Forscher:innen planen Roboter des amerikanischen Militärs mit biologischen Muskelgewebe auszustatten, um ihnen mehr Ausdauer, Beweglichkeit und Stabilität zu verschaffen. Vielleicht wird so die Zukunftsvision vom Bio-Roboter immer wahrscheinlicher.
Von Adriano D’Adamo
Im Science-Fiction-Kultklassiker Blade Runner bestehen Roboter nicht nur aus Metall und Leiterbahnen. Die sogenannten Replikanten verfügen über Haut, Knochen, Fettgewebe und Muskeln, wie Menschen oder Tiere. In der Zukunft könnten die Realität dieser Science-Fiction-Vision ein Stück näherkommen. Den ersten Schritt dahin machen gerade Wissenschaftler:innen aus den USA. Ein Team des American Research Laboratory, der University of North Carolina und der Duke University will Roboter mit biologischem Gewebe aufrüsten.
Die zugrundeliegende Idee ist es, zwei Objekte oder Oberflächen mit dem Muskelgewebe zu verbinden und dann durch gezielte Stromstöße eine Kontraktion der Muskeln hervorzurufen. So werden die Gliedmaßen, also die Arme oder Beine des Roboters bewegt. Diese Reaktion vergleichen die zuständigen Personen mit einer Feder, die sich auf Kommando zusammenzieht oder entspannt. Das soll bei Robotern einen erheblichen Vorteil gegenüber konventionellen Motoren bieten.
Die Forschungsergebnisse sollen jedoch nicht auf humanoide Roboter, also auf zwei Beinen laufenden Roboter, übertragen werden. Viel mehr orientiert sich das Forscherteam an einer „Plattform mit Beinen“, wie etwa der LLAMA der U.S. Army, der Legged Locomotion and Movement Adaptation oder dem LS3 der U.S. Marines, dem Legged Squad Support System. Beides sind Systeme mit vier Beinen.
Obwohl es Roboter der U.S. Army sind, sollen die Laufmaschinen nicht für Konfliktsituationen in Kriegsgebieten genutzt werden – zumindest noch nicht. Wie Dean Culver vom ARL gegenüber Nextgov verriet, sollen mit ihnen zunächst einmal nur Möglichkeiten austariert werden, die Ausdauer und Reflexe derartiger Roboter zu verbessern.
Bezüglich der Ausdauer vergleicht Culver die Roboter mit einem Wolf. Der Wolf und der Roboter wiegen ungefähr das gleiche, aber der Wolf kann viel mehr ziehen und hunderte Kilometer laufen ohne etwas zu essen oder sich auszuruhen. Am nächsten Tag macht das Tier dasselbe dann gleich nochmal. Bei einem Roboter sei derartiges bislang undenkbar. Aber biologische Muskeln könnten das ändern, da sie viel effektiver arbeiten. Dennoch hebt Culver hervor, dass die Erkenntnisse hinsichtlich der Ansteuerung und dem Energiehaushalt von Muskelgewebe noch vergleichsweise spärlich sind. Erst in den 2000ern hätte hier eine tiefgründige Forschung begonnen.
Noch mehr erhofft sich das Army Research Laboratory hinsichtlich der Reflexe der Roboter. Um das zu verdeutlichen, beschreibt Culver den Gang über ein unebenes Feld. Sobald ein Mensch oder Tier mit einem Fuß in ein Loch stolpert, reagiert das Muskelgewebe. Es versucht automatisch ein Gleichgewicht herzustellen, bevor das Gehirn eine bewusste Reaktion erdenken kann. Diesen Aspekt wollen die Forscher:innen nutzen, wenn die Roboter ein unbekanntes oder schwieriges Terrain überwinden müssen. Sie wollen damit auch das Risiko verringern, dass die Roboter umfallen oder sich bei einem Sturz beschädigen.
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Jetzt Mitglied werden!Der Einsatz von Robotern mit biologischem Muskelgewebe ist noch weit entfernt vom Praxiseinsatz. Die Forscher:innen vom Army Research Laboratory arbeiten immer noch an der Verbindung durch das Muskelgewebe und wie sie es steuern können. Auch ist noch unklar, wie sie an das Muskelgewebe kommen. Culver sagte gegenüber der Nextgov lediglich, dass Muskelgewebe von Tieren im Labor hergestellt werden kann.
Teaserbild: U.S. Army
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