Nach der Ablehnung staatlicher Hilfen für das bayerische Luftfahrt-Start-up Lilium muss das Unternehmen nun Insolvenz anmelden. Das geht aus einer Mitteilung der US-Börsenaufsicht hervor. Die beiden zentralen Tochterunternehmen des Start-ups sind nicht mehr zahlungsfähig und können den Geschäftsbetrieb nicht fortführen.
Von Michael Förtsch
Vor fast zehn Jahren wurde das deutsche Luftfahrt-Start-up Lilium von mehreren Ingenieuren und Doktoranden aus dem Umfeld der Technischen Universität München gegründet. Ihr erklärtes Ziel war es, neue Luftfahrzeuge für den Einsatz in und zwischen urbanen Räumen zu entwickeln, die leise, elektrisch und vor allem flexibel einsetzbar sind: Flugtaxis. Bereits 2017, zwei Jahre nach der Gründung, präsentierte das zunächst in Garching, dann in Gauting ansässige Unternehmen einen ersten Prototypen, der sich vor allem durch seinen Antrieb auszeichnete. Denn anders als bei anderen Flugtaxi-Konzepten, die zu dieser Zeit ebenfalls in der Entwicklung waren, kamen bei Lilium keine großen Multikopter-Rotoren zum Einsatz, sondern viele kleine Mantelpropeller, die in breite Flügel integriert wurden.
Aus dem Prototyp wurde über mehrere Jahre der sogenannte Lilium Jet entwickelt, der zunächst vor allem wohlhabenden Menschen private Flüge mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern ermöglichen sollte. Als Zukunftsvision präsentierte das Unternehmen zudem futuristische und insbesondere luxuriöse Mini-Flugplätze, die als sogenannte Vertiports an bestehende Flugplätze angeschlossen, am Stadtrand oder sogar auf Hochhäusern in Metropolen installiert werden könnten. Allerdings wurden in den letzten Jahren immer wieder erhebliche Zweifel an der Technologie, den Reichweitenversprechen und auch am Geschäftsmodell von Lilium laut.
Zuletzt geriet Lilium in finanzielle Schieflage und warb erfolglos um neue Investoren und staatliche Hilfen. Bayern hatte bereits eine Bürgschaft in Höhe von 50 Millionen Euro zugesagt, wenn auch der Bund die gleiche Summe beisteuern würde. Letzteres wurde von der Regierungskoalition jedoch abgelehnt. Wie Daniel Wiegand, Mitgründer und Chefentwickler von Lilium, vor der Entscheidung zu 1E9 sagte, hätte das Darlehen des Bundes auch weitere Investitionen privater Investoren „in der Größenordnung von 100 Millionen Euro“ gesichert.
Wie jetzt aus einer Meldung der US-Börsenaufsicht und einer Mitteilung von Lilium selbst hervorgeht, ist Lilium praktisch pleite. Denn den beiden zentralen Tochtergesellschaften der Holding des Start-ups fehlen die Mittel, um den Betrieb weiterzuführen. Die Lilium GmbH und die Lilium eAircraft GmbH seien überschuldet und „nicht in der Lage […], ihre fälligen Verbindlichkeiten in den nächsten Tagen zu begleichen“. Daher soll in den nächsten Tagen ein Insolvenzantrag nach deutschem Recht gestellt werden. Insgesamt soll sich der Verlust von Lilium auf 1,5 Milliarden Euro belaufen.
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Jetzt Mitglied werden!Erster bemannter Flug war für 2025 geplant
Der erste bemannte Flug des Lilium Jets war bislang für 2025 geplant. Im Jahr darauf sollten die ersten Modelle an Kunden ausgeliefert werden. Das Scheitern der Bürgschaft für das Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitern war daher teilweise heftig kritisiert worden. In einer Erklärung des Startup-Verbandes hatten sich zahlreiche Gründer aus der Technologie-, Luft- und Raumfahrtbranche für den Kredit ausgesprochen. Denn ein Scheitern von Lilium würde dem Technologie- und Innovationsstandort Deutschland massiv schaden.
Wie es mit Lilium weitergeht, ist ungewiss. Es besteht die Möglichkeit, dass das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu einer Restrukturierung des Unternehmens, einer Anpassung des Geschäftsmodells und einem neuen Investorenprozess führt, der den Fortbestand von Lilium ermöglichen könnte. Ob das Bezirksgericht dem Antrag auf Eigenverwaltung stattgeben wird, ist derzeit noch offen. Es ist aber auch möglich, dass festgestellt wird, dass Lilium als Unternehmen nicht fortgeführt werden kann und liquidiert wird. In diesem Fall könnten sowohl das haptische als auch das intellektuelle Eigentum, wie die über die Jahre entwickelten Technologien und Patente, verkauft werden, um die Zahlung der ausstehenden Beträge an die Gläubiger zu ermöglichen.
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