Einst waren sie das Symbol für technischen Fortschritt, die Zukunft der Mobilität und der Luftfahrt. Weit vor den Flugzeugen waren es nämlich Luftschiffe und Zeppeline, die die Menschen über Grenzen und Ozeane hinweg verbanden. Doch unglückliche Katastrophen beendeten das Zeitalter der schwebenden Giganten. Nun könnten sie – erneut – zurückkommen.
Von Michael Förtsch
Es war eine Konstruktion, die auch heute noch ziemlich elegant erscheint. Im Jahre 1852 konstruierte der französische Erfinder Henri Giffard ein faszinierendes Luftfahrzeug. Es bestand aus einem Zigarren-förmigen Ballon, der mit einem dichten Netz überworfen wurde, es war damit das erste Prallluftschiff. Daran hing eine kleine Gondel, die mit einer Drei-PS-Dampfmaschine samt Propeller ausgestattet war. Am 24. September 1852 bestieg Giffard dann das Giffard 1 getaufte Gefährt und unternahm einen Jungfernflug. Ganze 27 Kilometer legte er in einer Höhe von bis zu 1.800 Metern und einer Geschwindigkeit von immerhin 9 Kilometern pro Stunde zurück. Henri Giffard hatte damit das erste wirklich funktionierende Luftschiff gebaut – und damit eine echte Zukunftstechnologie entwickelt.
Nur knapp 50 Jahre später waren Luftschiffe auf mehreren Routen in Deutschland aber auch anderen Ländern unterwegs. Insbesondere die modernen Starrluftschiffe, bei denen nicht nur eine Gondel unter einer mit Gas gefüllten Hülle hängt. Stattdessen verfügten sie über eine aus Gitterrahmen gefertigte und überspannte Hüllenstruktur. Teile davon waren für das Treibgas vorgesehen, andere für Passagiere und Crew. Die zwischen 130 und 160 Metern langen Schiffe transportierten Menschen und Fracht. Ab 1919 verbanden solche und andere Luftschiffe auch den europäischen mit dem amerikanischen Kontinent. Und das in auch heute noch beeindruckenden Zeitspannen. Das britische Luftschiff R34 brauchte für den Hinflug nur 108, für den Rückflug nur 75 Stunden. Selbst moderne Transportschiffe auf dem Wasser sind da nicht schneller.
Die Luftschiffe entwickelten sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Luftgefährt schlechthin. Sie waren fliegende Luxus- und Transportmaschinen. Städte wurden mit Landeplätzen und Ankermasten ausgestattet und immer größere Luftschiffe wurden geplant. Jedenfalls bis ihre Ära abrupt endete – mit der Explosion der LZ 129, der Hindenburg. Als das Luftschiff am 6. Mai 1937 in Lakehurst, New Jersey zur Landung ansetzte, entzündete sich seine Wasserstofffüllung. Das Schiff ging in Flammen auf und 35 Menschen starben. Es war nicht die erste Luftschiffkatastrophe, auch nicht die schlimmste – bei weitem nicht. Aber es war die erste, die auf Film festgehalten und live im Radio übertragen wurde. Das Vertrauen in die Sicherheit der Luftschiffe war plötzlich dahin – und allmählich verschwanden die Giganten der Lüfte.
Der Aufstieg
Fast ein Jahrhundert ist seit der Hindenburg-Katastrophe vergangen. Luftschiffe sind heute Kuriositäten und Attraktionen. Fliegt mal eines am Himmel, ist das eine Besonderheit, die Menschen in die Höhe schauen und ihr Smartphone zücken lässt. Aber es scheint, als könnten die Luftschiffe nun – nachdem ein Comeback-Versuch mit den Cargoliftern vor 20 Jahren scheiterte – tatsächlich zurückkehren und ihre Renaissance erleben. Am Vorboten dieser Rückkehr wird seit fast zwölf Jahren in einem großen Hangar im britischen Bedford gearbeitet. Denn dort entsteht bei einem Unternehmen namens Hybrid Air Vehicles der Airlander 10. Mit ihm soll „der Himmel neu gedacht werden“, sagt Tom Grundy, Chef von Hybrid Air Vehicles. „Wir bauen damit ein modernes Luftschiff, das die besten Elemente der bekannten Luftschiffe mit neuen Methoden und Überlegungen verbindet.“
Die Entwicklung des Airlander 10 begann dabei als Militärprojekt. Mit dem HAV 304 sollte Hybrid Air Vehicles für das US-Militär ein Luftschiff für mehrtägige Aufklärungs- und Spionagemissionen entwickeln. Geplant und gebaut wurde damit der Prototyp des modernen Hybrid-Luftschiffes. Also eines Luftschiffes, das sowohl mit Leichter-als-Luft-Gas als auch einem aerodynamisch geformten Körper und Propellern für Auftrieb sorgt. Dessen Hülle bestand aus High-Tech-Materialien wie Kevlar und Vectran, die sie luftdicht und stabil machten, so dass es, selbst, wenn es nicht mit Gas befüllt ist, ohne Stützstruktur seine Form behält. Trotz eines erfolgreichen Flugs des Prototypen wurde das Projekt im Jahr 2012 vom US-Militär eingestellt. Daher entschlossen sich die Gründer von Hybrid Air Vehicles das HAV 304 umzuplanen – für die zivile Nutzung als Airlander 10.
Wir bauen [mit dem Airlander 10] ein modernes Luftschiff, das die besten Elemente der bekannten Luftschiffe mit neuen Methoden und Überlegungen verbindet.
Tom Grundy
Die Ingenieure glauben, dass ein modernes Luftschiff nicht nur machbar, sondern auch sinnvoll ist. Vor allem angesichtsdes Klimawandelns und strengerer Emissions- und Umweltschutzauflagen. Das 92 Meter lange Schiff soll bis zu zehn Tonnen transportieren und rund 7.400 Kilometer am Stück zurücklegen können. Und das nicht nur mit Frachtladungen, sondern auch mit Passagieren. Bis zu 100 Personen sollen im dicken Bauch des Airlander 10 Platz finden. Zum Einsatz könnte er genau auf den viel kritisierten Routen kommen, meint HAV-Gründer Tom Grundy, die Flugzeuge sonst als Kurzstrecken absolvieren.
Laut Grundy könnten Routen wie Barcelona nach Palma de Mallorca statt mit dem Flugzeug auch mit einem Airlander abgedeckt werden. Statt 50 Minuten würde der Flug zwar rund viereinhalb Stunden dauern. Aber es würde auch viel des typischen Flughafenrummels entfallen und der CO-2-Fußabdruck pro Passagier von 54 Kilogramm auf nur 4,5 Kilogramm reduziert. Weitere Strecken, die Hybrid Air Vehicles bereits austariert hat, sind Liverpool nach Belfast, Oslo nach Stockholm und Seattle nach Vancouver. Auch in Deutschland könnte der Airlander fliegen. „[Der Airlander 10] ist kein Luxus-Produkt, sondern eine praktische Lösung für die Herausforderungen der Klimakrise“, sagt Grundy. Und zwar eine, die schon Realität ist.
Der Airlander 10 fliegt als Prototyp und wurde bereits von der European Union Aviation Safety Agency abgenommen. Die ersten Serien-Exemplare sollen 2025 abheben. Deren vier Propeller sollen noch von je einem Dieselmotor angetrieben werden. Eine voll-elektrische Variante des Airlander 10 ist jedoch schon in Planung. Deren CO2-Fußabdruck soll dann noch kleiner ausfallen.
Die Lösung für alles?
Gennadiy Verba teilt die Träume der Airlander-Entwickler. Auch er arbeitet darauf hin, Luftschiffe in den Alltag der Menschen zurückzuholen. „Es ist eine tolle Technologie“, sagt er im Gespräch mit 1E9. „Und sie hat eine bessere Zukunft, mehr Aufmerksamkeit und mehr Verbreitung verdient.“ Daher startete er im Jahre 2016 das Unternehmen Atlas LTA mit Sitz in Rosh Ha’Ayin, Israel. „Es ist das, was ich tue“, sagt er. „Ich mache das seit 35 Jahren. Fast mein ganzes Leben.“ Bereits in der ehemaligen Sowjetunion konstruierte er Luftschiff. Dann in den USA, wo er mit einem Schulfreund Worldwide Aeros gründete, das heute vor allem führerlose Prallluftschiffe als fliegende Funkbaken, Werbeflächen und Überwachungsstationen fertigt.
Mit Atlas LTA will Verba bis 2029 eine Familie von Prallluftschiffen mit Gondeln bauen, so wie sie hin und wieder im Sommer bei Rundflügen über Deutschland zu sehen sind. Sie sollen bis zu 72 Meter lang werden, bis zu 24 Passagiere fassen und hybrid- oder rein-elektrisch unterwegs sein.Das erste davon soll in zwei Jahren seinen Jungfernflug erleben. Im Grunde wären diese Luftschiffe kleine Busse oder S-Bahn-Waggons an einem großen Ballon. Sie sollen zunächst als Touristenattraktion eingesetzt werden. Sei es für Touren über Jerusalem, den Grand Canyon, Las Vegas, Mallorca oder vorbei am Schloss Neuschwanstein. Das sei einfach der beste Weg, um die Menschen wieder mit Luftschiffen vertraut zu machen. „Luftschiffe existieren derzeit in einer Nische, die es zu füllen gibt“, sagt Verba. „Aber mit der Zeit wird diese Nische wachsen.“
Dass die Luftschiffe pauschal klassische Linienflüge überflüssig machen, das glaubt Verba aber nicht. „Wir wollen auch der Bahn keine Konkurrenz machen und ich glaube, dass große Flugzeuge über weite Strecken sehr effektiv sind“, so der Ingenieur. Ein Luftschiff zwischen Berlin und Hamburg einzusetzen, wo eine schnelle Zugverbindung besteht, das sei daher Unfug. Aber die Luftschiffe könnten Regionen an die Verkehrswelt anbinden, die bislang eher schlecht angebunden oder nur mit vielen Umstiegen zu erreichen sind. „Das wären ländliche Regionen, Dörfer im Nirgendwo, die über kaum oder keine Infrastruktur verfügen“, sagt er. „Oder auch Inseln und durch das Meer geteilte Metropolen, die sonst nur mit Fähren zu überqueren sind.“
Von Berlin nach London oder von Berlin nach Stockholm direkt über das Wasser. Das wäre damit kein Problem und effektiver als ein Flugzeug.
Gennadiy Verba
Zu denen sieht er aber nicht unbedingt die kleinen Atlas Electric Airships fliegen, sondern eher ein Atlant: ein in drei großen Größen geplantes Hybrid-Luftschiff ähnlich dem Airlander 10, das sich bei Atlas gerade in der Forschungs- und Entwicklungsphase befindet. Es soll mit einer festen Außenhülle gefertigt werden und in der großen rund 200 Meter langen Variante bis zu 165 Tonnen hieven. Weit über 100 Passagiere zu transportieren wäre damit kein Problem. „Von Berlin nach London oder von Berlin nach Stockholm direkt über das Wasser“, sagt er. „Das wäre damit kein Problem und effektiver als ein Flugzeug.“ Mit einem entsprechenden Luxus-Ausbau könne ein Atlant auch so manches Kreuzfahrtschiff ersetzen – und die Passagiere über einzigartige Routen über den Nordpool und exotische Inselwelten tragen. Nur eben in größerer Höhe. Der eigentliche Einsatzzweck, meint Gennadiy Verba, sei zwar weitaus weniger schick, aber umso nützlicher: der Schwertransport.
Dicke Schiffe für dicke Last
Bei der Konstruktion von Luftschiffen existieren keine engen Grenzen. Sie können klein, aber auch riesig sein. Und je größer sie sind, je mehr Gas sie fassen können, umso mehr können sie auch schleppen. Und das macht sie zu echten Transportmaschinen. Hybrid Air Vehicles konzipiert mit dem Airlander 50 bereits eine Variante seines Luftschiffes, das bis zu 50 Tonnen tragen soll. Daneben arbeitet auch das französische Start-up Flying Whales gerade an einem 60-Tonnen-Schiff, das nach Vorbild der klassischen Starrluftschiffe konzipiert ist. Und auch das sehr verschwiegene US-Unternehmen LTA Research, das von Google-Gründer Sergey Brin finanziert wird, forscht in diese Richtung. Seien es große Ladungen von Postpaketen, die einmal quer über Wasserflächen gebracht werden müssen. Oder Fahrzeuge und Maschinerien für Bergbauunternehmen und Hilfsorganisationen, die weitab in sonst kaum zugänglichen Regionen in der nordamerikanischen Wildnis oder in Dörfern in afrikanischen Staaten arbeiten. Derartige Luftschiffe wären dafür ideal.
Die derzeit größte geplante Variante von Atlas Airships’ Atlant soll sogar bis zu 165 Tonnen hieven und aufgrund ihrer flachen Hülsenkonstruktion sogar auf Wasser landen können. „Wir brauchen nicht viel“, sagt Gennadiy Verba. „Ein bisschen Platz, um aufzusetzen genügt.“ Solch moderne und tragstarke Hybrid-Luftschiffe können selbst dann noch landen, wenn Flughäfen beispielsweise durch Überschwemmungen oder ein Erdbeben zerstört sind. Damit sollen sich dutzende Notunterkünfte für Katastrophenfälle sicher transportieren lassen. Aber auch äußerst sperrige Lasten, die sonst nur sehr langsam und mit hohem Planungsaufwand über die Straßen gelangen: die Flügel von großen Windkraftanlagen, Stahlträger für Hochhauskonstruktionen und Raketenstufen beispielsweise, die mit dem sicher schwebenden Koloss auch gleich in die Montageposition herabgelassen oder aufgestellt werden könnten.
Dass ein Luftschiff gegenüber eher klassischen Transportmitteln vielleicht langsamer ist, ist laut dem Luftschiffbauer Verba nicht von Bedeutung. „Es ist eigentlich egal, ob wir länger brauchen, wenn wir große Lasten günstiger und weiter transportieren können als ein Helikopter oder ein Flugzeug“, sagt er. „Das ist eine gigantische Nische.“ Genau dieser Ansicht ist auch Sergei Bendin, der dem russischen Luftschiffbauer Airship Initiative Design Bureau Aerosmena vorsteht. Dieser arbeitet an einer so ungewöhnlichen wie tragkräftigen Variante von Luftschiffen, die vom im Sommer 2020 am Coronavirus verstorbenen Ingenieur Orfey Kozlov erdacht wurde.
Die Aerosmena sollen kreisrund ausfallen und damit an fliegende Untertassen erinnern. Eine Idee, die sich über ein einst vom Öl- und Gasriesen Gazprom finanziertes Luftschiffprojekt namens Locomosky bis zu Forschungsbemühungen von Sowjetwissenschaftlern namens Thermoplan am Moskauer Luftfahrtinstitut zurückverfolgen lässt. Bei Letzterem sollten „Luftschiffe für den Einsatz im schwer zu erschließenden und von unstetem Wetter gepeinigten Sibirien“ konzipiert werden, wie Bendin sagt.
Die Nachfrage nach solchen Luftfahrzeugen ist sowohl in Russland als auch in der Welt recht hoch.
Sergei Bendin
„Die [von den Forschern entwickelte Untertassen-]Form ermöglicht es, die seitliche Verwindung des Luftschiffs zu minimieren“, erklärt Bendin im Gespräch mit 1E9. Außerdem könne das Luftschiff durch diese Form „effektiver ballastiert“ werden und bis zu 250 Kilometer pro Stunde erreichen. Die nur in Teilen mit einer festen Hülle ausgestatteten Untertassen sollen irgendwann in vier unterschiedlichen Größen aus russischen Konstruktionshallen schweben. Die kleinste soll bis zu 20 Tonnen tragen können, die größte hingegen ganzen 600 Tonnen – sei es an Frachtgut oder Menschen. Für den Auftrieb sollen dabei Helium und auf 200 Grad Celsius erhitzte Luft sorgen.
Laut Sergei Bendin sei die Forschungs- und Entwicklungsarbeit fast abgeschlossen. Und mit einem passenden Geldgeber könne ein erstes 20- aber vielleicht auch ein 60-Tonnen-Modell der UFO-Luftschiffe zwischen 2024 und 2025 abheben. Potentielle Kunden dafür gäbe es schon genug. „Die Nachfrage nach solchen Luftfahrzeugen ist sowohl in Russland als auch in der Welt recht hoch“, sagt Bendin. Bereits jetzt gebe es bei dem Unternehmen Anfragen von internationalen Großunternehmen, die beispielsweise regelmäßig schwere und sperriges Equipment zu Ölbohrplattformen liefern müssen, dessen Transport selbst mit Lastenhubschraubern schwierig und sehr teuer ist.
In allen Ecken der Welt gibt es sinnige und effektive Möglichkeiten, Luftschiffe einzusetzen. Große und kleine. Dass das bisher nicht passiert, hat laut Sergei Bendin auch mit mangelnder Vorstellungskraft und Innovationslust zu tun. Flugzeuge und Helikopter würden einfach als gegebene Realität des Luftverkehrs akzeptiert – ebenso wie Flugplätze als Orte, an denen der Luftverkehr stattfindet. Luftschiffe aber eben nicht. Insbesondere im Lastentransport könnten Luftschiffskonstrukteure in Zukunft jedoch zeigen, dass Luftschiffe eine Möglichkeit und Alternative darstellen, die durchaus berechtigt ist. Auf diese Art und Weise könnten sie ihre „Rolle definieren und einen Platz finden“, sagt Bendin. Insbesondere könnten sie sich als ökonomisch logische Lösung für die moderne Luftfahrt beweisen. Funktioniert das, könnten wir schon zum Ende des Jahrzehnts die Renaissance „einer neuen Generation von Luftschiffen“ erleben.
Riesenvisionen
Nicht nur die einfach logischen Einsatzzwecke, ihr günstiger Betrieb und ihre Effektivität könnten die Luftschiffe in die Lüfte zurückbringen. Sondern auch der Klimawandel als Generationenherausforderung und die pure Notwendigkeit eines emissionsärmeren Luftverkehrs. Und das nicht nur auf kurzen Strecken, wo Flugzeuge wenig sinnvollsind oder keine Flughäfen existieren. Sondern auch auf den Routen die bislang große Frachtschiffe befahren, meinen zumindest Wissenschaftler. In einer Studie aus dem Jahr 2019 schlägt ein internationales Team von Forschern vor, gezielt Luftschiffe in die niedrigen Ausläufer des Jetstream zu lenken, Bändern von Starkwinden, die die Erde in der oberen Troposphäre und Stratosphäre umzirkeln. Die Luftschiffe würden in Höhen von zehn bis 20 Kilometern von den 160 Kilometer pro Stunde starken Winden einfach mitgezogen und könnten Fracht „mit geringerem Treibstoffbedarf und kürzerer Reisezeit im Vergleich zur herkömmlichen Schifffahrt transportieren“.
Es gäbe zahlreiche Routen, die sich so in erstaunlich kurzen Zeiträumen absolvieren ließen. Darunter auch Stadt-zu-Stadt-Verbindungen: Auf der nördlichen Hemisphäre ließen sich über den Streamjet direkt Tokio, Peking, Istanbul, Lissabon und Washington anfliegen. „Eine Weltumrundung würde auf der nördlichen Hemisphäre 16 Tage und auf der südlichen Hemisphäre 14 Tage dauern“, so die Forscher. Im Vergleich mit ähnlichen Flug- und Schiffsverbindungen wären die Treibhausgasemissionen bei einem Luftschiff nicht nennenswert – und auch die Kosten wären deutlich niedriger. Denn Energie müsste fast nur verbraucht werden, um in den Jetstream hinein und wieder herauszusteuern.
Jedoch sehen die Forscher auf solchen Routen keine kleinen Luftschiffe wie das Atlant oder die UFO-Schiffe von Aerosmena, sondern geradezu absurd riesige Giganten: Luftschiffe, die über 2,4 Kilometer messen und bis zu 20.000 Tonnen tragen. Gefüllt werden müssten die Riesenschiffe mit Wasserstoff, der günstig und komplett mit erneuerbaren Energien erzeugt werden müsste. Das wäre auch deutlich sicherer als noch zu Zeiten der Hindenburg. Moderne Hüllen schützen das Gas besser und verhindern elektrische Ladungen in der Luft. Dazu machen moderne Additive das Gas deutlich weniger leicht entflammbar. Natürlich wäre auch ein modernes Wasserstoffluftschiff nicht ganz ohne Risiko. Daher könnten die Frachtluftschiffe auch autonom und ohne Crew fliegen. Für Passagierschiffe könnten andere Ladungen wie Helium genutzt werden. Technisch spräche nichts gegen diese Zukunftsvision, argumentieren die Forscher aber auch Luftschiffkonstrukteure.
Verstehe, was die Zukunft bringt!
Als Mitglied von 1E9 bekommst Du unabhängigen, zukunftsgerichteten Tech-Journalismus, der für und mit einer Community aus Idealisten, Gründerinnen, Nerds, Wissenschaftlerinnen und Kreativen entsteht. Außerdem erhältst Du vollen Zugang zur 1E9-Community, exklusive Newsletter und kannst bei 1E9-Events dabei sein. Schon ab 2,50 Euro im Monat!
Jetzt Mitglied werden!Luftschiffe sind keine alte Technologie mehr, sie sind heute wieder eine neue Technologie.
Gennadiy Verba
Auch Gennadiy Verba ist überzeugt, dass ein vollumfänglicher Klima- und Umweltschutz im Einklang mit günstigen Transport- und Reisemöglichkeiten langfristig womöglich auch solche großen Luftschiffe braucht, um erreichbar zu sein. „Das ist der einzige Weg: größere Luftschiffe“, sagt er. Allerdings sei „die Industrie bisher nicht erwachsen genug“, um solche Titanen zu liefern. „Die moderne Luftschiffsindustrie ist jung“, erklärt er. Es müsse geforscht werden, um Technologien und Konzepte zu entwickeln, die größere Luftschiffe ermöglichen – oder einfach bessere Luftschiffe. Die aktuellen Projekte und Vehikel wären nur ein erster Schritt auf einem weiten Weg, um die Luftschiffe wieder in die Luftfahrt zurückzubringen. „Luftschiffe sind keine alte Technologie mehr, sie sind heute wieder eine neue Technologie“, meint Verba. „Haben sie (als neue Technologie) aber Erfolg, wird das für uns alle gut sein.“
Hat dir der Artikel gefallen? Dann freuen wir uns über deine Unterstützung! Werde Mitglied bei 1E9 oder folge uns bei Twitter, Facebook oder LinkedIn und verbreite unsere Inhalte weiter. Danke!
Teaser-Bild: Atlas Airships