Wer in jungen Jahren exzessiv trinkt, kann sein Gehirn nachhaltig schädigen. Forscher haben nun jedoch die Hoffnung, dass sich einige Folgen des „Komasaufens“ wieder reparieren lassen.
Von Michael Förtsch
Das Coronavirus hatte zumindest einen nachweislich positiven Nebeneffekt. Im ersten Jahr der Pandemie hat sich die Zahl der Jugendlichen in Deutschland, die aufgrund von Alkoholmissbrauch behandelt werden mussten, nahezu halbiert. Das ist zumindest das Resultat einer Erhebung der Krankenkasse DAK. Dennoch ist das Rauschtrinken, auch Komasaufen oder Binge Drinking genannt, weiterhin ein großes Problem. Denn vor allem bei Jugendlichen kann das exzessive Trinken nicht nur unmittelbar gesundheits- und sogar lebensbedrohliche Folgen haben, sondern kann auch nachhaltige Schäden verursachen.
Nach einer Studie der US-amerikanischen National Academy of Sciences kann regelmäßiges Komasaufen neuronale Schäden hinterlassen. Es kann insbesondere den Hippocampus schädigen – beziehungsweise dessen Fähigkeit, neuronale Stammzellen auszubilden. Die Region des Großhirns ist für das Langzeitgedächtnis und die Lernfähigkeit verantwortlich. Außerdem kann die Gehirnchemie dauerhaft durcheinandergebracht werden. Das Resultat: Konzentrationsschwächen und Alkoholsucht. Eine Studie der University of Illinois Chicago macht jedoch nun Hoffnung. Mittels einer Gen-Therapie könnten sich Schäden durch das Trinken im Teenageralter möglicherweise in Teilen umkehren lassen – selbst Jahre später.
Ein Team der US-Universität experimentierte mit der Gen-Schere CRISPR an Ratten. Konkret versuchten die Wissenschaftler, die Arc-Gene in der Amygdala, dem Emotions- und Erinnerungszentrum des Gehirns, zu manipulieren, um sie „auf Werkeinstellungen“ zurückzusetzen, wie Subhash Pandey, einer der Studienautoren, sagt. Dadurch könnten diese Gene wieder stärker für eine Aktivierung zugänglich gemacht werden und die Gehirnchemie erneut in Einklang bringen.
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In den Versuchen der Wissenschaftler zeigte sich, dass Ratten, die im Ratten-Äquivalent zum Teenageralter starkem Alkoholkonsums ausgesetzt waren, nach dem Gen-Eingriff wieder zu einem „normaleres Verhalten“ zurückkehrten. Beispielsweise konnten sie wieder besser und schneller in Labyrinthen navigieren. Ebenso sei die „Lust nach Alkohol“ bei den Ratten verringert gewesen, was gemessen wurde, indem die Ratten die Wahl zwischen Leitungswasser und Zuckerwasser mit verschiedenen Alkoholkonzentrationen bekamen.
„Früher Alkoholmissbrauch kann lang anhaltende und signifikante Auswirkungen auf das Gehirn haben“, sagt Pandey. „Und die Ergebnisse dieser Studie liefern Hinweise darauf, dass Gen-Manipulation ein potenzielles Gegenmittel gegen die Auswirkungen darstellen kann.“ Ob die Therapie tatsächlich auch bei Menschen wirkt, muss in den kommenden Jahren erforscht werden. Denn es ist stets schwierig, die Resultate, die bei der Forschung mit Nagetieren erzielt werden, auf Menschen zu übertragen.
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