Darf Twitter gar nicht X heißen, weil Microsoft die Rechte an der Marke besitzt?

Vor fast einem Jahr kaufte Elon Musk das Social Network Twitter. Seitdem hat er das Unternehmen kräftig durcheinandergewirbelt, zahlreiche Änderungen an der Plattform vorgenommen und viele Nutzer vergrätzt. Jetzt erlebt Twitter einen der größten Umbrüche: Die Plattform soll offiziell in X umgetauft werden und das legendäre Vogellogo verschwinden. Das ist aber nicht so einfach.

Von Michael Förtsch

Rund 44 Milliarden US-Dollar musste Elon Musk im vergangenen Oktober für Twitter zahlen. Der Tesla-Chef hatte zugestimmt, die Plattform zu kaufen, wollte dann aber einen Rückzieher machen. Um einem Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen, zog Musk den Kauf dann doch noch durch – und wurde so zum Besitzer eines der bekanntesten Social Networks. Das lenkt er seither eher erratisch und impulsiv. Der Multimilliardär knüpfte die Nutzerverifikation an eine Abogebühr, ließ den Algorithmus für die Präsentation von Tweets anpassen und führte ein Leselimit für Nutzer ein, die nicht zahlen. Dass Twitter mit der US-amerikanischen Werbemanagerin Linda Yaccarino seit Juni eine neue CEO hat, änderte daran wenig. Auch der neueste und bislang sichtbarste Wandel bei Twitter kam ziemlich unerwartet und wirkt für Außenstehende überstürzt.

Wie Musk am 23. Juni angekündigt hat, sollen der Name Twitter und das bekannte Logo mit dem blauen Vogel von der Plattform verschwinden. Stattdessen werde das ehemalige Twitter komplett in die Marke X übergehen. Musk forderte in einem Tweet dazu auf, X-Logo-Entwürfe zu posten. Fände er eines davon gut, würde es „weltweit live gehen“. Bereits am darauffolgenden Tag war es dann tatsächlich soweit. Der blaue Vogel auf der Website wurde durch ein, wie Elon Musk betonte, temporäres X-Logo ersetzt – das, wie Twitter-Nutzer schnell bemerkten, sehr dem Buchstaben X aus dem Unicode-Schriftsatz ähnelt. Außerdem wurde eine Umleitung der Domain X.com auf Twitter.com geschaltet.

Am gleichen Tag wurden Installateure beauftragt, den Schriftzug am Hauptquartier des Social Networks in San Francisco zu entfernen. Offenbar, wie zunächst unter anderem The Verge berichtet, ohne vorher eine Genehmigung für die Arbeiten und die Nutzung einer Hebebühne einzuholen. Denn die Arbeit wurde gestoppt – wodurch weiterhin das „er“ des Twitter-Schriftzugs sichtbar ist. Die Polizei räumte später jedoch ein, dass keine Verfehlung festgestellt werden konnte und es sich nicht um eine Polizeiangelegenheit gehandelt hätte. Am Abend ließ die Twitter-Führung ein großes X auf das Hauptquartier projizieren.

Die Firma Twitter Inc. existiert übrigens bereits seit dem 4. April offiziell nicht mehr. Sie ging an diesem Tag in einer neuen Firma namens X Corp. auf.

Besitzt Microsoft die Marke X?

Die Umbenennung des Dienstes von Twitter in X wird von vielen Nutzer kritisch gesehen und belächelt. Auch Marketing- und Wirtschaftsexperten halten den Schritt für radikal und riskant. Denn Twitter sei eine etablierte und Milliarden Euro schwere Marke, die einen essentiellen Teil der Internet-, Debatten- und Popkultur darstellt. Dazu ist unsicher, ob Elon Musk überhaupt das Recht besitzt, Twitter in X umzubenennen.

Offenbar befinden sich die Trademark-Rechte an X im Besitz von Microsoft, wie der Markenrechtsexperte Andres Guadamuz von der Unversity of Sussex feststellte. Ebenso besitzt die Facebook-Firma Meta die Rechte an einer Bildmarke für Social Networks, die ein stilisiertes X zeigt. „Musk hat also eine geliebte und starke Marke zerstört für mögliche jahrelange Rechtsstreitigkeiten und möglicherweise keine Marke“, wie Andres Guadamuz schreibt. Laut dem Markenrechtsanwalt Josh Gerben existieren alleine in den USA noch 900 weitere Marken, die mit dem einzelnen Buchstaben X verbunden sind.

Darüber hinaus scheint Elon Musk nur im Besitz der Domain X.com zu sein, die er 2017 von PayPal zurückgekauft hatte. Die von der Domain unabhängige Wortmarke X.com, die Elon Musk 1999 für die Gründung einer der ersten Online-Banken registriert hat, gilt laut dem Markenverzeichnis seit 2010 als „aufgegeben“. Die Online-Bank X.com fusionierte später mit dem Konkurrenten Confinity. Aus diesem Unternehmen wurde später PayPal.

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Das jetzige Ziel von Elon Musk ist es, wie er Investoren vor dem Twitter-Kauf erklärte, basierend auf der Twitter-Plattform eine Alles-App namens X aufzubauen. Die solle dem Vorbild von WeChat folgen, eine chinesische Messenger-App, die jedoch auch zahlreiche weitere Funktionen umfasst. In China kann über WeChat Geld versendet, ein Taxi geordert, Essen bestellt und sogar ein Termin beim Friseur oder Arzt gebucht werden.

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