern unserer Hoodies steuern

Auch Google forscht an smarter Kleidung. Die Entwickler des Tech-Konzerns arbeiten vor allem daran, Bänder und Kabel clever zu machen. Mit Drück-, Zieh- und Drehbewegungen sollen sich mit diesen in Zukunft verschiedene Befehle an Smartphones und andere Geräte senden lassen.

Von Michael Förtsch

Es ist wohl jedem schon einmal so gegangen. Man sitzt in der U-Bahn, im Auto oder auf dem Fahrrad und hört gerade einen Song. Dann springt das Smartphone zum nächsten Lied, das aber gerade echt nicht das ist, was man hören möchte. Doch leider ist es nun ziemlich müßig, das Smartphone aus der Tasche zu fummeln, um einen anderen Song auszuwählen. Und der Sprachassistent des Telefons würde in der Hosentasche steckend wohl kaum auf Sprachkommandos reagieren oder etwas Falsches verstehen. Google Research, eine Forschungsabteilung des Tech-Konzerns Alphabet, arbeitet an einer Lösung für genau solche und ähnlich dramatische Situationen.

Die Idee der Entwickler ist das sogenannte e-textile, also eine Art intelligenter Stoff, in den leitfähige Garne eingewoben werden. Wobei sich Google in diesem Fall auf Schnüre und Kordeln statt auf flächige Textilen fokussiert. Einfach weil diese sowieso schon „sowohl als Zugbänder in Kleidungsstücken als auch als Draht-gebundene Verbindungen für Daten und Strom für Verbrauchergeräte“ genutzt werden, wie der Google-Forscher Alex Olwal schreibt. Das heißt: Die Bänder und Kabel kennt schließlich jeder, sie gehören sowieso zu vielen Kleidungsstücken oder Geräten dazu und stören nicht. Sie haben dann aber zusätzliche Funktionen.

Diese neuen Funktionen wären, wenn es nach den Google-Forschern geht, die einer simplen Fernbedienung. Dafür sollen keine dedizierten Tasten in Bänder, Schnüre und Kordeln integriert werden. Stattdessen sollen sie mit einer Art Bewegungssteuerung ausgestattet sein. Ist etwa die Kordel eines Hoodies oder auch ein Kopfhörerkabel direkt oder drahtlos mit einem Smartphone verbunden, soll sich etwa durch ein Drehen der Kordel in einem Podcast vor- und Zurückspulen oder die Lautstärke erhöhen und senken lassen. Mit einem Ziehen könnte zum nächsten Song gesprungen werden, ein Greifen und Halten könnte einen Anruf beenden und Ähnliches.

Noch in der Entwicklung, aber die Prototypen funktionieren schon

Die Idee hinter dem e-textile von Google ist vergleichsweise simpel. Mit der Helical Sensing Matrix haben die Forscher eine Kombination aus derzeit acht leitfähigen Fasern entwickelt, die als sendende und empfangende Elektroden funktionieren – und damit von leichten elektrischen Strömen umgeben sind. Greift eine Hand an die Kordel, werden diese Ströme gestört und der Griff erkannt. Wird die Kordel gedrückt, gedreht oder daran gezogen, verschieben sich Fasern und damit die elektrischen Felder gegeneinander, was ebenso gemessen wird. Die Verzerrungen der elektrischen Felder sind, meinen die Google-Forscher, so markant, dass sie vergleichsweise einfach in konkrete Kommandos übersetzt werden können. Ein versehentliches Streifen mit der Hand könne problemlos von einem gewollten Anfassen unterschieden werden.

1

Jedoch sei laut den Google-Entwicklern natürlich die Individualität jedes Menschen zu berücksichtigen. Allein schon die Größe der Hand, die Druckstärke und allgemeine Dynamik der Handbewegungen sind bei jedem anders. Daher luden die Forscher eine Gruppe von zwölf Probanden ein und sammelten insgesamt 864 individuelle Sensorproben von acht grundlegenden Griff- und Zugkommandos. Mit denen wurde dann eine Künstliche Intelligenz gefüttert, die diese lernen, auswerten und interpretieren sollte. Tatsächlich sei dann mit einer Genauigkeit von durchschnittlich 94 Prozent das korrekte Kommando erkannt worden. „Dieses Ergebnis ist ermutigend, insbesondere angesichts der Expressivität, die durch eine so niedrig auflösende Sensormatrix möglich ist“, schreibt Alex Olwal .

Dass die e-textile-Kabel auch in der Realität schon funktionieren, das zeigen die Forscher in kurzen Gif-Clips. Über ein Prototypen-USB-C-Kapel wird beispielsweise über ein Antippen ein Abspiel- und Pause-Kommando an einem Smartphone ausgelöst oder über ein Entlangstreichen am Kabel eines Smartspeakers das Musik-Genre gewechselt. Für eine visuelle Rückmeldung haben die Entwickler dabei noch eine Glasfaser eingewoben, die mit einem Blinken und Blitzen den Befehl bestätigt. Auch wenn die Technik derzeit noch in einem frühen Stadium ist, wird sie also schon getestet. Die Forscher hoffen, dass die Technik „andere dazu inspiriert, physische Objekte mit skalierbaren Techniken zu erweitern und gleichzeitig Design und Ästhetik zu wahren“. Doch Vermutlich könnte ein intelligentes Lade- oder Kopfhörerkabel auch zum Verkaufsargument für das übernächste Pixel-Smartphone werden.

Teaser-Bild: Unsplash

5 „Gefällt mir“

Tja, das wird dann dramatisch für all diejenigen, die mehr oder weniger bewusst ständig an solchen Kordeln und Schnüren rumspielen müssen…also quasi für alle :smile:

Aber vielleicht wären ja die Atemmasken ein neuer Ansatz. Fördert das bewusste und kontrollierte Atmen…Achtsamkeitsübungen inbegriffen :wink:

1 „Gefällt mir“