This Week in Future #190 // 24.12.2023

Hi,

in diesem wöchentlichen Newsletter wollen wir euch Lesens-, Sehens- und Hörenswertes aus anderen Medien und Veröffentlichungen vorstellen. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen aber Geschichten und Informationen mit euch teilen, die uns in der 1E9-Redaktion bemerkenswert erschienen.

Die Tech-Reinfälle des Jahres 2023: Von Laborfleisch bis Robotaxis

  • Auch 2023 gab es viele bahnbrechende Innovationen und Entdeckungen. Auf einige davon werden wir mit euch in den kommenden Tagen bei 1E9 zurückblicken. Doch Enttäuschungen, Rückschläge und ungerechtfertigte Hypes in der Tech-Welt blieben trotzdem nicht aus. MIT Technology Review hat eine Liste der Reinfälle des Jahres zusammengestellt. Angeführt wird sie vom Unglück des Tauchboots Titan, das Touristinnen und Touristen zum Wrack der Titanic bringen sollte – und dessen Implosion in den Tiefen des Ozeans fünf Menschen das Leben kostete. Die Betreiberfirma OceanGate war offenbar immer wieder gewarnt worden, dass das U-Boot nicht für derartige Tauchgänge gerüstet war. Ebenfalls auf der Liste: die kostspieligen Schwierigkeiten bei der Massenproduktion von „Laborfleisch“, die Rückschläge bei selbstfahrenden Autos – bei Tesla und bei Cruise von GM –, die zunehmende Plastikverschmutzung der Welt (mehr dazu weiter unten) oder auch der AI Pin von Humane, über den wir hier schon geschrieben haben.

Nach fast zehn Jahren: Hyperloop One ist am Ende

  • Hyperloop One macht dicht und entlässt alle Mitarbeiter. Das 2014 gegründete Unternehmen wollte Elon Musks Vision des Hyperloops umsetzen – also einen Zug bauen, der durch Vakuumröhren fahren und dadurch Geschwindigkeiten von über 1.000 Stundenkilometer erreichen soll. Hyperloop One wurde unter anderem von Richard Bransons Virgin Group und dem Hafenbetreiber DP World unterstützt, dampfte seine Pläne in den vergangenen Jahren aber schrittweise ein. So wollte sich das Unternehmen nicht mehr auf den Transport von Passagieren, sondern nur noch auf den Frachttransport konzentrieren. Wie Bloomberg berichtet, will DP World als Hauptinvestor nach dem Aus von Hyperloop One das geistige Eigentum behalten. Sowohl die Teststrecke in Nevada als auch Hallen, Fahrzeuge und Maschinerie sollen dagegen veräußert werden.

BlueSky öffnet sich und bekommt ein Schmetterlings-Logo

  • Die Twitter-Alternative BlueSky öffnet sich. Etwas zumindest. Wer dort etwas posten will, braucht zwar weiterhin eine Einladung. Doch auch nicht registrierte oder angemeldete Nutzerinnen und Nutzer können nun Inhalte von BlueSky sehen und verlinken. Das war bislang nicht möglich und hat, wie Experten vermuten, der Popularität des Dienstes geschadet. Wie die Entwickler ausführen, soll BlueSky auf Dauer möglichst offen und transparent sein. Ein „echtes Logo“ hat BlueSky im Zuge der jüngsten Neuerungen auch erhalten: einen Schmetterling.

Bei Halbleitern: Kann Graphen zum Nachfolger von Silizium?

  • Der Guardian schaut sich das britische Start-up Paragraf näher an, das 2017 aus der Universität Cambridge ausgegründet wurde. Es produziert als eine der ersten Firmen weltweit Geräte, die auf dem „Supermaterial“ Graphen basieren, zum Beispiel Sensoren für Elektroautos oder Gesundheitsdiagnostik. Paragraf, das bisher 70 Millionen Pfund von Investoren eingesammelt hat, glaubt, dass Graphen, eine Kohlenstoff-Modifikation mit zweidimensionaler Struktur, die Halbleiterindustrie revolutionieren könnte, weil es dort Silizium ersetzen könnte. Großbritannien erhofft sich durch Graphen im globalen Mikrochip-Wettlauf mit China und den USA eine Chance zu haben, doch insbesondere in China wird ebenfalls massiv in Graphen-Technologie investiert.

Eine US-Firma zeigt, dass es bei autonomen Autos auch Fortschritte gibt

  • Obwohl die Rückschläge für Roboterautos zur oben erwähnten Liste der Tech-Fails 2023 gehörten, haben nicht alle Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind, Probleme: The Verge stellt die weitgehend unbekannte US-Firma May Mobility vor, die in sechs Jahren für keinerlei Unfälle, Staus oder blockierte Kreuzungen gesorgt hat, und weiterhin gut finanziert ist. Allerdings setzt May Mobility auch nicht auf Robotaxi-Dienste im komplexen Großstadtverkehr, sondern auf autonome Fahrdienste in klar abgesteckten Bereichen: vom Universitätscampus über den Business District bis zum Wohnviertel. In einer Senioren-Siedlung im US-Bundesstaat Arizone geht nun der erste völlig fahrerlose Fahrdienst von May Mobility an den Start.

Livestream der NASA: Cat Content aus dem Deep Space

  • Ein 15-sekündiges Video, das die Katze Taters bei der Jagd nach einem Laserpunkt zeigt, hat Weltraumgeschichte geschrieben: Denn es wurde live aus den tiefen des Alls gestreamt – von der Raumsonde Psyche, die derzeit 31 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Zu ihrer Mission gehört auch die Erprobung des Kommunikationssystems Deep Space Optical Communications, das Daten per Laser in einer bisher unerreichten Geschwindigkeit zurück zur Erde schickt. Denn Laserkommunikation bietet 10- bis 100-mal höhere Datenraten als klassische Funkkommunikation. Die Übertragung des Videoclips dauerte nur 101 Sekunden. Mehr dazu könnt ihr bei Golem nachlesen.

Privateer: Das Space-Start-up von Steve Wozniak bietet „Mitfahrgelegenheiten“ ins All

  • Braucht jede Firma, die Daten aus dem Weltraum will, eigene Satelliten und Raumschiffe? Nein, findet Apple-Mitgründer Steve Wozniak, der jetzt auch das Space-Start-up Privateer mitbegründet hat. Es will etwas gegen die rasant steigende Zahl von Satelliten im Erdorbit tun, die irgendwann gefährlicher Weltraumschrott werden könnten – und entwickelt daher einen „Ridesharing-Dienst“ für Weltraumressourcen. Das jetzt erstmals ins All geschickte Orbitalmodul Pono soll dafür den Auftakt machen und außerdem Daten für ein System namens Wayfinder sammeln, eine Art Google Maps des Erdorbits. Space.com hat mehr Details.

Kein Support mehr für Windows 10: Millionen PCs könnten Elektroschrott werden

  • Viele Menschen nutzen weiterhin Windows 10 – obwohl Windows 11 längst zu haben ist. Ein häufiger Grund: Der eigene Rechner erfüllt nicht die technischen Anforderungen. Windows 11 setzt schließlich deutlich mehr Rechenkraft und Speicher voraus, plus einen TPM-Sicherheitschip, der erst seit wenigen Jahren die Norm ist. Dennoch will Microsoft die Versorgung mit Sicherheitsupdates für Windows 10 bereits Ende 2025 einstellen – was gravierende Folgen haben könnte: Wie eine Analyse des Unternehmens Canalys nun ergab, könnten dadurch 240 Millionen – eigentlich funktionstüchtige – PCs zu Elektroschrott werden. Manche davon könnten zwar mit Alternativen wie Linux weiterbetrieben werden. Doch das dürfte die Ausnahme bleiben. Nachhaltigkeits- und IT-Aktivisten kritisieren Microsoft daher und fordern, entweder die Unterstützung für Windows 10 zu verlängern oder die Anforderungen für Windows 11 zu reduzieren.

„Plastiglomerate“: Verbindungen aus Stein und Plastik tauchen überall auf

  • Wissenschaftler haben eine merkwürdige und schockierende Entdeckung gemacht, wie Newsweek berichtet. Demnach finden sich inzwischen rund um die Welt Steine und Felsbrocken, die Plastik enthalten. Gestein und Kunststoff seien dabei chemisch verbunden. Diese „Plastiglomerate“ tauchen offenbar vor allem an Küsten auf und verdeutlichen, wie nachhaltig die Erde mittlerweile mit den menschgemachten Kunststoffen durchsetzt ist.

YouTube wird in Indien zur Bastion für die Pressefreiheit

  • Die großen Social-Media-Plattformen werden oft kritisiert, weil sie zur Verbreitung von Falschmeldungen, Hass und Hetze missbraucht werden. Doch es gibt auch das Gegenteil: In Indien, wo die Regierung von Narendra Modi die Pressefreiheit immer weiter einschränkt, entwickelt sich YouTube gerade zur letzten Bastion des unabhängigen Journalismus, schreibt Rest of World.

Kommenden Sonntag, am 31.12.2023, machen wir eine Woche Pause. Den nächsten This Week in Future Newsletter gibt’s dann im neuen Jahr. Guten Rutsch!

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