Ubisoft startet NFT-Plattform für Videospiele auf der Tezos-Blockchain

Der französische Videospielgigant Ubisoft experimentiert bereits seit einigen Jahren mit der Blockchain-Technologie und NFTs. Nun hat der Hersteller von Videospielreihen wie Assassin’s Creed und Far Cry eine Plattform für NFTs angekündigt. Die NFTs sollen von Spielern gesammelt werden und sich in Games wie Ghost Recon Breakpoint als Waffen, Rüstteile und Fahrzeuge nutzen lassen.

Von Michael Förtsch

Im Jahr 2015 stellte der Entwickler Cyrus Adkisson auf der Konferenz DEVCON1 ein Projekt namens Etheria vor. Dabei handelt es sich um digitale Ländereien, die als Hexagone zu einem kleinen Kontinent und Inseln zusammengefasst sind. Das Besondere: Jede dieser Parzellen ist als ein einzigartiger Token auf der Ethereum-Blockchain gespeichert, der nicht zerteilt oder dupliziert werden kann. Die Besitzer können den Ländereien spezifische Namen geben, ihre Einfärbungen ändern oder sie mit Blöcken bebauen. Die virtuellen Grundstücke sind damit die Vorgänger dessen, was heute als NFT bekannt ist und Etheria das wohl erste Blockchain- und NFT-basierte Videospiel. Seit Etheria hielten die Blockchain-Technologie und NFTs immer stärker in die Welt der Videospiele Einzug – aber bislang fast ausschließlich als Teil von Indie-Games und experimentellen Projekten. Jetzt will der Assassin’s-Creed- und Far-Cry-Macher Ubisoft mit Quartz eine eigene Plattform für NFTs schaffen, die in großen Videospielproduktionen als Gegenstände genutzt werden können.

Der französische Videospielkonzern verfolgt bereits seit längerem die Entwicklung von NFTs und die Nutzung der Blockchain im Bereich der Videospiele. „Wir schauen uns die Blockchain-Technologie seit fast fünf Jahren an“, sagt Nicolas Pouard, Vizepräsident des Ubisoft Strategic Innovation Lab, gegenüber 1E9. Unter anderem ist Ubisoft über sein Entrepreneurs Lab getauftes Start-up-Förderprogramm an Blockchain-Unternehmen wie Immutable, Crucible, iExec, Aleph.im und Blockchain- und NFT-Games-Entwicklern wie Horizon Blockchain Games, SoRare und Splinterlands beteiligt. Außerdem entwickelte Ubisoft bereits intern Prototypen wie das Blockchain-Videospiel Hashcraft und startete 2020 Rabbids Token, ein NFT-Sammelspiel, das auf den Hasenfiguren der Videospielreihe Raving Rabbids basiert.

Mit der Plattform Ubisoft Quartz sollen NFTs nun einen zunächst begrenzten Einzug in ein aufwendiges Mehrspielervideospiel finden. Konkret sollen die von den Ubisoft-Entwicklern Digits getauften NFTs in Ghost Recon Breakpoint integriert werden, in dem Spieler gemeinsam als Eliteeinheit auf einer fiktiven Insel im pazifischen Ozean militärische Missionen erfüllen. Die NFTs sollen im Videospiel unter anderem als Fahrzeuge, Ausrüstungsgegenstände wie Oberkörperrüstungen, Kevlarhosen oder Sturmgewehre verfügbar sein, die jeweils über eine einzigartige Seriennummer verfügen, die auf den digitalen Repräsentationen sichtbar ist. Die Digits wären dadurch „nicht nur Sammelgegenstände, sondern echte Werkzeuge, die im Spiel genutzt werden“, so die Ankündigung von Ubisoft.

Laut dem Videospielunternehmen handelt es sich bei Ubisoft Quartz um ein Experiment, wenn auch ein „großangelegtes“. Es solle helfen, die Blockchain-Technologie und NFTs für Videospiele als nutzbringende Werkzeuge zu erforschen und „nicht nur als eine weitere Monetarisierung smöglichkeit“. Durch die NFTs sollen die Spieler zu einer Art „Anteilseigner“ eines Videospiels werden, da sie nun digitale Werte, die in einem Videospiel gewonnen, erspielt und genutzt werden, durch einen Blockchain-Eintrag zertifiziert besitzen und handeln können. Ebenso soll das Experiment „das Fundament unserer Ambitionen darstellen, um ein reales Metaversum zu entwickeln“, sagt Nicolas Pouard, der die Blockchain-Projekte bei Ubisoft überschaut.

Ubisoft setzt auf die Tezos-Blockchain

Die Plattform von Ubisoft Quartz und damit auch die Digits-NFTs werden das digitale Ökosystem der Tezos-Blockchain nutzen, die vom ehemaligen Waymo-Entwickler Arthur Breitman und der Strategieberaterin Kathleen Breitman gestartet wurde. „Wir haben uns dafür entschieden, Ubisoft Quartz auf Tezos aufzubauen, weil wir mit dieser Blockchain die beiden Haupthindernisse überwinden können, die wir für den Start eines groß angelegten Projekts identifiziert haben: Energieverbrauch und Skalierbarkeit“, sagt Didier Genevois gegenüber 1E9, der die technische Umsetzung der Ubisoft-Blockchain-Projekte verantwortet. Anders als Ethereum setzt Tezos beispielsweise bereits jetzt auf das energiesparende Proof-of-Stake-System, um die sichere Verifizierung von Transaktionen zu ermöglichen.

Die ersten Digits-NFTs sollen kostenfrei an eine bestimmte Spielergruppe von Ghost Recon Breakpoint ausgegeben werden. Nämlich jene, die auf PC spielen – und dadurch vergleichsweise problemfrei eine mit Tezos kompatible digitale Wallet anlegen können –, mindestens 18 Jahre alt sind und bereits das Erfahrungslevel 5 in Breakpoint erreicht haben. Die NFTs sollen sich auch nur zwischen diesen Spielern handeln und versenden lassen. „Das kann über den in die NFTs eingebetteten Smart Contract gesteuert werden“, sagt Didier Genevois. „Dank der Blockchain können nur Spieler, die bei Ubisoft Quartz auf einer Whitelist stehen, Digits erwerben, sei es auf unserer Plattform oder auf einem anderen NFT-Markt.“ Versuche ein Spieler, ein NFT an einen nicht qualifizierten Spieler oder Interessenten zu verkaufen, würde die Transaktion vom Smart Contract verhindert.

Ein NFT in vielen Spielen?

Theoretisch könnten die für Ghost Recon Breakpoint ausgegebenen NFTs auch in anderen Videospielen nutzbar werden. Ein NFT, das in Breakpoint einen einzigartigen Geländewagen darstellt, könnte in einem zukünftigen Asssassin’s-Creed-Videospiel ein einzigartiges Pferd aktivieren. „Die eingebaute Interoperabilität und die dezentrale Natur der Blockchain ebnen den Weg für ein grundlegendes Gerüst, das eine echte Verbindung zwischen den Spielwelten auf technischer Ebene ermöglichen würde“, sagt Baptiste Chardon gegenüber 1E9, der für die Blockchain-Produktentwicklung bei Ubisoft verantwortlich zeichnet. „Das ist ein Aspekt, an dem wir interessiert sind.“ Ob, wann und in welcher Dimension diese Möglichkeiten zum Tragen kommen, um das zu sagen, dafür sei es laut Chardon aber noch viel zu früh.

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Auch die Möglichkeit, dass Spieler mittels sogenannter Governance-Systeme über die Ausrichtung der Entwicklung eines Games oder dessen Regelwerke mitbestimmen, sehe Ubisoft, sagt Nicolas Pouard. Solche Optionen werden unter anderem von verschiedenen DeFi-Diensten oder auch Blockchain-Videospiele wie My Neightbor Alice angeboten. Aber „im Moment konzentrieren wir uns auf die Einführung der ersten NFTs, die in einem AAA-Spiel nutzbar sind“, sagt Pouard. „Und wir können es kaum erwarten, zu sehen, wie die Spieler mit ihnen interagieren.“

Um NFTs in Games und das Metaversum ging es auch bei der 1E9-Konferenz 2021. Als Speakerin dabei war Yingzi Yuan, die bei Ubisoft als Projektmanagerin beim Strategic Innovation Lab von Ubisoft tätig ist.

Ubisoft Quartz soll am 9. Dezember zunächst für Spieler in Deutschland, den USA, Kanada, Spanien, Frankreich, Belgien, Italien, Australien und Brasilien starten. Die ersten drei kostenfreien Digits-NFTs sollen am 9., 12. und 15. Dezember als Belohnung an die Spieler auf der Ubisoft Quartz ausgegeben werden. Weitere NFTs sollen dann im Frühjahr 2022 verfügbar werden. Laut Nicolas Pouard sei man sich durchaus bewusst, dass NFTs in Teilen sehr kritisch gesehen und diskutiert werden und es auch noch offene regulatorische Fragen gibt. Daher hoffe man bei Ubisoft auf ein ausführliches Feedback der Spieler und beobachte, ob und wie Projekte wie Quartz wahrgenommen und debattiert werden.

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Die Akzeptanz der Spieler scheint sich sehr in Grenzen zu halten.

https://www.golem.de/news/ubisoft-massive-ablehnung-von-breakpoint-nfts-durch-community-2112-161695.html

Ich kenne das Spie nicht, aber ich wäre da an Stelle von Ubisoft einen anderen Weg gegangen. Das man mit Skins und Items in einem Shooter startet, klingt sehr an die Mechanik der „Loot-Boxen“ angelehnt.
Da gibt es m.E. viele Spielkonzepte die eine Integration gefälliger machen.
Zum anderen hätte ich eher versucht die Web3-affine Gemeinde als Spieler zu gewinnen, als „gewöhnliche Fans“ zu beglücken.

Cool wäre doch das Konzept einen Spielekosmos, bei dem zB. Ein Skill/Entwicklungs-System bis zu einem gewissen grad genormt ist. Das könnte auch den Reiz zwischen „den Welten“ zu wechseln erhöhen.

Echt meta (nicht Meta) wird es natürlich erst dann, wenn die Feature-NFTs von einem Entwickler bei dem anderen auch anerkannt werden.

Aber in Bezug auf Ubisoft finde ich es gesund, dass die das Thema schon so lange im Blick behalten und mutig, dass Sie es trotz angekündigter Gegenwehr testen.

Auf anderen Kanälen höre ich zuletzt bei dem Thema Spiele auf der Blockchain immer mal wieder von Immutable - da scheint Ubisoft sogar dran beteiligt zu sein.

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Ja, ist richtig – und war in Teilen auch zu erwarten gewesen. Ich glaube, dass das Projekt an sich sehr interessant und vielversprechend ist. Breakpoint ist eigentlich auch ein gutes Versuchsfeld, weil es nicht gerade zu den Toptiteln gehört und eine kleinere Spielerschaft hat. Und mit Items zu starten ist ziemlich logisch, da es sehr „low key“ ist.

Aber ich glaube, Ubisoft hat „zu sehr getrommelt“ und es nicht gut kommuniziert. Schon der Trailer vermittelt ein sehr merkwürdiges Bild und erklärt das Konzept nicht wirklich gut.

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