Dieser gruselige Roboter ist menschlicher als ihr denkt

Er sieht aus wie ein Killer-Roboter, blickt sein Gegenüber aber an wie ein Mensch. Ein Forscherteam aus den USA hat diesem Roboter die Fähigkeit gegeben, die Augenbewegungen eines Menschen zu imitieren. Das soll das mechanische Wesen lebendiger und vertrauenswürdiger machen.

Von Michael Förtsch

Keine Haut und blank liegende Zähne, hinter denen sich mechanische Scharniere, Hydraulikschläuche und Computerplatinen erkennen lassen. Der Roboter sieht wie der Bösewicht aus, vor dem die Heldin in einem Science-Fiction-Horror-Film davon laufen würde. Allerdings soll der etwas gruselig anmutende Blechkamerad laut seinen Erschaffern, einem Team der University of Illinois, des California Institute of Technology, der Urbana-Champaign und der Disney-Forschungsabteilung Walt Disney Imagineering, sonst ziemlich menschlich sein. Denn er kann etwas, was seine Artgenossen bislang nicht können. Er kann schauen wie ein Mensch und seinem Gegenüber „in die Seele blicken“.

Der Roboter, der hauptsächlich aus einem mit Computerhardware gefüllten Torso und einem Kopf besteht, kann über eine 3D-Kamera samt Mikrophon im Brustbereich erkennen, wenn sich ihm gegenüber jemand hinsetzt. Mit seinen Augen kann er diese Person dann „in den Blick nehmen“ – aber nicht mit einem leeren Starren. Er stellt einen sehr menschlichen Blickkontakt her, der „die Illusion von Leben“ ermöglicht. Die Entwickler haben das Augenpaar des Roboters dafür mit einer äußerst komplexen Anordnung von künstlichen Muskeln verbunden. Die Augen eines Menschen sind nämlich, auch wenn sie auf einen Punkt fokussiert sind, stets in Bewegung und stehen niemals vollkommen still.

Durch die künstlichen Muskeln, die aus kleinen Elektromotoren, Drähten, Hebelvorrichtungen und Elektromagneten bestehen, können die Roboteraugen wie die Augen eines Menschen sogenannte Sakkaden vollführen, subtile Mikro- und Korrekturbewegungen. Dadurch soll es für einen Menschen wirken, als würde der Roboter einem selbst nicht nur in die Augen starren, sondern das eigene Gesicht mustern, wieder Blickkontakt suchen oder, wenn beispielsweise ein Geräusch in der Ferne ertönt, für einen Sekundenbruchteil abgelenkt seine Umgebung kontrollieren. Sachte Auf- und Ab-Bewegungen der Augen simulieren zudem das „Nachsteuern“, das beim Ein- und Ausatmen entsteht. Ebenso verfügt der Roboter über Augenlider, die zufällig blinzeln und dazu dienen, dem Blick verschiedene Emotionen zu verleihen. Beispielsweise kann der Roboter dadurch einen konzentrierten, interessierten, wütenden oder enttäuschten Eindruck machen.

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Die Technik könnte in Disney-Parks Anwendung finden

„Es hat sich gezeigt, dass der Blick ein wichtiges soziales Signal ist, das die Wahrnehmung der Interaktionspartner prägt“, schreiben die Autoren in der Studie zum Roboter. Denn der Blickkontakt und die Art und Weise, wie jemand schaut, könne unbewusst zahlreiche soziale und emotionale Informationen transportieren. Ein Blick kann darüber bestimmen, ob wir unser Gegenüber als aufrichtig, intelligent, vertrauenswürdig, freundlich oder feindlich gesinnt, interessiert oder desinteressiert einschätzen. Vor allem aber verrät uns ein Blick, ob das Gegenüber über ein Bewusstsein verfügt und seine Umgebung vollends wahrnimmt. Aufgrund dessen, schreiben die Forscher, „ist es offensichtlich, dass der Blick als ein wichtiges Werkzeug für einen interaktiven Robotercharakter fungieren kann“.

Verfügt ein Roboter nicht über die Fähigkeit zu einem menschlichen Blick, kann das Personen abschrecken oder sogar ängstigen. Etwas, das sich unter anderem beim Roboter Sophia zeigte, der zwar die Gestik und Mimik eines Menschen emulieren kann, jedoch nur sehr rudimentär seine Augenbewegungen. Ein Mensch sei laut den Forschern eher gewillt, sich auf einen Roboter einzulassen, wenn der die Fähigkeit besitzt, einen vertrauenswürdigen und freundlichen Blick aufzusetzen – statt leer und gefühllos dreinzuschauen.

Die Technik des Forscherteams könnte schon bald breiten Einsatz finden – und zwar in den Vergnügungsparks der Disney Corporation, die bereits seit Jahrzehnten mit animatronischen Charakteren von echten historischen Charakteren und natürlich Disney-Cartoonfiguren ausgestattet sind. Ebenso könnte die Technik eingesetzt werden, um die Kostüme in denen Animationskünstler für Freude sorgen, lebendiger zu machen. Die Technik könnte es ermöglichen, die Mimik der Menschen unter den Masken auf die künstlichen Gesichter von Micky Maus, Goofy und Donald Duck zu übertragen.

Teaser-Bild: Disney Research

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Die Kammerspiele in München hatten in diesem Kontext eine Show mit dem Namen „uncanny Valley“ (unheimliches Tal).

Diese Bezeichnung hat der japanische Robotiker Masahiro Mori gewählt, um die Spannung zu beschreiben zwischen Menschenähnlichsein eines Roboters aber gerade nicht gut genug, so dass eine kleine Differenz ein Schaudern verursacht.

Daher ist der Titel mit dem gruseligen Roboter ganz gut gewählt.

Finde das Video aus dem Text allerdings faszinierend und hätte nicht gedacht dass man einem Menschenblick so „leicht“ dich recht nahe kommt…

Hier der link zum uncanny Valley teaser der Kammerspiele:

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