Videospiele werden für immer mehr Menschen zum Alltag. Ebenso wird auch die Virtual Reality stetig zugänglicher. Das ARD-Thriller-Drama Play nimmt sich dem Thema an – aber liefert einen tumben Angstfilm, der Games mit Drogen gleichsetzt.
Von Michael Förtsch
Eigentlich muss es nicht mehr gesagt werden. Videospiele sind Normalität. Sie sind nicht nur Zeitvertreib, sondern auch Kunst, Kultur und stellen Plattformen dar, die Menschen über nationale, gesellschaftliche und kulturelle Grenzen hinweg zusammenbringen. Und mit Virtual Reality soll es gelingen, die digitalen Erlebnisse noch realer, greifbarer und immersiver zu gestalten. Der Spieler soll nicht nur in die Games eintauchen, sondern sie sollen ihn visuell und akustisch umgeben. Und das gelingt in Ansätzen auch schon – wie virtuelle Virtual-Reality-Welten wie OrbusVR: Reborn, AltspaceVR oder auch das schräge VRChat zeigen. Virtual-Reality-Gaming ist etwas, das unsere Gesellschaft der Zukunft prägen wird – ob nun in ein paar Jahren oder auch Jahrzehnten.
Daher hat sich nun die ARD dem Thema angenommen: Und zwar mit dem Drama-Spielfilm Play, der seit dem 11. September hier gesehen werden kann. Gedreht von Philip Koch geht es in Play um die junge Jennifer, gespielt von Emma Bading, die auf eine neue Schule kommt, keinen Anschluss findet und sich daher in die virtuelle Fantasy-Welt von Avalonia flüchtet. Als Heldin Sindruin macht sie sich dort einen Namen und lernt dort einen Mitschüler kennen und lieben. Aber eben nur dort. Denn als sie sich auf ein Date treffen, ist es eine Katastrophe. Natürlich hat die Virtual Reality die soziale Kompetenz der jungen Frau zerstört – macht sie nur noch mehr zur Außenseiterin und weniger fähig, Anschluss zu finden und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Die Virtual Reality wird zur Sucht. Ihre Schulleistungen sacken ab, ihr Verstand leidet und ihre Zukunft sieht düster aus.
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Virtual Reality essen Seele auf
Play ist ein aufwendig und mit viel Liebe zum visuellen Detail gedrehtes Drama. Aber eben eines, das es nicht schafft, sich von Klischees und Vorurteilen über Videospiele, Gamer und die Virtual Reality zu entfernen und einen neuen Blick auf Tatsachen, Leben- und Erlebenswirklichkeiten zu werfen. Die Virtual-Reality-Brille ist in Play ein Drogendealer und die Welt von Avalonia ein Trip. Gamer werden nicht als Menschen porträtiert, die ein Hobby ausleben, dem Milliarden ohne Schaden nachgehen. Nein, sie sind hilflose Opfer einer Technologie, die Charakter, Persönlichkeit, Psyche und die gesellschaftlichen und familiären Bande zerstört. Denn natürlich kommt es zwischen den von einer fragilen Beziehung zusammengehaltenen Eltern von Jennifer, Frank und Ariane, über die Sucht ihre Tochter zu Zerwürfnissen.
Letztlich wollen sie der Virtual Reality mit kaltem Entzug beikommen. Die Eltern – sonst machtlos gegen die böse Gaming-Welt – nehmen Jennifer erst das WLAN und dann den Computer weg. Daher stiehlt sie sich im Technikmarkt an einen Avalonia -Werbestand, um kurz wegzutauchen zu können; stibitzt die VR-Ausrüstung eines Bekannten und versteckt sich letztlich im Wald, um dort ungesehen ihre Sucht zu befriedigen. So eben wie Drogensüchtige, die unbedingt einen Schuss brauchen. Die Gamerin ist hier nicht mehr als ein bemitleidenswerter Junkie, den schubhafte Anfälle überkommen und der vollkommen machtlos ist, sich selbst zu helfen – und in ihrem Wahn und ihrer Psychose ihren Trip nicht mehr von der Wirklichkeit entscheiden kann. „Es gibt Tage, da spüre ich mein Herz nicht mehr“, sagt Jennifer. „Es gibt Tage, da bin ich einmal ich selbst und ich ersticke daran. Aber es gibt auch andere Tage: Tage an denen ich spiele.“
Das böse Spiel
Die mit viel visuellem und akustischem Pathos aufgeladene Nachricht von Play ist: Games und Virtual Reality entmenschlichen und degenerieren eine Person, höhlen sie aus und machen sie zur Hülle, die eigentliche der virtuelle Avatar darstellen soll. Wer Play ohne Vorwissen oder eigene Erfahrungen schaut, muss glauben, dass Games wie jene, die die Welt von Avalonia inspirierten, unweigerlich in die Sucht abdriften lassen. Dass Videospiele eine gefährliche Droge sind und Leute, die PC, Konsole und Headset anschalten, für die Gesellschaft verloren sind. Natürlich: Videospielsucht existiert und sie ist ein Problem, das angegangen und besprochen werden muss. Aber Play verkennt die Mechaniken, die Komplexität der Gaming-Sucht und deren Ursachen, die sehr oft sehr wenig mit Games zu schaffen haben, sondern im sozialen und familiären Umfeld zu suchen sind.
Mit alldem ist Play kein Film über Games und Virtual Reality, sondern ein dumpfes Drogendrama, ein Möchtegern- Requiem-for-a-Dream oder - Wir-Kinder-vom-Bahnhof-Zoo, das dummdreist und ohne Bedenken schlichtweg Kokain und Heroin durch Videospiele ersetzt hat. Das ist schade und unnötig. Denn die Welten des Gaming und der Virtual Reality haben viele positive wie negative Seiten, die sich beleuchten ließen und beleuchtet werden sollten. Dass das herausfordernd aber gut und ohne Dämonisierung machbar ist, das zeigt etwa Kiss Me First, eine Thriller-Serie von Netflix und Channel 4 aus Großbritannien. Wer also ein spannendes Virtual-Reality-Drama sucht, der sollte lieber bei Netflix als bei der ARD reinschauen.