In Science-Fiction-Filmen werden die Computer von Raumschiffen oft mit Sprachbefehlen gesteuert. Das könnte in einigen Jahren auch bei realen Raumschiffen und Raumstationen so sein. Daran arbeiten zumindest Lockheed Martin, Cisco und Amazon. Testweise soll im März dieses Jahres daher schon ein Amazon-Echo-Lautsprecher rund um den Mond fliegen.
Von Michael Förtsch
Das aktuelle Wetter ansagen, Musik spielen, Nachrichten versenden, im Internet suchen oder Pizza bestellen, moderne Sprachassistenten können heute schon einiges sehr gut. Daher werden sie vor allem von jüngeren Menschen immer selbstverständlicher genutzt. Und in den kommenden Jahren vielleicht auch von Astronauten. Das ist es zumindest, was der Waffen-, Luft- und Raumfahrtkonzern Lockheed Martin, der Netzwerkausrüster Cisco und Amazon planen. Die drei Unternehmen wollen als Teil der für März 2022 geplanten Mondmission Artemis 1 einen speziell angepassten Amazon-Echo-Lautsprecher und damit das Sprachassistenzsystem Alexa an Bord des Raumschiffs Orion auf eine Tour rund um den Mond schicken.
Die Artemis-1-Mission ist unbemannt, aber soll von den Entwicklern genutzt werden, um zu prüfen, ob und wie gut Sprachassistenzsysteme die Besatzung von Raumschiffen in Zukunft bei ihrer Arbeit unterstützen und entlasten könnten. Dafür sollen „virtuelle Crew-Mitglieder“ per Funkverbindung Testbefehle an das Assistenzsystem übermitteln. Der Flug soll der erste Schritt in einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm namens Callisto sein, das insbesondere die Tauglichkeit und Anpassbarkeit von Amazons Alexa und der Cisco-Videokonferenzplattform Webex für einen solchen Einsatz aufzeigen soll.
„Wir wollen demonstrieren, dass diese Technologie den Astronauten beim Umgang mit den einzigartigen Schnittstellen [der Raumfahrttechnik] helfen kann, ihre Arbeit einfacher, sicherer und effizienter gestalten kann“, sagt Rob Chambers von Lockheed Martin. Tatsächlich können klassische Bedienelemente wie Schalter, Drehregler aber auch moderne Touch Screens für Astronauten eine Herausforderung darstellen, da die Schwerelosigkeit die Hand-Augen-Koordination und – nach längerem Aufenthalt im All – auch die Sicht beeinflusst.
Es tut mir leid, Dave, aber das kann ich nicht tun
Die Amazon- und Cisco-Technologie von Callisto soll es Astronauten zunächst erlauben, mit Sprachbefehlen beispielsweise eine Verbindung zum Bodenteam aufzubauen, die Beleuchtung in einer Kapsel zu steuern, Diagnosen durchzuführen oder Daten abzurufen. „Eine Möglichkeit, Callisto zu nutzen wäre, zu sagen: ‚Alexa, wie hoch ist die Durchschnittstemperatur aller Batterien und wie hoch ist die Spitzentemperatur?‘ Dann wird sie die Datenverarbeitung durchführen“, sagt Chambers. Also fast so, wie es Science-Fiction-Fans aus TV-Serien wie Star Trek kennen.
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Jetzt Mitglied werden!Langfristig können sich die Entwickler durchaus vorstellen, Sprachassistenten die Kontrolle über die Antriebs- und Steuersysteme eines Raumschiffs zu übergeben – zumindest in Teilen. Astronauten könnten Wiedereintrittswinkel einsprechen statt eintippen. „Unsere Ingenieure haben zusammen mit den Teams von Lockheed Martin und Cisco eine Menge Arbeit geleistet, um sicherzustellen, dass Alexa in dieser sehr anspruchsvollen Umgebung gut funktioniert“, sagte Aaron Rubenson vom Amazon-Alexa-Team gegenüber SpaceNews. Beispielsweise müssen, anders als bei einer heimischen Alexa, die Sprachanalysen via Künstlicher Intelligenz von einem lokalen Computer vorgenommen werden, statt von einem Server in der Cloud.
Ein aktiver Einsatz von Alexa durch Astronauten bei einer Raumfahrtmission ist derzeit nicht geplant. Weder auf einer Artemis-Mission noch einer anderen Mission der NASA. Dennoch können sich die Entwickler vorstellen, dass Alexa irgendwann in Raumstationen wie dem Lunar Orbital Platform-Gateway oder Mondfahrzeugen integriert sein wird. Momentan gehe es zunächst nur darum, zu überprüfen, ob und wie sich die aktuelle Technologie im Umfeld einer Raumkapsel schlägt, ob sie in einer solchen Umgebung sicher und nachvollziehbar arbeitet. Denn natürlich sollen Astronauten der Technologie vertrauen können und sicher sein, dass es nicht zu Szenen wie aus 2001: Odyssee im Weltraum kommt.
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