Britische Forscher und ein Biotech-Start-up haben Tabakpflanzen zum Leuchten gebracht. Dafür speisten sie ihnen Gene eines Pilzes ein. Die glimmenden Pflanzen sollen schon in wenigen Jahren auf den Markt kommen.
Von Michael Förtsch
Gibt es bald Pflanzen, die als Nachttischlampe taugen? Danach klingt es, was Forschern des Imperial College London und des russisch-österreichischen Start-ups Planta gelungen ist. Sie haben es geschafft, Pflanzen zum Leuchten zu bringen, die normalerweise nicht über die Fähigkeit zur Biolumineszenz verfügen. Derartige Experimente sind zwar nicht neu. Jedoch war es bislang meist nur gelungen, Pflanzen zum Leuchten zu bringen, indem Leuchtstoffe beispielsweise mit Nanopartikeln und Flüssigkeiten injiziert wurden. Nun scheint es jedoch machbar, die Pflanzen aus eigener Kraft, erstrahlen zu lassen. Dafür haben die Wissenschaftler fremde Gene in die Struktur der Pflanzen eingebracht, wie sie in einer Plants with genetically encoded autoluminescence genannten Studie in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology schreiben. Konkret hat das Forscherteam an Tabakpflanzen gearbeitet und griff dabei Resultate aus einer anderen Studie auf.
Diese Arbeit beschrieb vor vier Jahren nach langer Forschung, wieso und auf welche Weise spezielle Pilzarten im brasilianischen Regenwald leuchten. Das Phänomen, das als Foxfire bekannt ist, verblüfft Naturforscher bereits seit Jahrhunderten. In der Studie wurde das Nachtlicht-artige Leuchten der Pilze dem Luciferine zugeschrieben, einem Biomolekül, das infolge der Aktivierung durch ein Enzym und einer Reaktion mit Sauerstoff und Peroxiden eine Emission von Licht auslöst. Das Luciferine wird von den Pilzen über mehrere Schritte hinweg aus der sogenannten Kaffeesäure gewonnen, die eigentlich zur Ausbildung von Zellwänden benötigt wird – und daher in allen Pflanzen vorhanden ist. Daher wird, nach der Leuchtreaktion, das Luciferine auch in Kaffeesäure zurückgewandelt.
Das Forscherteam von Planta und dem Imperial College London versuchte nun, die Gene zu identifizieren, die für die Bildung dieser Stoffe zuständig sind, und extrahierten sie aus einem Neonothopanus nambi genannten Pilz – um sie in die Tabakpflanzen einzubringen. Dadurch ist es diesen Gewächsen nun ebenfalls möglich, ein sichtbar grünliches Leuchten abzugeben – allerdings nicht durchgehend. Stattdessen konzentriere sich der Leuchteffekt in bestimmten Teilen der Pflanze. Auch finde die Biolumineszenz „in der Dunkelheit wie auch am Tag“ statt, wie Karen Sarkisyan von Planta beschreibt. Bei den Pilzen aktiviert sich das Licht hingegen nur in der Dunkelheit, um Insekten anzulocken, die dadurch die Sporen des Pilzes aufnehmen und verbreiten.
Noch taugen sie nicht als Lampe
Das Start-up Planta hofft, die leuchtenden Pflanzen in wenigen Jahren in die Läden zu bringen. Zumindest, wenn es gelingt, den Leuchteffekt noch zu verstärken, gleichmäßiger über die Pflanzen zu verteilen und vielleicht auch regelbar zu machen. Als Nachttisch- oder Leselampe würden die Pflanzen damit noch nicht taugen. Jedoch wohl als leichtes Nachtlicht oder als extravagante Deko in Start-up-Büros und Firmengebäuden. Außerdem könnte es durch weitere Forschung gelingen, eine Leuchtreaktion nur unter bestimmten Bedingungen zu provozieren. Damit könnten Pflanzen beispielsweise als natürlicher CO2-, Kälte- oder Vibrationssensor funktionieren. Das Bio-Licht soll darüber hinaus nützlich sein, um die sonstigen biologischen Prozesse in Pflanzen untersuchen zu können.
In Science-Fiction-Romanen wie BIOS von Daniel Suarez sind im Jahre 2045 nicht nur leuchtende Zimmerpflanzen, sondern auch leuchtende Bäume ein gewöhnlicher Teil des Alltags. Die Biolumineszenz wird in dieser Zukunftswelt genutzt, um Glühbirnen und LED-Lampen überflüssig zu machen. Denn Bäume entlang von Straßen sowie Kletterpflanzen, die sich an Bürodecken und an Gebäudefassaden entlang schlängeln, ersetzen hier Straßenlaternen und Leuchtstoffröhren. In 3001 von Arthur C. Clarke existieren hingegen biologisch gezüchtete Wände, die des Nachts von selbst leuchten können.
Teaser-Bild: Getty / Yuichiro Chino