Trotz Krypto-Verbot: 20 Prozent der Bitcoin-Rechenkraft kommt angeblich noch aus China

In China sind Kryptowährungen mittlerweile verboten. Auch das energieaufwendige Schürfen von Bitcoin, Ether und anderen Digitalgeldern ist untersagt. Aber es gibt offenbar Tausende von Krypto-Unternehmern, die trotzdem weitermachen. Angeblich soll bis zu 20 Prozent der globalen Rechenkraft des Bitcoin-Netzes weiterhin in China verortet sein.

Von Michael Förtsch

Bereits seit Jahren hat China immer neue Gesetze und Regulierungen erlassen, um den Handel mit Kryptowährungen einzuschränken. Im Mai 2021 wurden Kryptowährungen in der Volksrepublik de facto verboten. Nicht nur Handelsplätze für und das Bezahlen mit Kryptowährungen, sondern auch das Schürfen von digitalen Geldeinheiten wie Bitcoin, Ethereum, Ravencoin, Dogecoin und anderen wurde damit unter Strafe gestellt. Zahlreiche Mining-Unternehmer verließen daraufhin das Land und suchten sich in Kasachstan, Russland, den USA und anderen Ländern eine neue Heimat. Wie wir bereits in unserer eigenen Recherche festhielten, blieben jedoch einige Miner zurück, um trotz angedrohter Strafen im Geheimen weiterhin Kryptowährungen zu schürfen.

Der US-Nachrichtenkanal CNBC berichtet nun, dass wohl trotz der Verbote potentiell Hunderte von Krypto-Minen weiterhin in China in Betrieb sind. Nach den Daten von Diensten wie Bitrawr sind derzeit mindestens 131 Knotenpunkte des Bitcoin-Netzwerks in China verortet – knapp ein Prozent der Gesamtknoten. Schätzungen zufolge sollen die in China verbliebenen Mining-Betriebe weiterhin knapp 20 Prozent der weltweiten Rechenkraft im Bitcoin-Netzwerk darstellen. Nach Informationen der chinesischen IT-Sicherheitsfirma Qihoo 360 sind die illegalen Schürfunternehmen auch jenseits von Bitcoin weiterhin sehr aktiv. Im November seien über 109.000 IP-Adressen ausgemacht worden, die mit dem Schürfen von Kryptowährungen in Verbindung stehen. Unter anderem in Provinzen wie Guangdong, Jiangsu, Zhejiang und Shandong.

Bei den Minern soll es sich vor allem um kleinere Unternehmen und Gruppen handeln, die nicht das Geld oder die Möglichkeiten hatten, in angrenzende Länder umzuziehen. Wie ein Miner namens Ben gegenüber CNBC erklärt, habe er seine 6.000 Mining-Computer über mehrere Standorte verteilt, um es den chinesischen Behörden schwerer zu machen, ihn zu finden. Ähnliches hatte ein anonymer Miner auch 1E9 berichtet. Er sagte, er betreibe seine Computer in der leerstehenden Etage eines Bürogebäudes, Mietlagern und Kellerabteilen weiter, „dort, wo hoffentlich niemand nachschaut“.

Jenseits der Stromzähler

Die chinesischen Mining-Unternehmer nutzen auch andere Tricks, um den Behörden zu entgehen. Unter anderem, so der Miner Ben, arbeite er „jenseits der Stromzähler“ und zapfe direkt Strom von kleinen und lokalen Kraftwerken und Stromnetzen ab, die nicht an das landesweite Stromnetz angebunden sind. Das machen offenbar auch andere so. Ein anonymer Miner berichtete gegenüber 1E9 von einem kleinen Team, das seinen Strom direkt auf dem Gelände eines Solarparks in der Inneren Mongolei abzweigt und dadurch „vollkommen unsichtbar“ arbeitet. Andere Miner sollen kleine Wasserkraftwerke nutzen, die insbesondere abgelegene Dörfer und Kleinstädte versorgen.

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Das macht es Polizeidienststellen und Ermittlungsbehörden in China deutlich schwerer, die Miner ausfindig zu machen. Denn diese setzen insbesondere auf Meldungen von Energieversorgern, die Extremverbraucher feststellen und weitergeben. In manchen Teilen der Volksrepublik sind jedoch auch Einwohner aufgefordert, mögliche Krypto-Minen zu melden – teils über gesonderte Hotlines. Und auch von der Analyse des Datenverkehrs wird berichtet. In einigen Provinzen soll KI-Software genutzt werden, um Datenströme ausfindig zu machen, die auf das Schürfen von Kryptowährungen zurückzuführen sein könnten. Doch auch hier schützen Miner sich offenbar so gut wie möglich, beispielsweise indem sie ihren Datenverkehr mittels VPN-Netzen verschleiern. Ebenso sollen große Mining-Pools chinesische Miner unterstützen, indem sie deren Mitwirkung und ihren Anteil an der globalen Rechenkraft des Bitcoin-Netzes tarnen . Das sei der Grund, weshalb beispielsweise die Cambridge University in China keine Mining-Aktivitäten mehr feststellen kann.

Eine Quelle von CNBC schätzt, dass es in China „einige Tausend Miner hier, einige Tausend Miner da“ gebe und „Mining [in China] kein großes Geschäft“ mehr sei – allerdings nur gemessen an der Größe des Landes. Wie viele Bitcoin-, Ether- oder andere Krypto-Farmen heute tatsächlich in China aktiv sind, das lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.Die Mining-Unternehmer, die weiterhin schürfen, täten das aus der Not heraus, um weiterhin ihren Unterhalt bestreiten zu können oder um genug Geld zu machen, um auszuwandern. Einige wenige dürften auch aus Prinzip weiter schürfen – weil sie an Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether glauben.

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