Die japanischen Forscher Hiroshi Ishiguro und Kohei Ogawa haben einen Roboter entwickelt, der von einer Künstlichen Intelligenz gesteuert wird. Der Roboter mit menschenähnlichem Gesicht soll nun ganz groß rauskommen. Denn er hat die Hauptrolle in einem Science-Fiction-Film ergattert.
Von Michael Förtsch
Sie ist gerade einmal fünf Jahre alt. Ihr Gesicht ist symmetrisch, makellos, ohne Falten, aber wenig ausdrucksstark. Dennoch soll Erica die Hauptrolle in einem 70 Millionen US-Dollar teuren Science-Fiction-Film übernehmen. Denn sie ist wie dafür gemacht. Erica ist nämlich ein Roboter, der von den Wissenschaftlern Hiroshi Ishiguro und Kohei Ogawa entwickelt und erstmals 2015 vorgestellt wurde – und durchaus Eindruck machte. Erica versteht Worte und ganze Sätze, kann mit einer synthetischen Stimme antworten, einfache Konversationen führen und mit ihrer gruselig hölzernen Mimik auch Emotionen ausdrücken. Überrascht, wütend, traurig und verdutzt kann sie schauen.
Die Science-Fiction-Produktion, in der sie auftreten soll, soll den schlichten Titel b tragen. Sie soll sich um einen Wissenschaftler drehen, der eine Methode entwickelt, um das menschliche Erbgut zu perfektionieren. Etwas, das sich als großer Fehler erweist, woraufhin der Wissenschaftler mit Erica im Schlepptau fliehen muss, die im Film eine Mischung aus Bio-Organismus und Künstlicher Intelligenz darstellt. Für das Drehbuch sind der Special-Effects-Künstler Eric Pham, der Schauspieler Tarek Zohdy und Produzent Sam Khoze verantwortlich. Hinter der Produktion stehen unter anderem die Macher von Filmen wie To the Bone und Loving Vincent. Wer die Regie übernimmt, ist bislang aber noch unsicher.
Ebenso unklar ist, ob und wie genau Erica im Film auftreten wird. Ob sie beispielsweise als vollends digitales 3D-Model in den Film integriert wird oder ob tatsächlich der reale Roboter, den Hiroshi Ishiguro und Kohei Ogawa geschaffen haben, zu sehen sein soll. Laut ihren Machern soll Erica jedoch tatsächlich über schauspielerisches Können verfügen – und das auch demonstrieren. Sie hätten der Künstliche Intelligenz, die dem Roboterkörper kontrolliert, dafür „die Prinzipien des Method Acting beigebracht“.
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Digitale Roboter?
Erste Probeaufnahmen mit dem echten Roboter sollen bereits 2019 in Japan stattgefunden haben. Der echte Dreh für b ist derzeit für Juni 2021 angesetzt, wenn sich denn rechtzeitig der passende Cast und ein Regisseur finden. Sollte das passieren, wäre b der erste Film mit einer echten Künstlichen Intelligenz in einer Hautrolle. Roboter selbst im Film wären jedoch kein sonderliches Kuriosum. Bereits 1927 war in Fritz Langs Metropolis ein Maschinenmensch auf der Leinwand zu sehen, der von Brigitte Helm verkörpert wurde, die dafür in ein hölzernes Kostüm gezwängt wurde. Und erst im vergangenen Jahr war in Alita: Battle Angel die gleichnamige Roboterheldin zu sehen, die vollends im Computer entstand und via Motion-Capture-Verfahren in den Film eingepasst wurde.
Die Entscheidung, einen Roboter zum Schauspieler zu machen, ist nicht die einzige kuriose Casting-Möglichkeit, die durch moderne Technologien entstanden ist. Im Jahr 2017 hatte ein Team angekündigt, einen Kriegsfilm namens Finding Jack zu drehen. Eine der Hauptrollen soll an James Dean gehen, der bereits vor 65 Jahren verstorben ist. Der Schauspieler, der zuletzt im 1956 erschienen Drama Giganten zu sehen war, soll mit verschiedenen digitalen Technologien wieder zum Leben erweckt werden. Unter anderem soll ein komplett digitales 3D-Körper-Doubel erstellt werden, ähnlich wie in Gemini Man mit Will Smith. Zusätzlich sollen Originalaufnahmen und möglicherweise auch Deepfake-Technologie genutzt werden.
Teaser-Bild: Osaka University/ATR