Gesetz verabschiedet: Die USA wollen einen Verkauf von TikTok erzwingen

Der US-Senat hat ein Gesetz verabschiedet, das den Verkauf von TikTok an einen nicht-chinesischen Betreiber erzwingen soll. Andernfalls könnte ein Verbot der beliebten Kurzvideo-App folgen. Auch die EU droht der Video-App mit Ärger.

Von Michael Förtsch

TikTok ist derzeit eine der erfolgreichsten Apps überhaupt. Der Kurzvideodienst hat weltweit mehr als 1,7 Milliarden Nutzer. Allein in den USA soll die App auf den Smartphones von 170 Millionen Menschen installiert sein. Das beschäftigt dortige Politiker, Medienexperten und auch Behörden seit einigen Jahren. Denn hinter TikTok steht die chinesische Firma ByteDance mit Sitz in Peking. Diese soll, wie andere chinesische Technologieunternehmen auch, eng mit der autokratisch regierenden Kommunistischen Partei Chinas verbunden sein. Dadurch könnten chinesische Behörden potentiell auf die Daten ausländischer Nutzer zugreifen und die App für politische Einflussnahme und Spionage missbrauchen.

Bereits 2020 gab es unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump Bestrebungen, die App in den USA praktisch zu verbieten. In einer sogenannten Executive Order wurde argumentiert, dass der Kurzvideodienst die nationale Sicherheit gefährde. Als Lösung wurde der Verkauf der westlichen Version der im chinesischen Original Douyin genannten App an einen US-Betreiber vorgeschlagen. Microsoft, Twitter, Walmart, Softbank und Oracle bekundeten damals Interesse an einer Übernahme von TikTok. Mit dem Amtsantritt von Joe Biden wurden die Bestrebungen, TikTok zu verbieten, jedoch zunächst aufgegeben. TikTok verpflichtete sich zudem, die Daten der US-amerikanischen TikTok-Nutzer in Kooperation mit Oracle ausschließlich auf US-Servern zu speichern.

Dennoch gab es nach wie vor Bedenken, dass die App missbraucht werden könnte. So wurde erst vor zwei Jahren bestätigt, dass Mitarbeiter von ByteDance die App genutzt haben, um die IP-Adressen von Journalisten und damit deren Standort zu verfolgen, um so deren Informationsquellen zu enttarnen. Ziele waren unter anderem die Buzzfeed-Autorin Emily Baker-White und die Financial Times-Reporterin Cristina Criddle. US-Politiker und auch Geheimdienste vermuten außerdem, dass TikTok bei seinen massiven Zugriffszahlen leicht genutzt werden könnte, um Propaganda- und Desinformationskampagnen im Sinne Chinas voranzutreiben und Falschinformationen zu verbreiten, die die USA destabilisieren. Denn welche Videos populär und häufig gesehen werden, ist bei TikTok zwar stark automatisiert und algorithmisch gesteuert. Trotzdem haben Manager und Techniker Einfluss darauf, welche Inhalte gepusht werden.

Auch in der EU gibt’s Ärger

Bereits im März hatte das US-Repräsentantenhaus ein neues Gesetz gegen TikTok auf den Weg gebracht. Dieses wurde nun in einer leicht abgeänderten Version zusammen mit Abstimmungen über Hilfszahlungen an die Ukraine, Israel und Taiwan vom US-Senat verabschiedet. Demnach hat ByteDance neun Monate Zeit, einen Eigentümerwechsel für die App zu organisieren. Ansonsten riskiert das Unternehmen ein TikTok-Verbot in den USA. Die App dürfte dann unter Androhung von Strafzahlungen beispielsweise nicht mehr in den App-Stores von Apple und Google angeboten werden. Präsident Biden kann die Übergangsfrist um weitere drei Monate verlängern.

TikTok hatte bereits in den vergangenen Monaten angekündigt und nun bekräftigt, gegen ein mögliches Verbot und das nun verabschiedete Gesetz juristisch vorzugehen. TikTok sieht sich nicht als Tochterunternehmen eines chinesischen Unternehmens und habe sich bemüht, Maßnahmen zu ergreifen, die den US-amerikanischen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen entsprechen. Nach Ansicht von TikTok verstößt das Gesetz zudem gegen die Meinungsfreiheit der US-Bürger, die TikTok nutzen. Außerdem richte sich das Gesetz speziell gegen TikTok. Dies sei mit den Rechtsnormen der USA nicht vereinbar.

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Doch nicht nur in den USA steht TikTok derzeit unter Beschuss. Erst kürzlich wurde mit TikTok Lite eine Schwester-App des Kurzvideodienstes in Spanien und Frankreich veröffentlicht, die weniger Datenvolumen verbrauchen soll. Die App ist aber auch mit einem Belohnungssystem ausgestattet, das für das Ansehen von Videos, das Verteilen von Likes und das Einladen von Freunden Punkte verspricht. Diese Punkte können in Münzen eingetauscht werden, die wiederum in Gutscheine, zum Beispiel für Online-Shops, umgewandelt werden können. Die EU-Kommission hat eine Untersuchung dieser Praktiken veranlasst, da sie süchtig machen könnten.

Bereits im Februar hatte die EU-Kommission ein Verfahren gegen TikTok wegen der Verbreitung illegaler Inhalte eingeleitet. Es soll geprüft werden, ob das Unternehmen genug gegen jugendgefährdende, radikalisierende und hasserfüllte Inhalte unternimmt. Außerdem soll untersucht werden, ob TikTok die Transparenzanforderungen für Werbung in der EU einhält.

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