Ein US-Forscher will, dass wir eine genetische Arche auf dem Mond anlegen

Wissenschaftler sorgen sich um die Erde und das Fortbestehen der Menschheit. Daher schlägt nun ein US-amerikanischer Forscher vor, eine Arche auf dem Mond zu errichten. Dort soll ein Back-up der Tier- und Pflanzenwelt angelegt werden.

Von Michael Förtsch

Es braucht nicht sonderlich viel, um die Menschheit in große Gefahr zu bringen. Das demonstriert gerade das Coronavirus, das schon jetzt weltweit für über 2,5 Millionen Tote gesorgt hat. Virologen warnen bereits, dass derartige Pandemien in Zukunft von der Ausnahme zur Regel werden und noch drastischer und tödlicher ausfallen könnten. Und auch der Klimawandel stellt eine existenzielle Bedrohung dar. Er könnte dafür sorgen, dass weite Regionen der Erde unbewohnbar werden, Hungersnöte und Naturkatastrophen immer häufiger auftreten. Darüber hinaus kennt das Centre for the Study of Existential Risk an der Universität Cambridge noch zahlreiche weitere Optionen, wie die Menschheit zu Grunde gehen könnte – vom Einschlag eines Meteoriten über den Abbruch von Nahrungsketten, Bio-Waffen, Sonnenstürmen bis hin zu Künstlicher Intelligenz.

Diese Gefahren sieht auch Jekan Thanga, Luft- und Raumfahrtingenieur von der University of Arizona. „Die Erde ist ein sehr fragiler Ort“, sagt er. Die Menschheit, die Flora und Fauna der Erde insgesamt, seien wie durch ein Wunder bisher an katastrophalen Auslöschungsszenarien vorbeigeschrammt. Laut einer – nicht unumstrittenen – These soll die Menschheit zuletzt vor 75.000 Jahren ihrem Ende entgegen geschaut haben. Damals brach der Supervulkan Toba aus und führte zu einer Mini-Eiszeit, die die menschliche Zivilisation auf wenige Tausend Individuen reduzierte. Laut Thanga sollte sich die Menschheit darauf vorbereiten, dass derartiges erneut geschieht.

In etwa so solle die Anlage aufgebaut werden.

Der US-Forscher schlägt daher vor, eine Art Lebensversicherung für Menschheit und Erde anzulegen. Derartige Überlegungen sind nicht neu. Mit dem Svalbard Global Seed Vault existiert auf der Insel Spitzbergen bereits ein Bunker, in dem mehrere Millionen Proben von wichtigen Pflanzen eingelagert sind. Nicht weit entfernt davon existiert eine Kohlemine, in der kulturelle und technologische Schätze vor der Apokalypse geschützt werden. Darunter Filme aber auch Quellcodes für Computerprogramme. Thanga zufolge ist das aber nicht genug. Er will, dass Eizellen und Sperma von Tieren und andere genetische Proben von allen essentiellen Organismen der Erde gesammelt und verwahrt werden. „Die Menschheit hat die fundamentale Verpflichtung, die Diversität des Lebens zu bewahren“, sagt er. Allerdings: Die Erde sei dafür nicht der passende Ort.

Ein Back-up auf dem Mond

Gemeinsam mit einer Gruppe von Studierenden ist Jekan Thanga zur Überzeugung gekommen, dass so ziemlich jeder Platz auf der Erde für eine „moderne Arche“ nicht sicher wäre. Sie könnten leicht von den steigenden Meeren überflutet, von Buschfeuern verbrannt oder durch Erdbeben in Schutt und Asche gelegt werden. Wie ein Back-up eines Computers sollte auch ein Back-up der Erde daher idealerweise an einem anderen Ort angelegt werden. Thanga plädiert daher dafür, eine solches Archiv für die Biodiversität der Erde auf dem Mond zu errichten. Genauer gesagt. unter dessen Oberfläche, in einer der Lavaröhren, die mehrere Dutzend Meter in der Tiefe verlaufen und daher schon als potentieller Standort für Habitate auf dem Erdtrabanten angedacht sind.

Unter der Mondoberfläche wäre eine solche Anlage vor Mikrometeoriten, Strahlung und Hitze geschützt. Mit Temperaturen von -160 Grad Celsius in der Nacht und einer Durchschnittstemperatur von -55 Grad Celsius ist die lunare Umgebung ein natürliches Gefrierfach. Den Aufbau einer Arche stellt sich Thanga vergleichsweise simpel vor. Es brauche ein Aufzugs- und Schachtsystem, das die Anlage zugänglich macht und möglichst luftdicht abschließt. In der Röhre würden Kryogenickammern für das Archiv und Vorbereitungs- und Laborkammern angelegt, in denen Roboter die Proben präparieren und analysieren. Ein Computersystem würde kontinuierlich die Integrität der einlagerten Präparate kontrollieren und die Informationen zur Erde funken. Strom käme über ein Solarkraftwerk, das an der Oberfläche aufgestellt würde.

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Eine solche Anlage wäre ein immenses Unternehmen. Aber Thanga glaubt, dass in Zukunft Roboter das Auskundschaften der Lavaröhren und vielleicht auch den Aufbau der Anlage übernehmen könnten. Dennoch wären nach Berechnungen der Gruppe um den Forscher wohl 250 Raketenstarts nötig, um alle Bauteile und Proben auf den Mond zu schaffen. Aber das sei ein geringer Preis für ein Back-up der biologischen Vielfalt der Erde, sagt Thanga. Dass die Basis in absehbarer Zukunft so gebaut wird, das glaubt der Wissenschaftler allerdings nicht. Noch fehle in Teilen die Technologie, die es für ein solches Projekt brauche. Aber, so Thanga, es sei „wichtig, den Gedanken und die Idee“ zu teilen, damit sie weitergedacht und weiterentwickelt werden kann.

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Teaser-Bild: CC BY-SA 2.5 Torsten Edelmann

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