Eine Gruppe Krypto-Enthusiasten will die US-Verfassung kaufen

In New York soll am 18. November ein seltener Erstdruck der US-Verfassung versteigert werden. Eine kleine Gruppe will verhindern, dass der in eine Privatsammlung gerät. Das wollen die Aktivisten mit einer Spendenaktion und einer Blockchain-Organisation schaffen, die die Verfassung ersteigern und anschließend verwalten soll.

Von Michael Förtsch

Ende dieser Woche wird das Auktionshaus Sotheby’s in New York City den letzten in Privatbesitz befindlichen Erstdruck der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika versteigern. Schätzungen zufolge dürfte das Exemplar einen Preis von 15 bis 20 Millionen US-Dollar erreichen. Denn es handelt sich um einen von nur elf verbliebenen Erstdrucken von 1787. Der Verfassungsdruck wird zuweilen Goldman-Verfassung genannt, da er sich seit den 1980ern in der Sammlung der Goldman-Familie befindet. Eine Gruppe will nun verhindern, dass dieses Stück US-amerikanischer Geschichte erneut in einer privaten Sammlung landet. Daher wurde nun ein Spendenaufruf gestartet. Aber nicht mittels einer Crowdfunding-Seite, sondern einer sogenannten DAO – einer voll-automatisierten Organisation, die auf der Ethereum-Blockchain läuft.

Die ConstitutionDAO wurde vom Entwickler Julian Weisser und einer kleinen Gruppe weiterer Krypto-Enthusiasten aufgestellt und hat eine einfaches Ziel: „Wir kaufen die US-Verfassung.“ Mit der Kryptowährung Ether kann jeder einen kleinen Betrag beisteuern, der dann in einen gemeinsamen Geldpool fließt. Als Gegenwert erhalten die Spender wiederum sogenannte People-Token ausgezahlt. Wie Weisser und die anderen DAO-Entwickler erklären, würde die Verfassung, sollte genug Geld für die Versteigerung zusammen kommen, aber nicht der ConstitutionDAO gehören, sondern allen, die gespendet haben. In weniger als zehn Stunden nach dem Start der DAO kamen bereits über 542 Ether zusammen – rund 2,7 Millionen US-Dollar.

„Je nachdem, wie viel du beisteuerst, wird ein Teil der Verfassung dir gehören“, heißt es in einer Erklärung der Idee. Und da die Verfassung jedem gehört, soll auch jeder mitentscheiden können, was mit ihr passiert. Und zwar über die DAO, bei der die People-Token das eigene Stimmgewicht repräsentieren. Gemeinsam soll darüber abgestimmt werden, wie und wo die Verfassung beispielsweise ausgestellt wird oder ein „dauerhaftes und sicheres zu Hause“ findet. Gesetzt sei nur, dass die Verfassung „den Bürgern“ gehört und sie daher nicht einfach weggeschlossen werden soll. Daher wäre es wohl am wahrscheinlichsten, dass der Druck zunächst als Leihgabe oder gegen eine Mietgebühr in ein Museum kommt – unter den Kandidaten sind das Smithsonian, das Metropolitan Museum of Art und die New York Historical Society.

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Es könnten noch weitere Artefakte gekauft werden

Laut Connor Swenberg, einem weiteren Entwickler der ConstitutionDAO, müsse aufgrund rechtlicher Bestimmungen ein offizieller Vertreter der DAO bei der Auktion mitbieten. Ansonsten müsse beim Auktionshaus Sotheby’s, das in der Vergangenheit bereits NFTs versteigerte und daher Erfahrungen mit Kryptowährungen hat, nur nachgewiesen werden, dass die DAO über die entsprechenden Mittel verfügt, um ein hohes Gebot auch tatsächlich zu begleichen. Bezahlt werden muss bei dieser Auktion letztlich in US-Dollar – die gesamte Summe muss also von Ether in US-Dollar getauscht werden. Mit FTX hat sich bereits eine Krypto-Börse gefunden, die das übernehmen will.

Sollte die ConstitutionDAO erfolgreich sein, sollen mittels der Blockchain-Organisation später auch andere Entscheidungen getroffen und Zukunftspläne gemacht werden. Beispielsweise soll es Abstimmungen geben, ob von der Goldman-Verfassung ein digitales Gegenstück als NFT erstellt wird oder sogar, ob und welche anderen historischen Artefakte ersteigert werden könnten. Als unfreiwilliges Maskottchen hat die ConstitutionDAO übrigens den Schauspieler Nicolas Cage gewählt, der im Film Das Vermächtnis der Tempelritter die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten stiehlt.

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Das hat ja nun (leider) nicht ganz geklappt, die Verfassung ging an den CEO eines Hedge-Funds. Aber immerhin hat der schon zugesichert, sie einem Museum zur Verfügung zu stellen.

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