Forscher finden 14 lebende Verwandte von Leonardo da Vinci

Leonardo da Vinci war ein Universalgenie. Er war Künstler, Architekt, Techniker, Anatom und Philosoph. Nun wollen Ahnenforscher seinen Stammbaum nachvollzogen und 14 lebende Verwandte gefunden haben.

Von Michael Förtsch

Er hat die Mona Lisa und Das Abendmahl gemalt, einen Panzer und eine Art Automobil entworfen, das Fließen von Wasser nachvollzogen, geometrische Prinzipien festgehalten und eine Brücke entworfen, die ohne irgendwelche Nägel, Schrauben oder Seile auskommt. Bis heute faszinieren und inspirieren die Leistungen des 1452 als unehelichen Sohn eines Notars geborenen und 1519 verstorbenen Leonardo aus dem Hügeldorf Vinci. Vor fünf Jahren haben die Ahnenforscherin Agnese Sabato und der Kunstforscher Alessandro Vezzosi ein Projekt gestartet, um den Stammbaum des Genies nachzuvollziehen und herauszufinden, ob es noch Verwandte und Nachfahren von Leonardo gibt.

Direkte Nachfahren konnte das Duo nicht finden. Denn bis zu seinem Tod war Leonardo da Vinci weder verheiratet, noch hatte er Kinder. Jedoch hatte er 22 Halbbrüder, deren Nachkommenschaft und familiären Strukturen nachgezeichnet werden konnten, wie die Forscher in einer Studie ausführen, die im Fachblatt Human Evolution veröffentlicht wurde. Insgesamt haben sie durch Recherchen in Archiven, Kirchenregistern und modernen Datenbanken14 männliche noch lebende Verwandte von Leonardo da Vinci ausgemacht. Darunter sind Büroangestellte, ein Stahlarbeiter, ein Handwerker, ein Koch aber auch ein Künstler. Der älteste Verwandte ist 85. Der jüngste wurde im Jahr 2020 geboren.

Die genauen Identitäten werden aus Gründen des Datenschutzes nicht weiter ausgeführt. Ein bereits bekannter aber schon verstorbener Verwandter war der Regisseur Franco Zeffirelli, der mit seiner Verfilmung von Romeo und Julia aus dem Jahr 1968 zwei Oscars gewann.

Die Suche nach explizit männlichen Verwandten hat einen Grund. Denn Agnese Sabato und Alessandro Vezzosi hoffen mit ihren Nachforschungen auch das genealogisches Profil des Universalgelehrten zu rekonstruieren, indem sie das Y-Chromosom der ausgemachten Personen mit denen ihrer Vorfahren aus den Grabstätten bereits verstorbener Da-Vinci-Verwandter abgleichen. Dieses Chromosom, das Väter an Söhne weitergeben, soll der Studie zufolge seit 25 Generationen nahezu unverändert sein. Die Forscher hoffen also, mithilfe von Analysen der genetischen Informationen womöglich Aufschlüsse über Leonardo selbst zu gewinnen.

Konkret wollen Agnese Sabato und Alessandro Vezzosi dafür mit dem Leonardo da Vinci DNA Project des J. Craig Venter Institute zusammenarbeiten. Das Projekt will ermitteln ob das vermeintliche Grab von Da Vinci in einer Kapelle im Schloss Amboise wirklich die Überreste des Künstlers enthält. Langfristig hoffen die Forscher, mittels moderner Genetik die Eigenheiten von Leonardo da Vinci und die „Wurzeln seines Genies“ zu erklären. Unter anderem, behauptet das Duo, könnten sich in den Genen Hinweise auf „ein möglicherweise frühzeitiges Altern, seine Linkshändigkeit und seine Gesundheit und mögliche Erbkrankheiten“, „seine vielfältigen Talente“ und „bestimmte einzigartige Sinneswahrnehmungen“ finden. Unter anderem meinen Da-Vinci-Forscher, in seinen Aufzeichnungen und Werken verschiedene Hinweise auf Synästhesie und ein überdurchschnittliches Sehvermögen gefunden zu haben.

„Für bedeutsam und faszinierend halten wir die Hypothese, dass Leonardo aus einer genetischen Interaktion zweier unterschiedlicher Haplotypen, also aus den Merkmalen zweier verschiedener Populationen, entstanden ist“, schreiben Agnese Sabato und Alessandro Vezzosi. „Könnte dies der Ursprung von Leonardos Genie sein?“

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Die Behauptungen und Hoffnungen von Agnese Sabato und Alessandro Vezzosi sind nicht unumstritten. Dass das genetische Material von heutigen und in Teilen sehr entfernten Verwandten belastbare Rückschlüsse auf Leonardo zulassen könnte, gilt unter Genetikern als zweifelhaft. Ebenso ist es ungewiss, ob sich aus dem vermeintlichen Überresten von Da Vinci noch genetisches Material extrahieren lässt, das für einen Abgleich tauglich sein könnte. Jedoch soll ebenso versucht werden, DNA-Rückstände aus Tagebüchern und womöglich Skizzen von Leonardo da Vinci zu gewinnen, da dieser Tinte und Farbe zum Schreiben und Zeichnen mit Spucke vermengte. Dadurch könnte sich ein zumindest vergleichsweise genauer genetischer Fingerabdruck des Universalgelehrten erstellen lassen, der es in Zukunft vereinfachen könnte, seine Werke zu verifizieren.

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