Next Stop Paris: Fernsehhersteller kündigt KI-generierten Film an

Der chinesische TV-Hersteller TCL hat einen Film angekündigt, der fast vollständig mit Künstlicher Intelligenz produziert wird. Die Liebeskomödie mit dem Titel Next Stop Paris wurde unter anderem mit Tools wie Midjourney und Runway Gen-2 erstellt. Sie soll im Sommer auf dem Streaming-Dienst von TCL Premiere feiern.

Von Michael Förtsch

Spätestens seit OpenAI das KI-Videomodell Sora vorgestellt hat, dürfte klar sein, dass Künstliche Intelligenz die Arbeit von Filmemachern in den kommenden Jahren prägen wird. Viele Kreative experimentieren bereits mit Tools wie den Bild-Generatoren DALL-E 3, Stable Diffusion, Midjourney und KI-Animationsdiensten wie Gen-2 von Runway oder Pika Labs für Musikvideos und Kurzfilme – mit visuell zum Teil beeindruckenden, unfreiwillig komischen oder verstörenden Ergebnissen. Aber ein ganzer KI-basierter Film? Der schien noch in weiter Ferne. Bis jetzt. Nun hat der chinesische Elektronikkonzern TCL, der vor allem für seine Fernseher bekannt ist, eine romantische Komödie angekündigt, die fast vollständig mit KI-Modellen erstellt sein soll.

Der Film mit dem Titel Next Stop Paris handelt von der amerikanischen Touristin Claire, die in einem Zug nach Paris sitzt. Dort trifft sie einen attraktiven Mann, der ebenfalls aus Amerika zu kommen scheint – „die dunkle, geheimnisvolle Art von Mann, der seine Verletzlichkeit nie zeigt“, wie es in einer Ankündigung des Films heißt. Die offenbar stark von Serien wie Emily in Paris und den Produktionen des Hallmark Channel inspirierte KI-Romcom soll im Sommer kostenfrei auf der TCL-eigenen Streaming-App TCLtv+ als erste Eigenproduktion des Konzerns verfügbar werden.

Ein Trailer wurde bereits veröffentlicht – und lässt die Natur des Films unübersehbar erkennen. Zu sehen sind die Stadtkulisse von Paris, ein Zug auf einer malerisch bewaldeten Strecke, ein Vergnügungspark mit dem Eiffelturm im Hintergrund, ein Boot auf der Seine und die beiden Protagonisten auf einem Motorroller. Jede der Szenen zeigt typische KI-Fehler in der Bildgestaltung oder Animation. Haut und Haare verschwimmen, die Stahlträger des Eiffelturms scheinen sich netzartig zu biegen und die Reliefs des Triumphbogens bestehen aus unförmigen Wülsten. Das hat vor allem auf X – früher Twitter –, Reddit und anderen sozialen Netzwerken für viel Spott gesorgt.

Der Trailer zeigt nicht den fertigen Film

Doch die Probleme von Next Stop Paris gehen noch weiter. Die beiden Hauptfiguren sehen in verschiedenen Szenen völlig unterschiedlich aus. Sie haben unterschiedliche Gesichtsformen, Frisuren, Augen- und Haarfarben. Kritik kommt daher nicht nur von Skeptikern der KI-Technologie. Auch KI-Enthusiasten und selbsternannte AI Artists kommentieren die Qualität der Bilder und Animationen teils heftig. Diese würden nicht widerspiegeln, was mit der Technologie bereits möglich sei – und sei daher nicht gerade ein guter Gradmesser für das Potential der Technik

Die „AI Powered Love Story“, wie TCL das Experiment überschreibt, wurde hauptsächlich mit der Technologie von Runway und insbesondere mit dem Text-zu-Video-Generator Gen-2 erstellt. Auch Midjourney soll zum Einsatz gekommen sein, um Einzelbilder zu generieren, die dann mit verschiedenen KI-Tools animiert wurden. Neben den visuellen Elementen soll Next Stop Paris aber auch rein menschliche Arbeit enthalten. Die Musik soll von einer echten Band stammen. Die Dialoge würden von Menschen gesprochen und auch das Drehbuch stamme von einem menschlichen Autor und nicht von ChatGPT oder einem anderen Chatbot.

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Chris Regina, der bei TCL für die eigenen Inhalte zuständig ist, verteidigte die Produktion gegenüber Tom’s Hardware. Next Stop Paris sei eine Premiere. „Es gibt eine enorme Neugier auf KI“, sagte Regina. Der Trailer zeige zudem nicht unbedingt den fertigen Film, der etwa die Länge einer Serienepisode haben soll. Derzeit arbeitet ein kleines Team daran, verschiedene Probleme wie eben das unterschiedliche Aussehen der Charaktere und andere Facetten anzupassen.

„Wie bei allen Film- und Fernsehproduktionen ist die Arbeit erst mit der Ausstrahlung abgeschlossen“, sagt er. „Angesichts des rasanten technologischen Fortschritts können wir problemlos vor der Ausstrahlung weiterarbeiten.“ Der Trailer solle lediglich einen Eindruck davon vermitteln, woran das Team arbeitet und was noch kommen könnte.

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