Verschwörungsmythos Polybius: Wie viel Wahrheit steckt in der Legende?

Passend zu Halloween gibt’s auf 1E9 eine der gruseligsten Tech-Legenden: Ein mysteriöser Arcade-Automat taucht in den Spielhallen rund um Portland auf und zieht etliche Teenager in seinen Bann. Dann beginnen die Albträume und Selbstmordversuche. Es ist eine Urban Legend, eine Verschwörungstheorie, ein Mythos und ein ganzes Stück wirkliche Wahrheit.

Das erste Mal, das ich meine Hand an einen Arcade-Automaten gelegt habe, war auf einem Schulausflug ins italienische Rimini. Nur zwei bis drei Straßen vom Hotel, in dem meine Klassenkameraden und ich untergebracht waren, war das, was man damals als Spielhölle bezeichnet hat. Es war das Untergeschoss eines vierstöckigen Bürobaus, das mit Videospielautomaten, Flippern, zwei Billardtischen und Dartscheiben vollgestopft war – und mit einem dieser Teppiche, der sich unter den Füßen anfühlte, wie feuchtes Moos. Wie der Laden hieß, weiß nicht mehr. Aber ich erinnere mich gut daran, dass ich dort unzählige Münzen in Space-Invaders-, Pac-Man-, Donkey-Kong-Jr- und Berzerk-Automaten geworfen habe. Zwischen all jenen großen Namen stand beinahe unsichtbar ein weiterer Automat. Er war vollkommen schwarz und das Logo aus dem Leuchtkasten herausgebrochen. Nur der silberne Münzeinwurf, der rote Knubbel des Sticks und die Tasten in Regenbogenfarben stachen hervor. Spielen konnte ich an diesem Automaten jedoch nicht.

Einem Kind sei schlecht geworden. Es habe direkt auf den Bildschirm gekotzt, daher habe man ihn ausgesteckt, sagte einer der Aufpasser-Schrägstrich-Kassierer. Er war ein Deutschitaliener, mit dem ich mich etwas angefreundet hatte, nachdem ich fast fünf Tage in Folge in der Arcade mein Geld verpulverte, während alle anderen am Strand umhertollten. Dieser schwarze Automat hatte etwas vom Monolithen aus 2001: Odyssee im Weltraum. Er war rätselhaft. Zu gern hätte ich gewusst, was für ein Spiel auf ihm läuft. Dennoch vergaß ich ihn nach dem Urlaub wieder – für lange Zeit. Doch vor einigen Jahren schoss er mir wieder ins Gedächtnis. Denn was ich seinerzeit in Rimini sah, dieses black arcade cabinet , hatte erschreckende Ähnlichkeit mit Polybius , einer der bizarrsten und langlebigsten Gruselgeschichten, die die Welt der Videospiele je hervorgebracht hat. Ein Mythos, der mich nicht mehr losgelassen hat, seitdem ich das erste Mal davon in einem Forum las, dem ich immer wieder hinterher spürte und über den ich mittlerweile mit so einigen Menschen gesprochen habe, die ihm noch mehr verfallen sind als ich.

Station: Portlandia

Portland, Oregon ist, so habe ich mir sagen lassen, eine ganz schöne Stadt. Zumindest wenn dort nicht gerade Neo-Nazis mit Gasmasken, Körperpanzern und Fackeln durch die Straßen marschieren oder Polizisten friedliche Gegendemonstranten niederknüppeln. Die im Roccoco-Stil errichtete Arlene Schnitzer Concert Hall, das altehrwürdige Benson Hotel und der Mount Hood, der hinter dem Stadtpanorama aufragt: Ja, das hat schon was. Nicht zu vergessen: Die ganzen Hipster, die Kaffee aus Avocados schlürfen und handgeschnitzte Vogelfiguren verkaufen. Alles in allem sind Portland und seine ausufernden Vororte aber vergleichsweise dröge; jedenfalls für die Hauptstadt eines Bundesstaats mit immerhin 640.000 Einwohnern. Viel zu tun oder treiben gibt es abgesehen vom Kiffen, Trinken oder Nacktbaden wohl nicht. Das soll schon immer so gewesen sein. Die Kids zog es daher Ende der 1970er und Anfang der 1980er in die Arcades, deren goldene Ära da eigentlich schon langsam auszuklingen begann. Die Tilt Arcade, die Malibu Grand Prix Arcade, das Blue Diamond und andere Spielhallen, waren Orte, an denen passionierte Gamer geboren wurden. „All die gibt es heute nicht mehr“, sagt mir Cat DeSpira, die in Portland aufgewachsen ist, über lange Jahre für das Magazin Retrocade geschrieben hat – und von der ihr gleich noch viel mehr lesen werdet. „Ich weiß noch, wie ich dort war, gespielt habe – aber das ist lange vorbei.“

Im Jahr 1981 soll in diesen mit Automaten vollgestopften Hallen ein Neuling aufgetaucht sein; ein neuer Automat, einer, wie ich ihn Rimini sah. Mit seinem schwarzen Gehäuse soll er sich bescheiden und unauffällig zwischen Battlezone , Centipede und andere gedrängt haben. Lediglich ein neongrün leuchtender Marquee-Schriftzug machte ihn identifizierbar: Polybius , ein Automatenspiel, entwickelt, so stand es auf dem Startbildschirm, von einer bislang unbekannten Firma namens Sinneslöschen Inc. Das war seinerzeit nicht ungewöhnlich: Videospielentwickler testeten ihre Prototypen immer wieder in öffentlichen Arcade-Hallen, bevor sie landesweit aufgestellt werden sollten. Zumeist waren deren Gehäuse aber weiß und mit NEW GAME überschrieben. Ein neues Spiel lockt, fasziniert und fesselt schließlich. Doch auch ohne diesen expliziten Hinweis sollen sich die Kids und Teenager schon bald vor Polybius gedrängt haben. Sie hätten darum gerangelt, wer als nächstes am Automaten einen Vierteldollar einwerfen darf. Ja, klar, das gab es auch bei Monaco GP , Defender und Turbo. Aber bei Polybius war es dennoch irgendwie anders.

Sie sahen Worte vor ihren Augen aufblitzen und hörten Stimmen in ihren Gedanken. Sie waren nicht länger der Herr über ihren Verstand.
Cat DeSpira

Einige der jungen Spieler sollen vom Geschehen auf dem Schirm wie paralysiert gewesen sein. Sie konnten sich nicht vom Automaten lösen, reagierten nicht, wenn man sie ansprach, selbst, wenn das Spiel schon vorbei war. Nachdem sie sich gefangen hatten, sei es sogar noch schlimmer geworden. Sie litten plötzlich an Kopfschmerzen und Schwindelanfällen. Manche stolperten aus der Spielhalle und übergaben sich oder kollabierten; wussten nicht, wie sie nach Hause gekommen waren, und wurden in den kommenden Nächten von Albträumen heimgesucht. „Sie sahen Worte vor ihren Augen aufblitzen und hörten Stimmen in ihren Gedanken“, umreißt DeSpira. „Sie waren nicht länger der Herr über ihren Verstand.“ Die, die es am härtesten traf, wollten sich selbst verletzten – oder Schlimmeres. Einen Selbstmord, mehrere Selbstmordversuche soll es gegeben haben und wohl auch einen Mord. Aber ehe dieses absonderliche Geschehen allzu viel Aufmerksamkeit erregen konnte oder Polizei und Presse auf den Plan gerufen wurden, war es schon wieder vorbei. Von einem Tag auf den anderen seien die Polybius-Automaten verschwunden. Männer in schwarzen Anzügen seien gekommen, hätten sie hektisch aus den Hallen gekarrt, in ungekennzeichnete LKW verladen und weggebracht.

Conspirasse cum multis facies

Was war da 1981 in Portland passiert – oder besser: Ist das alles wirklich passiert? Genau das hat mich immer wieder umgetrieben. Und nicht nur mich, sondern auch andere: Wie eben Catherine ‚Cat‘ DeSpira. Sie ist Autorin und Journalistin. Vor allem aber ist sie Popkultur- und Videspielhistorikerin und forscht Polybius seit fast einer Dekade hinterher. Wie sie dazu kam? Ihr Freund sprach sie 2010 auf den Automaten an. „Er dachte, da ich zwischen 1981 und 1988 in Portland aufgewachsen bin, müsste ich ihn damals gesehen haben“, sagt mir die selbsternannte Retro Bitch , die mit ihrem ausgewaschenen T-Shirt und einer Jeansjacke voller Buttons einen lässigen Punk-Charme versprüht. „Nun, seitdem hänge ich da drin – länger als ich dachte“, sagt sie lachend.

Sowohl Cat als auch ich sind bei unseren Ermittlungen vor allem auf eines gestoßen: Unzählige Widersprüchlichkeiten und ein ganzes Netz aus irren Verschwörungstheorien und faszinierenden Mythen, die um Polybius aufgezurrt wurden – und scheinbar auf keinen Nenner zu bringen sind. Das beginnt schon damit, dass es vollkommen unsicher ist, was Polybius für ein Spiel gewesen sein soll: Mal wird es in den etlichen „Der Freund eines Freundes, der es gespielt hat“-Erzählungen als eine Sammlung von kaleidoskopischen Puzzles beschrieben. Dann wieder als ein Tempest -artiges Action-Werk, in dem ein kleines Raumschiff durch tunnelartige Gehirnwindungen gelenkt wird oder bei dem eine Mondbasis gegen Aliens verteidigt werden muss. Konsens existiert nur in einem Punkt: Polybius war sicher kein einfacher Arcade-Automat, sondern das psychomimetische Werk einer dunklen oder gar bösartigen Macht, die nichts Gutes im Schilde führte.

Im Internet lassen sich Theorien darüber finden, dass der US-Geheimdienst CIA mit dem Automaten fiese Gedankenkontrollexperimente durchgeführt hat – wohl als Teil des Programms MKUltra. In den 70er Jahren hatte die CIA unter diesem Namen Versuche zur Bewusstseinskontrolle durchgeführt. Gerne auch ohne das Wissen und Einverständnis der Testpersonen. Durch die stroboskopischen Lichtimpulse beim Spielen von Polybius sollen „die Selbstverteidigungsmechanismen des Gehirns gebrochen“ und subliminale Botschaften eingespeist worden sein. Andere glauben und behaupten wiederum, das Pentagon habe hinter dem Automaten gestanden. Wie im Film The Last Starfighter oder dem Roman Armada habe es mit dem Spiel junge und „im Geiste leicht zu formende Soldaten“ für ein Spezialprogramm rekrutiert, heißt es zumindest im Netz. „Ein Typ kontaktiert mich recht häufig“, sagt Cat DeSpira dazu. „Er behauptet, er wäre einer der Undercover-Agenten gewesen, die Kinder einfingen und sie mittels Videospielen einer Gehirnwäsche unterzogen. Einige Leute meinen, sie wären Zeuge eines Mordes an einem Testsubjekt gewesen.“

Ein Typ kontaktiert mich recht häufig. Er behauptet, er wäre einer der Undercover-Agenten gewesen, die Kinder einfingen und sie mittels Videospielen einer Gehirnwäsche unterzogen.
Cat DeSpira

Einige der neueren Thesen sprechen hingegen davon, dass irgendeine klandestine Forschungseinheit nach Laborratten für ein pervertiertes Technologieprogramm fahndete. Nach Teenagern, deren Gehirn „stark genug“ sei, um als Gefäß für eine Künstliche Intelligenz zu dienen. Daher seien immer wieder geheimnisvolle Männer durch die Arcade-Hallen gestapft, hätten Teile aus den Polybius-Automaten genommen, Kamerabänder eingesammelt und Daten ausgelesen. Das Geld im Münzfach hätte sie aber nicht interessiert. Auch Aliens, die Bewohner von Atlantis, die Illuminati, Reptilienmenschen und natürlich der Sowjetgeheimdienst KGB werden verdächtigt, Polybius aufgestellt zu haben. Letzterer soll damit versucht haben, die Teenager in den Selbstmord zu treiben oder in Amokläufer zu verwandeln, um das gesellschaftliche Gefüge in den Vereinigten Staaten zu destabilisieren.

Als möglicher Entwickler von Polybius wurde über lange Zeit zuvorderst ein Name genannt: Atari. Der legendäre Spielemacher soll Sinneslöschen Inc. als geheime Schwesterfirma ausgegründet haben, um moralisch und ethisch fragwürdige Projekte abzuwickeln. Ganz abwegig ist das nicht: Immerhin hatten sich die Macher von Pong und Breakout auch schon für eine Militärfassung von Battlezone hergegeben. Und auch wenn kein Mensch weiß, wie sich Polybius nun wirklich spielte, sind für viele die Parallelen zu Tempest unbestreitbar. Entsprechend wurde der Atari-Entwickler und Tempest-Vater Dave Theurer als das sinistre Mastermind hinter dem Gehirnwaschautomaten gehandelt. Ein Vorwurf auf den Theurer vor Jahren bei einem Skype-Interview nur mit einem milden Lächeln und „ich mag zwar als Entwickler psychedelischer Spiele gelten, aber so schlimm war es nun auch nicht“ reagierte. Sowieso sollte die Geschichte um Polybius vor zwölf Jahren einen ziemlichen Haken schlagen – nämlich als sich derjenige stellte, der den Automaten geschaffen haben will. Doch vorher nochmal ein weiterer Schritt zurück.

Die Sache mit dem Yogi

Eine der schwierigsten Fragen bei Polybius ist, wann die Geschichte um Polybius nun eigentlich geboren wurde. Sicher ist: Wer in das Jahr 1981 zurückblickt, wo der Automat für soviel Leid und Verwirrung gesorgt haben soll, wird den Namen nirgends finden. Weder in Zeitungsarchiven noch auf Fotos aus Arcade-Hallen oder in Bewegtbildsammlung irgendwelcher Art taucht der rabenschwarze Automat auf. Erst über zehn Jahre später wird er nachweisbar – im Usenet, dem geistigen Vorläufer der Internetforen und Facebook-Gruppen, die wir heute kennen. Es bestand aus einer Sammlung von Newsgroups genannten Diskussionsforen, die kryptische Adressen wie rec.games.video.arcade.collecting tragen. In einem Eintrag von 1994 wird, wie Cat DeSpira zitiert, ein „ Tempest-artiges Spiel, das Polybius heißt“ erwähnt. Auch der Name „Sinnesloschen“ kommt vor. Viel Aufsehen erregte dieser Beitrag damals aber offenbar nicht – ähnlich wie einige verdächtig ähnliche Posts, die in den Monaten danach folgten.

Erst vier Jahre später taucht Polybius erneut auf: als Registereintrag in der Arcade-Datendank CoinOp, der ein „irgendwie abstraktes“ Automatenspiel mit „schneller Action, mit einigen Puzzle-Elementen“ beschreibt. Der Text lässt sich noch heute nachlesen. Der Autor dieser Zeilen behauptet, dass der Automat wohl zur Verhaltensmodifikation eingesetzt wurde und zu schrecklichen Albträumen führte. Hinter den Einträgen steht angeblich Christian Oliver Windler, der in dieser Zeit als Cyberyogi unterwegs und durchaus berüchtigt war; vor allem da er immer wieder schräge Geschichten verbreitete. Er behauptete, einen DDR-Arcade-Automaten namens Phoenix gefunden zu haben und dass komprimierte MP3-Dateien das Gehör schädigen. Windler beschreibt sich als „Kind des Cyberzeitalter, geboren im Jahre des Pong “ und sei der Begründer der Logologie, „der ersten Religion des Cyberzeitalters“. Von Zeit zu Zeit hatte ich Cyberyogi angeschrieben und um ein Interview gebeten. Aber stets antwortete er, dass es ihn nerve, dass ihn „ständig irgendwelche Idioten (oder Geheimdienstler?)“ kontaktierten. Er habe mit Polybius „absolut nichts zu tun.“ Wenn doch, ich paraphrasiere und komprimiere hier mal einige seiner Aussagen, dann wären doch wohl Men in Black hinter ihm her.

Tatsächlich erreichten mich einige Male, nachdem ich versuchte, mit ihm in Kontakt zu treten, verstörende E-Mails, die mich aufforderten, nicht „weiter herumzuschnüffeln“ oder „den Kreis der Schweigenden zu durchbrechen“. Auch ein Anruf kam einmal herein: Zu hören waren piepsende Modem-Geräusche und ein schwer zu verstehendes Gespräch zwischen Männern, das, wie ich später durch Zufall herausfand, aus dem Science-Fiction-Verschwörungsfilm Philadelphia Experiment 2 stammte. Steckte Cyberyogi dahinter oder jemand anderes, der sich einen Spaß erlaubte oder den Mythos untermauern wollte? Das konnte ich nicht herausfinden. Sicher ist für mich jedoch, dass viele Cyberyogi als wichtigen Bestandteil der Polybius-Verschwörungstheorie sehen. Könnte er die Usenet-Einträge oder den CoinOp-Vermerk verfasst haben – oder alles zusammen? Eventuell. Vielleicht hatte er als Usenet-Veteran aber auch nur den ursprünglichen Eintrag über den Automaten gesehen, ihn als den perfekten Hoax verstanden und weitergetragen. Denn zu widersprüchlich erscheinen mir seine Formulierungen in den E-Mails und die vergleichsweise klaren Usenet- und Coinop-Beschreibungen zu Polybius.

Dass Cyberyogi den Polybius-Mythos erfunden und maßgeblich beeinflusst hat, daran hege ich jedenfalls Zweifel. Und damit stehe ich nicht allein da. „Ich glaube, seine Position in der eigentlichen Geschichte ist nicht so relevant. Ich denke nicht, dass er das ist, was man als Urheber bezeichnen kann“, insistiert Cat DeSpira. Ihr Argument: Zu viele Facetten der Geschichten würden „zielgenau“ die Spielhallenkultur Nordamerikas und im speziellen von Portland reflektieren. Sie würden Ereignisse dieser Zeit umreißen, die selbst sie erst nach langer Recherche aufgedeckt hat – und zu denen wir noch kommen werden. „Cyberyogi müsste da schon 1981 in Portland, Oregon gelebt haben“, sagt sie. Nach allem, was wir wissen, ist das nicht der Fall. Jedoch gibt es jemand anderen, auf den das durchaus zutrifft.

Die Odyssee von Steven Roach

Nach dem Eintrag in CoinOp köchelte die Polybius-Geschichte zunächst still vor sich hin. Nur dann und wann stolperte jemand darüber, verwies mit einem Link aus einem Gaming- oder Verschwörungsforum darauf. Bis das Unmögliche zu geschehen schien. Am 20. März 2006 meldete sich im CoinOp- und Retro-Gamer-Forum ein Mann namens Steven Roach, um „die Sache zu begraben, egal wie unterhaltsam die Spekulationen sind“. Er schrieb, er wäre einer derjenigen, die Polybius entwickelt haben. Gemeinsam hätten er und einige deutsche und osteuropäische Freunde im Jahre 1978 die tschechische Firma Sinneslöschen aufgezogen. Sie hätten Leiterplatten hergestellt und Auftragsprogrammierarbeiten erledigt, die ihnen in gewissen Kreisen einen guten Ruf bescherten. Irgendwann 1980 seien sie von einem südamerikanischen Unternehmen kontaktiert worden, dessen Namen er nicht nennen könne. Für sie sollte Sinneslöschen ein Videospiel mit Puzzle-Elementen entwickeln, das sich einer neuartigen Grafiktechnologie bediene. Sie schlugen sich die Tage und Nächte um die Ohren und schufen etwas, das sie selbst „für Stunden und Stunden“ spielten und das absolut süchtig machte.

Ende 1980 soll das Team den fertigen Prototypen abgeliefert haben – mitsamt dem mysteriösen Namen: Polybius. Der soll Programmierer Marek Vachousek eingefallen sein, der griechische Geschichte studiert hätte. Denn Polybius bezieht sich auf Polybios, einen griechischen Geschichtsschreiber, der für seinen Drang bekannt war, Zeitzeugen aufzuspüren und die Historie so akkurat wie möglich abzubilden. Gleichsam ist er auch Namensgeber eines simplen Verschlüsselungssystems, der Polybios-Chiffre. Wie Roach ausführt, hätte sein Team tolle Arbeit geleistet. Allerdings hätte es, als die Probe-Automaten im Raum Portland getestet wurden, einen unschönen Vorfall gegeben. Ein 13-Jähriger habe beim Spielen einen epileptischen Anfall erlitten. Der südamerikanische Auftraggeber habe daraufhin Panik geschoben. „Es wurde alles getan, um die Geräte aus der Öffentlichkeit zu holen“, so Roach. Das südamerikanische Unternehmen hätte Vertreter nach Portland geschickt, um die Lage zu beurteilen und sicherzustellen, dass alle Automaten eingesammelt werden. Kurz darauf hätte sich das Team von Sinneslöschen aufgelöst.

Es wurde alles getan, um die Geräte aus der Öffentlichkeit zu holen.
Steven Roach

Es ist eine spannende Geschichte, die Steven Roachs erzählt; eine, in deren Verlauf er sowohl den Namen seines Unternehmens als auch seinen eigenen falsch schreibt. Außerdem lässt sie uns mit mehr Fragen zurück als sie beantwortet – nicht zuletzt wegen zahlreicher Inkonsistenzen. Eine Kopie von Polybius als ROM? Gibt es angeblich nicht. Gewerbeeinträge zu einem Unternehmen namens Sinneslöschen? Sind nicht aufzufinden. Ich habe es versucht. In einem Interview, das Roach der Website Gamepulse.co.uk – später Bitparade.co.uk – gab, kommen weitere Widersprüchlichkeiten hinzu. Ein Ulrich Koller, der deutsche Programmierer, der den Namen Sinneslöschen erfunden haben soll, ist nicht auszumachen. Und mal ehrlich: Welcher deutschsprachige Mensch kommt auf eine solche Wortkonstruktion? Brian Dunning, der in seiner Webshow Skeptoid Verschwörungstheorien dekonstruiert, denkt, dass Steven Roach ein Trittbrettfahrer ist; einer, der sich einen Spaß machen wollte. „Was gibt’s für eine bessere Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu erhaschen, als sich als Teil einer beliebten Geschichte zu stilisieren“, sagt mir der Wissenschaftsautor. Das sei ähnlich wie bei all den Menschen, die nach Jahrzehnten ankommen und vorgeben, sie wären beim UFO-Absturz von Roswell dabei gewesen oder als George W. Bush 9/11 plante.

Was gibt’s für eine bessere Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu erhaschen, als sich als Teil einer beliebten Geschichte zu stilisieren.
Brian Dunning

Ist Roach also ein Betrüger? Klar, was er da behauptet, ist Mumpitz. Dennoch ist Cat DeSpira nicht mehr so sicher, ob wirklich alles an seiner Story frei erfunden ist. Denn einen Steve(n) Roach hat es durchaus gegeben. Der war allerdings kein Programmierer und Unternehmer, sondern ein ehemaliger Polizeibeamter und späterer Sicherheitsleiter der Umerziehungsanstalt Sunrise Beach in Cancún, Mexiko. Die Anlage war ein Ort, an dem aufmüpfige Mädchen aus den USA endlich „Anstand und Respekt“ lernen sollten. Das bedeutete für Roach und seine Frau Glenda, die Kinder zu schlagen und hungern zu lassen. Nachdem es einigen Mädchen 1996 gelang, zu fliehen und bei der Polizei um Hilfe zu bitten, wurde das Paar verhaftet. Allerdings konnten sich der stämmige Roach und seine Gattin 1998 nach Tschechien absetzen, wo er die Leitung der Morava Academy – oder auch des Morava Behavioral Modification Centers – bei Jelenice übernahmen; eine andere Umerziehungsanstalt, die noch viel schlimmer war. Doch auch die wurde wenig später von den Behörden hochgenommen.

Im November 1998 nahm die tschechische Polizei Roach und seine Frau fest. Ihnen wurde der „illegale Freiheitsentzug und die Folter von 57 Teenagern“ vorgeworfen, wie Ladka Bauerova für die Prague Post berichtete. Roach und seine Angestellten sollen die Kinder gezwungen haben, Sandsäcke um ihren Nacken zu tragen, Toiletten mit ihrer Zahnbürste zu putzen und ihr eigenes Erbrochenes zu essen. Roach habe wiederholt versucht, mit Schlafentzug und Sinnesdeprivation ihren Willen zu brechen – und noch viel Schlimmeres und Merkwürdigeres. „Viele ehemalige Schüler [wie sie offiziell bezeichnet wurden] haben mir gesagt, dass Steven Roach Videospiele nutzte, um ihnen beizubringen, richtig zu denken“, wie Cat DeSpira in mehreren Interviews mit den Opfern hörte. Er sei auf diese Methodik sehr stolz gewesen. Dazu hätte Roach einen „nicht gerade gesunden Humor“ gehabt, hätte Freude daran gefunden, andere in die Irre zu führen. Wenn er selbst glaubte, dass ihn die Schüler belogen, hätte er den Historiker Polybios zitiert: „Die Wahrheit ist das Auge der Geschichte!“ Der abstruse Beitrag bei CoinOp und Retro Gamer? „Der klingt, wie sie mir berichteten, nach etwas, was er [Roach] tun würde“, sagt DeSpira. „Ob das stimmt, oder nicht: Darüber können wir nur spekulieren.“

Aber noch bemerkenswerter ist für DeSpira, was sie noch über Roach in Erfahrung bringen konnte; ein Detail, das als Randnotiz abgetan werden könnte, wenn es nicht so gut mit ihrem Eindruck vom möglichen Autor der Polybius-Erzählung übereinstimmen würde: Roach verbrachte zwar viel Zeit in Mexiko und Kalifornien. Aber seine Familie lebt – oder lebte zumindest – in Portland, Oregon. Er habe sie immer wieder besucht, er kenne die Stadt, das Umland, die Menschen und die Kultur. Stimmt es, was seine Opfer gegenüber DeSpira sagten, kann er offensichtlich auch mit Video- und Aracade-Spielen einiges anfangen. Sind der Steven Roach, der das Geständnis verfasst hat, der Autor des ersten Polybius-Eintrags auf CoinOp zu sein, und der Folter- und Misshandlungsverbrecher also identisch? „Ich denke, sie sind dieselbe Person“, sagt DeSpira. „Das sind mir zu viele Zufälle.“ Roach, der sich nach seiner Verhandlung erneut absetzen konnte und nun wohl auf den Bahamas lebt, habe den Text geschrieben – ob nun allein oder zusammen mit jemand anderem.

Ich denke, sie sind dieselbe Person. Das sind mir zu viele Zufälle.
Cat DeSpira

Eigentlich könnte dieser Artikel hier beinahe enden. Denn es scheint ziemlich sicher, dass Steven Roach zumindest bei der Begründung der heutigen Polybius-Saga „gut mitgemischt hat“, wie DeSpira es formuliert. Er hat der Geschichte den Drall und die Details verliehen, die sie heute noch lodern lassen. Aber ist er auch der Ausgangspunkt dessen, was man als Polybius-Legende bezeichnen könnte? Cat glaubt, dass hier durchaus ein Unterschied zu machen sei – und zwar zwischen den aufgeplusterten Verschwörungstheorien, die seit den 2000ern umherschießen, und der Kerngeschichte von einem mysteriösen Automaten, der Kinder in Mitleidenschaft zog, sowie mysteriösen Männern, die ihn aufstellten haben und wieder verschwinden ließen. Auch Wissenschaftsautor Brian Dunning denkt, dass hier differenziert werden kann – und vielleicht auch muss. „Die ursprüngliche Story war recht simpel, ohne allzu viele Details“, sagte Dunning mir in einem Gespräch. „Wie bei einem Stille-Post-Spiel hat sich die Erzählung mit jedem Weiterverbreiten gewandelt, ist vielfältiger und farbenfroher geworden.“ Vielleicht sogar so stark, dass unter all den kruden Theorien, vermeintlichen Zeugen und gefälschten Bildern die einstige Urban Legend zu verschwinden droht – und die fußt auf mehr als nur einem Körnchen an Wahrheit. Denn im Jahre 1981 kam es in Portland tatsächlich zu einer Reihe betrüblicher Ereignisse.

Die ursprüngliche Story war recht simpel, ohne allzu viele Details. Wie bei einem Stille-Post-Spiel hat sich die Erzählung mit jedem Weiterverbreiten gewandelt, ist vielfältiger und farbenfroher geworden.
Brian Dunning

November 1981

Es war ziemlich genau 11 Uhr am 27. November 1981 als sich der zwölf Jahre junge Brian Mauro in der Arcade-Halle Malibu Grand Prix an einen Asteroids-Automaten setzte. Um ihn herum: sein Vater, seine Freunde und einige Zuschauer. Der Junge wollte einen neuen Rekord aufstellen und gab dafür alles. Ganze 28 Stunden spielte er am Stück, hielt sich mit literweise Cola wach und konzentriert. Bis er plötzlich mit schrecklichen Krämpfen zusammenbrach. Mehrere Tage verbrachte er daraufhin im Bett, war desorientiert, konnte seine Arme kaum bewegen und kein Essen bei sich behalten. Am selben Tag erlitt ebenfalls in der Malibu Grand Prix der 14-jährige Michael Lopez einen Anfall. Er hatte gerade versucht, den Highscore seines besten Freundes in Tempest zu brechen, das erst einen Monat zuvor aufgestellt worden war. „Ich spürte plötzlich ein merkwürdiges Gefühl in meinem Hinterkopf“, sagte Michael Lopez, der heute einen Nachtclub betreibt, gegenüber Cat DeSpira. „Dann konnte ich nicht mehr richtig sehen. Kleine flackernde Lichter erschienen. Mir wurde urplötzlich übel, ich stolperte hinaus und kotzte auf den Parkplatz.“ Seine Freunde wollten ihn nach Hause bringen. Aber nach der Hälfte des Weges brach Lopez auf einer Wiese zusammen. „Jemand rief die Polizei. Es war der erste Migräneanfall, den ich hatte“, sagte Lopez. „Seitdem hab ich sie immer wieder. Es war grauenhaft, ich wusste damals nicht, was mit mir passierte.“

Keinen wird es wundern, dass die beiden Vorfälle wenig später für einiges Aufsehen und wilde Spekulationen in den Arcade-Hallen, der Gemeinde und auf den Schulhöfen sorgten. „Meine Freunde waren total verstört“, erinnerte sich Lopez im Gespräch mit Cat DeSpira. Sie seien überzeugt gewesen, dass ihm das Spiel „etwas angetan hat“. Der Automat habe versucht, seinen Verstand zu übernehmen, wurde herumerzählt. Nicht wenige seiner Mitschüler hätten Tempest danach nie wieder angerührt. Andere wiederum hätten es jetzt erst recht als dumme Mutprobe spielen wollen, oder einfach um zu sehen, was passiert. Dazu kamen einige Dutzend besorgte Eltern, die sich beim wöchentlichen Buchclub und über Gartenzäune hinweg nun über diese „gefährlichen Videospiele“ austauschten und den Kids verboten, an diese grässlichen Daddelmaschinen zu gehen – was sie natürlich trotzdem taten und dabei den Schulhofklatsch weitverbreiteten. Genau an diesem Punkt, davon sind sowohl DeSpira als auch ich überzeugt, wurde die Essenz der Urban Legend – und dadurch der Kern von Polybius insgesamt – gezeugt.

Nur einige Tage nach den Vorfällen um Brian Mauro und Michael Lopez in der Malibu Grand Prix kam das nächste Puzzleteil hinzu. In ganz Oregon führten Bundesbeamte simultan Razzien in Bars, Nachtclubs und auch Arcade-Hallen durch. Denn anders als es 80er-Jahre-Filme oder Serien wie Stranger Things vorspielen, waren Arcade-Hallen nicht diese unschuldigen und behüteten Orte: Hier wurden Drogen gehandelt, es wurde Geldwäsche betrieben und die neben den Videospielen stehenden Glücksspielmaschinen waren oftmals manipuliert. Einige Hallenbesitzer sollen sogar die Arcade-Automaten umgebaut haben, damit diese nebst Punkten auch Geld auswerfen. Über ein Jahr hinweg soll dieser Video Game Raid durch gezielte Observation und Stichproben vorbereitet worden sein. Ermittler suchten nach Umbauten an den großen Kästen, ließen sie öffnen und überprüfen, holten beim laufenden Betrieb einzelne Automaten aus der Halle oder kamen, um Bänder von Überwachungskameras abzuholen. „In diesem Sinne waren die Männer in Schwarz echt“, sagt Brian Dunning „Es existieren Verbindungen zu realen Ereignissen.“

Außerdem hatte die US-Bundespolizei für eine Operation in Seattle, Washington mehrere Arcade-Automaten gekauft oder gemietet – vor allem von Spielhallenbetreibern im unweit gelegenen Portland. Mit diesen hatten die Behördenmitarbeiter eine falsche Spielhalle aufgebaut und betrieben – bei der mehrere der Automaten mit Kameras und Mikrophonen bestückt worden waren. Eines der Games, das zu dieser Zeit schwer zu kriegen und zu ersetzen war, war Tempest. „Das bedeutete, dass einige Hallenbesitzer in Portland plötzlich ohne Tempest dastanden“, sagt DeSpira. Dadurch hätte es gewirkt, als wäre das Videospiel, das gerade erst aufgestellt worden war, von Männern in Schwarz abgeholt worden. Erst Monate später kehrte Tempest wieder langsam in die Hallen zurück – eine Zeit, da, DeSpira erinnert sich, „die meisten Arcades bereits schlossen“. Es war gut möglich, dass Kids also von diesem gefährlichen Arcade-Automaten gehört und ihn kurz gesehen hatten, aber danach nie wie zu Gesicht bekamen. Hier habt ihr also Polybius.

Ich glaube, alle diese Geschichten sind in wahren Ereignissen verwurzelt.
Cat DeSpira

Angst und Panik

„Ich glaube, alle diese Geschichten sind in wahren Ereignissen verwurzelt“, sagt mir Cat DeSpira. Und zumindest in diesem Fall stimmt es: So einiges, was in der ursprünglichen Polybius-Geschichte vorkommt, ist irgendwie geschehen – und in Zeitungsarchiven nachprüfbar: kranke Kinder, Männer in schwarzen Anzügen, Automaten, die abgeholt wurden und auf Nimmerwiedersehen verschwanden. „Diese Vorfälle hatten nichts miteinander zu schaffen“, führt der Mythenexperte Brian Dunning an. „Aber im Nachhinein wurden sie zu einer großen Geschichte vermischt.“ Eine, die viel dramatischer und aufregender als ihre auch so schon bemerkenswerten Einzelteile ist. Durch jedes „Hast du gehört, dass…“, jede Ungenauigkeit, Ausschmückung, Überhöhung und den menschlichen Drang, eine noch coolere Story zu präsentieren als andere, wucherte die Legende. Irgendwann, zwischendrin – wer weiß schon, wann – kam dann der heute so berühmte Name des Teufels-Automaten hinzu. Vielleicht war es Cyberyogi, vielleicht Roach oder irgendjemand, der uns vollkommen unbekannt ist und sich seit Jahren über den Erfolg seiner Schöpfung amüsiert: „Mit Bestimmtheit wissen werden wir das nie“, so DeSpira. „Zumindest fürchte ich das.“

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Dass sich Polybius als Mythos, Verschwörungstheorie und Story-Vehikel so dauerhaft hält, liegt daran, dass es so viele unserer Ängste und Faszinationen stimuliert. Der einstige Mythos wurde aus der elterlichen Angst vor neuen Medien geboren und der kindlichen Furcht, dass unsere Leidenschaft zu unserem Verhängnis werden könnte. „Technophobie und Dystopie sind das Brot und die Butter der Science Fiction und die Polybius-Geschichte ist Science Fiction“, stellt Brian Dunning fest. Über die mittlerweile fast 40 Jahre wurde Polybius zum Gefäß und zur Inkarnation stetig neuer Unsicherheiten einer sich wandelnden Gesellschaft. Das Misstrauen gegenüber der eigenen Regierung, die Angst vor Terrorismus, dem Zerfall der Zivilgesellschaft und einem dritten Weltkrieg manifestierten sich in Abwandlungen, Additionen und neuen Rahmennarrativen: Die CIA, das US-Militär, Aliens und die Sowjetunion und noch mehr kamen hinzu, wurden zur schattenhaften Kraft, die nicht nur experimentierte, sondern auch Morde und Selbstmorde auf dem Gewissen habe. Natürlich ist das alles Unfug, pure Erfindung und Wahn wie Chemtrails oder Echsenmenschen. Das macht Polybius auch irgendwie gefährlich – und gerade dadurch reizvoll, weil düster und leicht entflammbar.

Daneben ist Polybius noch viel mehr als nur ein Mythos und eine Verschwörungstheorie: Der Automat, den es nie gab, ist ein Popkultur-Artefakt, das in Romanen, TV-Serien, Internet-Horror-Geschichten und natürlich Videospielen auftaucht. Etwas, das wohl auch unserer derzeitigen Faszination für und, ja, dem regelrechten Hype um die Film-, Spiel- und Lebenskultur der 80er Jahre zu verdanken ist. Wie Brian Dunning glaubt, wird sich Polybius auch weiterhin anpassen, wandeln und umformen – wohin und zu was auch immer. Denn der Automat habe sich als außergewöhnlich tragfähiges Gefäß für vielfältigste Erzählungen und selbst bizarrstes Verschwörungsdenken erwiesen. Dazu gebe es, obwohl Polybius heute leicht als Mythos zu enttarnen ist, „immer noch so viele Leute, die glauben wollen, das etwas dran ist“. Hier muss ich wohl gestehen, dass es auch mir so geht; dass auch ich gerne glauben würde, dass es diesen Automaten gab, der von der CIA oder der US-Army entwickelt wurde, um fiese Experimente durchzuführen – und nun wohl neben der Bundeslade in einem geheimen Lagerhaus steht. Natürlich bis auf das eine Exemplar, das es über verschlungene Pfade ins italienische Rimini schaffte. Aber vielleicht ist ja auch das alles hier nur ein Mythos und eine Lügengeschichte.

Dieser Text ist ein Experiment und vermengt Fakten mit Fiktion. Er ist zuerst im Videospiel-Bookazine WASD erschienen.

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