Seinfeld, aber für immer: KI-Serie wurde wegen beleidigender Witze von Twitch verbannt

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Vor fast 25 Jahren wurde die letzte Folge von Seinfeld produziert. Nun wird die Serie fortgesetzt – mehr oder weniger: Medienkünstler wollen die Charaktere der Erfolgs-Sitcom mit Künstlicher Intelligenz auf ewig in immer neuen Episoden auftreten lassen.

Von Michael Förtsch

Die TV-Serie Seinfeld umfasst ganze 180 Folgen und zählt heute zu den erfolg- und einflussreichsten Sitcoms der Fernsehgeschichte. In ihr verkörpert der Comedian Jerry Seinfeld eine fiktive Fassung seiner selbst. In jeder Folge werden er und seine langjährigen Freunde in und um sein Appartement im New York der 1980er in mal mehr, mal weniger skurrile Situationen und witzige Beziehungsdramen verwickelt. Seinfeld wurde zum Vorbild für Produktionen wie Friends und How I Met Your Mother. Kritiker bezeichneten die Sendung jedoch oft als show about nothing, da viele der Folgen vor allem gegen Ende der Produktion im Jahr 1998 allzu alltägliche Belanglosigkeiten verarbeiten. Dennoch hätte die Serie, wenn es nach den zahlreichen Fans gegangen wäre, ewig weitergehen können. Das tut sie jetzt auch – zumindest in gewisser Weise.

Die Experimental- und Kunstgruppe Mismatch Media hat mit Nothing, Forever eine Parodie zu Seinfeld auf Twitch gestartet, die sich um die Charaktere Jerry, Kramer, Elaine und George dreht. Die Handlungen und Dialoge werden mit dem Text-Generator GPT-3 erstellt, der auch als Basis für den Chatbot ChatGPT genutzt wird. Ein weiteres KI-Werkzeug setzt die geschriebenen Worte in Sprache für die Charaktere um. Dazu wird immer wieder ein typisches Publikumsgelächter eingespielt, wie es für Sitcoms typisch ist. Optisch umgesetzt ist die TV-Serienparodie in einer mit der Engine Unity realisierten pixeligen Retro-Videospiel-Grafik, die an Klassiker wie das 1992 erschienene Alone In The Dark denken lässt.

Die Macher sehen Nothing, Forever als erzählerisches Experiment, das aufgrund seiner surrealen Natur auch an David Lynchs abstrakte Kurzfilmreihe Rabbits angelehnt ist. Der Stream auf Twitch begann zunächst weitestgehend unbeachtet am 14. Dezember des vergangenen Jahres und soll „niemals stoppen“. Zumindest ist das das Ziel. 365 Tage im Jahr sollen durchgehend neue Inhalte generiert und ausgestrahlt werden. „Jede Minute soll etwas Neues kommen“, heißt es von Mismatch Media zum Projekt.

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Schräge Dialoge

Die bisherigen Geschichten, die Nothing, Forever erzählt, wirken oft merkwürdig. Doch eine gewisse Ähnlichkeit der Dialoge und Ideen zu jenen von Seinfeld lässt sich nicht leugnen. In einer Szene erzählt Jerry etwa, dass er sich einen Zauberwürfel gekauft hat, aber ihn nicht lösen kann. Elaine sagt daraufhin, dass das „genau wie mit dem Kleiderschrank“ ist. Ein Lachen wird eingespielt und die Szene ist zu Ende und die nächste beginnt. Andere Situationen sind deutlich irritierender und lassen die Charaktere vollkommen aneinander vorbeireden. Mal brechen Dialoge auch inmitten eines Satzes ab.

Ebenso bleiben die pixeligen Figuren immer wieder in Tischen und Stühlen der Appartementkulisse hängen oder verhaken sich ineinander. Ein als Trennelement zwischen den Episoden eingespieltes Stand-up-Programm mit dem Pixel-Jerry lässt Witze immer wieder unvollendet oder bleibt auch gerne mal vollkommen stumm. Laut Mismatch Media würden menschliche Autoren kaum in die Serie eingreifen. Es werde lediglich sichergestellt, dass keine anstößigen oder allzu beleidigenden Sätze in die Serie gelangen.

Update: So ewig war Nothing, Forever dann doch nicht. Mittlerweile hat Twitch den Kanal wegen Verletzung der Community-Richtlinien von Twitch gebannt. Ursache für die Sperre war offenbar eine der Comedy-Club-Trennszenen. In dieser wurde Jerry durch die Sprachsynthese ein Witz über transsexuelle Personen in den Mund gelegt. Wie Vice berichtet, sagte der digitale Komiker, dass diese den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden. Außerdem soll er linke Politiker als schwul bezeichnet haben. Daraufhin sei der Kanal mehrfach gemeldet worden. Die Künstler haben gegen die Sperre ihren Einspruch eingelegt und wollen den Kanal wieder reaktivieren.

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Dies kam gerade als anonymer Leserbrief zum Thema rein:

"Aktuell ist die Twitch-Seite down und über die Suche nicht auffindbar. Scheint nicht so forever gewesen zu sein wie angekündigt. Viele Grüße."

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Vice ist der Sache nachgegangen. Die Sperrung ist wohl nicht auf das grundlegende Konzept, sondern auf Äußerungen von KI-Larry zurückzuführen. Nach 14 Tagen soll es weitergehen.

Da sieht man wieder einmal! KI reproduziert Vorurteile, weil die Mehrheit der Inhalte, die abgreifbar sind voller Vorurteile sind. Ich frage mich bei KI immer mit welchen Inhalten die gefüttert werden. Schauen wir uns an was die Menschheit in den vielen Jahrhunderten sprachlicher Niederschriften von sich sich gegeben hat, ist da eine gigantische Menge an „Scheiß“ dabei.

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Dies kam gerade als anonymer Leserbrief zum Thema rein:

"Sowohl dem Artikel als auch dem Update fehlt das Datum der Veröffentlichung. Ja, ich weiß, dass beim Autorennamen "5d" steht. Aber heißt das "erstellt vor 5 Tagen"? Oder "veröffentlicht vor 5 Tagen"? Oder "letzte Änderung durch den Autor vor 5 Tagen"? Oder "letzte Änderung insgesamt vor 5 Tagen"?

Gerade bei einer so kollaborativen Plattform wäre mir Transparenz der Text-Historie wichtig. Also: Veröffentlichungsdatum und letzte Änderung hätte ich gern oben, damit ich sofort weiß, wie aktuell der Artikel ist. Beim „Update: So ewig…“ ebenso. Und optimal wäre ein Link vom Datum der letzten Änderung zur kompletten Versionshistorie seit Veröffentlichung. "

Das ist ein schwieriges Thema, das wir schon mehrmals hier auf 1E9 hatten. Etwa in Bezug auf Precrime-Systeme, die der Polizei helfen sollen und mit Einsatzberichten gefüttert werden. Dabei zeigte sich, dass diese Systeme beispielsweise rassistische und klassistische Tendenzen verstärkten. Denn Polizisten in LA patrouillierten etwa vor allem in Bezirken mit lateinamerikanischen und schwarzen Bevölkerungen, was dort zu mehr verzeichneten Straftaten führte, die die KI natürlich als Muster erkannte.