Meta Watches: Digitale NFT-Uhren fürs Metaverse – und für Smartwatches, Handys oder Videocalls

In der physischen Welt sind Uhren nicht nur hilfreiche Instrumente, um sich die Zeit anzeigen zu lassen. Sie sind Mode, Statement, Sammelobjekt. Ist es in digitalen Welten genauso? Die Karlsruher Firma Axonic will das herausfinden – und bringt mit den Meta Watches digitale NFT-Uhren auf den Markt. Mit dem Projekt will Firmenchef Martin Welker außerdem erkunden, ob mit Web3 und Metaverse tatsächlich ein besseres Internet möglich ist.

Von Wolfgang Kerler

Gerade tobt die Debatte, ob NFTs, Kryptowährungen oder Smart Contracts nun die Vorboten einer digitalen Dystopie sind, die es zu verhindern gilt, oder ob sie uns ein besseres Internet und obendrauf ein besseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystem bescheren. Doch währenddessen probieren andere einfach mal aus, was im angehenden Web3 und den entstehenden Metaversen möglich ist: Künstlerinnen und multinationale Konzerne, Investorinnen und Programmierer. Auch Martin Welker gehört dazu, Gründer und Chef der Karlsruher Softwarefirma Axonic. Ein Freund von Entweder-Oder-Festlegungen ist er nicht. Er bevorzugt Sowohl-Als-Auch oder schlicht und einfach: Und . Folgerichtig antwortet er auf die Frage, ob der aktuelle Hype um NFTs ein irrer Goldrausch oder der Beginn etwas Sinnvollen ist: „Beides.“

Auf jeden Fall war für ihn, nachdem er sich im Frühjahr 2021 ins Thema gegoogelt hatte, schnell klar, dass er nicht von der Seitenlinie zuschauen will. „Um Dinge zu verstehen, möchte ich sie selber bauen“, sagt Martin Welker. Also überlegte er mit seinem Team, welchen Beitrag sie zur Weiterentwicklung der NFT-Welt leisten könnten. Erfahrung im Web3 hatte Axonic damals noch nicht. Das bekannteste Produkt des Unternehmens ist die Zenkit Suite, eine Reihe von digitalen Tools für Projektmanagement, Kommunikation in Teams, Wissens- und Aufgabenmanagement.

Nun also NFTs, Non-Fungible Tokens. Das sind, vereinfacht gesagt, Einträge auf einer Blockchain, die unabänderlich und eindeutig festhalten, wem ein digitales Objekt gehört , zum Beispiel ein Bild oder ein Video. Ob ein NFT wirklich Eigentumsrechte oder gar Nutzungsrechte abbildet, ist eine juristische Grauzone. Doch technisch gesehen haben sie das Potenzial, digitale Objekte handelbar zu machen – auch wenn sich diese theoretisch beliebig oft kopieren und speichern lassen.

„Für mich war klar, dass es da um die Abbildung von digitalem Vermögen geht“, sagt Martin Welker im Podcast New Realities von 1E9 und dem XR HUB Bavaria, „und wenn ich etwas gelernt habe in den letzten Jahrzehnten, die wir mit Axonic dabei sind: Wenn du etwas digitalisieren kannst und es ist ein liquider Markt dahinter, dann wird das eine Riesensache.“ Dass viele Menschen NFTs trotz der vielen ungeklärten Fragen schon jetzt einen Wert beimessen, wurde vielfach bewiesen: Für digitale Bilder, Videos, einzelne Tweets oder virtuelle Mode werden Hunderte, Tausende oder Millionen von Euro gezahlt.

Hier kannst du das ganze Gespräch mit Martin Welker hören – in Folge 27 des New Realities Podcasts von 1E9 und dem XR HUB Bavaria. Abonnieren kannst du den New Realities Podcast von 1E9 und dem XR HUB Bavaria bei Podigee, Spotify, Deezer und bei Apple Music.

Digitale Uhren, die tatsächlich funktionieren

Wie aber entstand die Idee mit den Meta Watches? „Wir haben hier in Karlsruhe einen Bezug zu einem großen Uhrenmarktplatz“, sagt Martin Welker. Da seien Uhren naheliegend gewesen. „Die haben die inhärente Nützlichkeit, dass sie ticken und die Zeit anzeigen.“ Diese Grundfunktion in ein NFT zu übertragen, war allerdings nicht trivial. Bis dahin wurden vor allem nur statische Inhalte wie Bilder, GIFs oder Videos gehandelt, aber nur selten dynamischen Objekte, die sich basierend auf Code verändern.

Trotzdem war ein funktionierender Prototyp schnell programmiert. „Dann sind wir darauf gekommen, dass wir Uhren bauen können, die du nicht nur auf deinem Bildschirm ansiehst, sondern in jeden beliebigen Container reinbringen kannst“, sagt Martin Welker. „Sei es dein Auto, sei es deine Smartwatch, sei es das Metaverse.“ Der Name Meta Watches, erinnert er sich, stand übrigens schon fest, bevor sich Facebook in Meta umbenannte und damit die Aufregung ums Metaverse so richtig anfachte. „Wir haben dann überlegt, den Namen zu ändern. Haben uns aber dagegen entschieden.“

Im Januar 2022 kam schließlich die erste Kollektion der Meta Watches heraus: 1.234 Exemplare. Ein paar Hundert wurden vorbestellt, der Rest wurde zum Minting freigegeben. „Diese Uhren wurden dann innerhalb von 34 Minuten verkauft“, sagt Martin Welker. „Das hat alle sehr, sehr glücklich gemacht.“ Besonders glücklich sei er aber darüber, dass der Preis, für den man eine Uhr derzeit weiterverkaufen kann, nicht unter dem Preis liegt, den man anfangs bezahlen musste.

Die Vision, dass man die eigene Meta Watch in alle digitalen Welten mitnehmen kann, ist noch nicht umgesetzt, aber in Arbeit. Auf Smartphones, Tablets und Smartwatches funktionieren sie schon als Bildschirmschoner oder Hintergrund. Derzeit ist eine Augmented-Reality-Version in der Mache, die ähnlich wie die Filter von Instagram oder Snapchat funktionieren sollen. „Das heißt, du kannst deine Uhr dann hoffentlich auch in deinem Zoom-Meeting sehen“, sagt Martin Welker.

Grundstücke bei Decentraland und The Sandbox

Der nächste Schritt wäre dann, die Uhr auch am Handgelenk des eigenen Avatars in virtuellen Welten zu tragen – im Metaverse oder besser gesagt: einem der Metaversen. Denn derzeit entstehen gleich mehrere virtuelle Parallelwelten, die irgendwann mit unzähligen Avataren bevölkert sein sollen. Zu den prominentesten Beispielen gehören Decentraland und The Sandbox , wo man sich digitale Grundstücke sichern, eigene Häuser oder Shops bauen kann. In beiden hat sich auch Martin Welker schon für einen Meta-Watches-Showroom Parzellen gesichert. „Noch herrscht da gähnende Leere“, sagt er. „Aber wir haben bei Technologietrends häufig gesehen, dass es heute ein, morgen zwei und übermorgen 100.000 Leute sind. Das ist eine Wette, die man eingehen kann oder eben nicht eingehen kann.“

Auf eine Plattform festlegen will er sich nicht – sonst bräuchte es auch keine NFTs, die nicht auf den zentralisierten Servern einzelner Tech-Konzerne liegen, sondern auf dezentralen Blockchains. „Das ist ja das radikal Neue, dass ich jetzt sagen kann: Ich habe eine Uhr in meinem einen Metaverse gekauft, zum Beispiel in Decentraland , und ich kann sie mitnehmen ins nächste Metaverse – in die Sandbox , zum Beispiel, oder zu Facebook“, sagt der Axonic-Chef.

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Mehr Macht den Usern, weniger Macht den Plattformen, das ist die große Hoffnung, die er mit dem Web3 verbindet – und das ist auch einer der Gründe dafür, warum er sich in das NFT-Abenteuer gestürzt hat. „Ich hoffe, dass wir es durch Technik schaffen, dass man den Menschen die Dinge, die ihnen gehören oder die sie sich aufgebaut haben, nicht einfach mit der nächsten Änderung der AGBs wieder wegnehmen kann.“

Auch die ursprüngliche Idee des Metaverse, wonach wir Teile unseres Lebens in virtuellen Welten verbringen werden, will er selbst erforschen. Gerade auch mit Blick auf die Arbeitswelt. „Wir sind mit Zenkit schon jetzt Lösungshersteller für Productivity und Kollaboration – und haben auch dabei immer nach Möglichkeiten gesucht, wie wir intuitiver arbeiten und mehr Gamification reinbringen können. Das ist ja nur ein anderes Wort für: Ich habe mehr Bock auf Arbeit.“ Und wenn heute Millionen von Usern freiwillig Zeit in den Welten von Games wie Fortnite oder Roblox verbringen, vielleicht lässt sich in solchen Welten auch besser arbeiten. Oder kurz gesagt: „Keiner hat Lust auf Excel und alle haben Lust auf Roblox.“

Und wenn am Ende doch nur alles eine Blase war – NFTs, Web3, Metaverse? „Ich bin 2001 nach San Francisco gezogen. Da lagen nur ein paar Wochen zwischen dem Hype und der Weltuntergangsstimmung. Natürlich mache ich mir da diese Gedanken“, sagt Martin Welker. „Aber ich bin weit davon entfernt zu sagen, die Zeichen stehen schlecht. Außerdem habe ich so viele Leute aus so vielen Bereichen kennengelernt. Für mich war das in keinem Technologietrend der letzten Jahre so. Nicht bei Lean Startup, nicht bei KI und nicht bei Cloud… NFTs bringen mich mit Künstlern zusammen, lassen mich über den Tellerrand schauen, auch mal wieder das Schöne im Leben sehen – nicht nur KPIs.“

Noch mehr Metaverse gefällig?

In Folge 27 des New Realities Podcasts von 1E9 und dem XR HUB Bavaria berichten Sven von Aschwege und Elmar Schrage von der Deutschen Telekom, wie sich Deutschlands größter Telekommunikationskonzern auf das Metaverse vorbereitet.


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