@Golo Was ist abstrakt?
Was ist denn z.B. eine dekolonialisierte Zukunft im Kontext Neuralinks et al für dich?
Sehr gute Frage! Musk benutzt ja die Metapher des Strohhalms. Also er sagt, momentan ist unser Datenfluss ähnlich, als ob man an einem Strohhalm saugt. Er hofft ja mit Neuralink diese Verbindung dahingehend weiter zu entwickeln, dass diese Verbindung eventuell irgendwann ein reißender Fluß wird. Das die Vision Neuralink natürlich an die Borg erinnert, uns vermeintlich assimilieren soll, ist jetzt nicht überraschend, denn was Musk in der Regel macht, ist eine typische Extrapolation der technologischen Entwicklungen ohne die inhärenten Annahmen zu hinterfragen. Unsere eigenen nicht hinterfragten Annahmen sind generell die predominanten Autoritäten unserer Zeit. Was mit Dekolonialisierung gemeint ist, ist schlichtweg eine vielfältigere, facettenreichere Beschreibung dieser technologischen Forschungsentwicklung und vor allem eine Bestimmung der Bildhaftigkeit im partizipatorischen Sinne von denen, die eben nicht die Machtinstrumentarien für sich zu nutzen suchen, um uns Ihre Zukunftsbilder aufzuzwingen. Grundlegend ist doch einfach mal zu fragen, möchtest du so eine Zukunft überhaupt? Ist das überhaupt plausibel, erstrebenswert, wünschenswert, tatsächlich seltsam und futuristisch genug, usw.? Ist es wirklich erstrebenswert Konzerne nicht nur deine Bildschirme manipulieren zu lassen, sondern den Datenfluss hinzu und von deinem Gehirn zu steuern? Haben wir denn nicht jetzt schon viel zu viel Neofeudalismus und Neoabsolutismus? Erinnert mich auch an seine Marskolonie-Geschichte, als ob ein Mensch die Radioaktivität auf der Reise hin zum Mars überleben könnte. Aber Musk spielt mit Gartner’s Hype Cycle nun einmal sehr erfolgreich. Hier auch, „a totalitarian top-down high-tech surveillance operation with mindplex style cognitive integration“. Naja, klingt halt nicht so geil, wenn man mal ehrlich ist, oder?
Also, was wäre generell die Alternative zu den „depredatory effects of an oppressive form of transparency“?
Wir können hier Szenarien endlos durchskizzieren, im Rahmen der arttypischen Zukunftsbilder, also Transformation, Kollaps, Disziplin, Wachstum (was prinzipiell erhörten Konsum bedeutet). Oder wir ändern die Parameter, erheben eine STEEP oder PEST Analyse und sehen wie sich überhaupt die anderen Faktoren verändern.
Kreativität ist, mehr als eine Antwort zu kennen. Bei der Singularität ist bullshit Debatte hat die Internet Community auch eine Masse an alternativen Memes gefunden. Hier könnte ich mir ähnliches vorstellen.
Ein Vorschlag wurde von dem Futuristen Jerome Glenn in Südkorea geäußert. Er hat der Südkoreanischen Regierung empfohlen, genau diese Gehirnchip Technologie bei Nordkoreanern einzusetzen. Das Argument war folgendes: Weil Nordkoreaner ja sehr viel hungern mussten, wegen Ihrem korrupten Regime, hat natürlich deren Gehirnentwicklung sehr darunter gelitten. Um diese weniger intelligenten Nordkoreaner dann aber auf das Niveau von Südkorea zu bringen, könnte man denen ja diese Chips einpflanzen, damit die schneller lernen können. Der Vorschlag wurde tatsächlich so geäußert. Wahre Geschichte.
Wir können das ja auch auf deutsche Großstadtbewohner anwenden. Kinder die in sehr stark von Autogasen vergasten Klassenräumen sitzen mussten, haben eindeutig weniger Gehirnaktivitäten, wie die Wissenschaft es empirisch nachweisen konnte. In der Zukunft könnten dann ja genau diese Kinder, dann solche Chips eingepflanzt bekommen, damit sie mit denen mithalten können, die mit frischer Luft aufgewachsen sind (skandinavische Länder), da deren neuroplastische Gehirnkapazitäten um Lichtjahre weiter entwickelt sind.
Jetzt haben wir zumindest einmal den Kontext der Anwendbarkeit abgeändert. Wie gesagt, andere Faktoren lassen sich da ja auch switchen.
Um vielleicht noch meine Antwort final abzurunden. Als technologische Forschung ist der Bereich Computer-Brain interface sicherlich faszinierend. Aber ich denke wir haben mit Developmental Neurocognition, Neurogenesis, und Epigenetics eine gute Basis für Healthy Brain Development. Die Extended Mind Hypothesis von Chalmer und Clark bleibt ja sowieso aktiv. Genetische Modifikationen hinsichtlich Peak Performance scheinen ja auch in der Forschung hoch im Trend zu liegen, auch wenn es ethisch viele Vorbehalte gibt. Nootropics wäre dann wohl erst einmal die naheliegendere Zukunft. Also ab geht’s zum Micro Dosing.
Fände Unsterblichkeit vermutlich am besten, nicht notwendigerweise im meat space - mit ner sanften Transition.
aubrey de grey arbeitet ja an dem Thema longevity, also das Altern als Todesursache eleminieren. Und sicherlich gibt es Age reversing processes wie im Jellyfish Turritopsis Nutricula, die eventuell irgendwann entschlüsselt werden. Bis das aber soweit sein sollte, würde ich immer auf Ernest Becker und sein epochales Meisterwerk ‚The Denial of Death‘ verweisen, oder alternativ wenn das Thema Tod sehr präsent ist, Seneca.