Diese Initiative soll Kryptowährungen 'grün' machen

Kryptowährungen sind ein Erfolg, aber auch ziemliche Stromfresser. Eine Initiative will nun dafür sorgen, dass sich das ändert. Sie will erreichen, dass Blockchains energieeffizienter gestaltet und bald nur noch mit erneuerbaren Energien betrieben werden.

Von Michael Förtsch

Kryptowährungen sind angetreten, um die Finanzwelt auf den Kopf zu stellen. Tatsächlich werden über die dezentralen Infrastrukturen von Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Cardano, Dash, Z-Cash, TRON und über 4.500 anderen Kryptowährungen tagtäglich mehrere Milliarden von Euro transferiert – an Notenbanken und etablierten Finanzinstanzen vorbei. Aber moderne Blockchain-Systeme dienen nicht nur zum Betrieb solcher digitalen Währungen, sondern sind auch Ökosysteme, die Zertifikate und automatisierte Verträge speichern und ausführen können. Darunter NFTs, Abrechnungen, Urheber- und Verwertungsrechte, Lieferketten, Identitäten und vieles mehr. Allerdings sind die sogenannten Mining- oder Proof-of-Work-Prozesse, durch die Transaktionen verifiziert und neue Währungseinheiten erzeugt werden, sehr energieintensiv. Denn dabei rechnen Abertausende Computer um die Wette, um mathematische Rätsel zu lösen.

Blockchains der großen Kryptowährungen sind dadurch wahre Energiefresser. Nach Berechnungen der University of Cambridge verbraucht das Bitcoin-Netzwerk 143 Terawattstunden pro Jahr, mehr als Schweden oder die Ukraine. Die Ethereum-Blockchain soll Schätzungen zufolge in diesem Jahr einen Energieverbrauch von über 35 Terawattstunden oder mehr erreichen, in etwa soviel wie Länder wie Ungarn, Katar und Bulgarien. Nicht nur, aber insbesondere Rechner und deren große Kühlsysteme in China wie vom Unternehmen Bitmain, die die Transaktionen auf den Blockchains bestätigen, nutzen Strom aus dreckigen Kohlekraftwerken. Weltweit soll der Anteil des Kohlestroms am Mining-Geschäft bis zu 40 Prozent betragen. Entsprechend groß ist der Einfluss der Kryptowährungen auf das Klima – und damit die Kritik daran.

Mit Crypto Climate Accord hat sich nun allerdings eine Initiative gebildet, die dafür sorgen will, dass Kryptowährungen und Blockchain-Projekte grün und umweltverträglich werden. Angeführt wird sie von Krypto-Unternehmen und Non-Profit-Organisationen wie dem Energiemarkt Energy Web, dem Blockchain-Entwickler ConsenSys, dem Krypto-Investmentunternehmen CoinShares und dem Kryptowährungsentwickler Ripple. Inspiriert vom Pariser Klimaabkommen soll der Crypto Climate Accord erreichen, dass alle – oder zumindest alle bedeutenden – Blockchain-Netzwerke bis 2030 mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Bis 2040 wird ein Net-Zero-Stand angepeilt – also eine Emissionsreduktion auf Null und eine Beseitigung des schon durch die Blockchain-Netze verursachten CO2-Ausstoßes.

Blockchains im Energiespar-Modus?

Ein wichtiger Schritt ist, so der Crypto Climate Accord, natürlich die Blockchain-Technologie der einzelnen Netzwerke selbst energieeffizienter und damit klimafreundlicher zu machen. Das soll unter anderem in Zukunft schon bei der Ethereum-Blockchain passieren. Dabei wird das Wettrennen der Rechner abgeschafft und jeweils ein einzelner Rechner gewählt, der die Aufgabe übernimmt, die Transaktionen zu verifizieren. Damit könnte sich der Energieverbrauch um 99 Prozent senken lassen. Dass das Konzept funktioniert, demonstriert bereits die Kryptowährung Peercoin. Die Entwickler von Bitcoin zeigen sich bislang hingegen wenig an einem solchen Schritt interessiert. Unter anderem, um, wie es heißt, die Vision des geheimnisumwitterten Bitcoin-Schöpfers Satoshi Nakamoto nicht zu korrumpieren.

Ein weiterer Schritt soll sein, überhaupt erst eine Technologie zu entwickeln, mit der der Energieverbrauch der Blockchains, ihre CO2-Emissionen und sonstigen Einflüsse auf Umwelt und Klima gemessen werden können – und entsprechend, wie grün oder dreckig eine Blockchain arbeitet. Auch wenn Zahlen zum Energieverbrauch existieren, sind diese doch meist Schätzungen und Hochrechnungen, die sich schwer bis gar nicht verifizieren lassen. Hier könne, heißt es auf der Website von Crypto Climate Accord, auch ein Zertifikate-System helfen, wie es etwa von Data-Center-Betreibern wie Microsoft und Google genutzt wird. Denn es sind weniger einzelne Nutzer, die die Transaktionen verifizieren, sondern hauptsächlich sogenannte Mining-Pools, die von Gruppen oder Unternehmen geführt werden.

Würden Unternehmen wie Bitmain und unabhängige Mining-Pools mit erneuerbaren Energien arbeiten, könnten sie als grün zertifiziert werden und damit helfen, die jeweiligen Kryptowährungen sicht- und prüfbar klimaneutraler zu gestalten. Ebenso könnten Investoren, die Kryptowährungen halten und handeln, ihren Anteil am Klimaschaden ausgleichen. Ähnlich wie über verschiedene Dienste bereits CO2-Ausgleiche für Autofahrten und Flugreisen getätigt werden. Nur würden sie bei Käufen und Verkäufen sofort eine kleine Ausgleichspauschale zahlen können, schlagen die Macher von Crypto Climate Accord vor.

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Bitcoin mit Solarstrom schürfen?

Wie die Macher von Crypto Climate Accord ihre Ziele nun angehen und umsetzen wollen, das ist bisher noch nicht so sicher. Das soll erst im Rahmen der UN-Klimakonferenz 2021 austariert werden. Dabei sollen auch die ersten Etappenziele finalisiert und festgelegt werden. Sonderlich einfach dürfte all das nicht werden. Denn die Blockchain-Technologie ist in ihrem Kern dezentral konstruiert und damit so geschaffen, dass eben kaum zentrale oder nur begrenzt handlungsfähige Instanzen existieren, die Vorgaben und große Änderungen beschließen und durchsetzen können. Jedoch komme es eben nicht nur auf die Blockchain-Netzwerke und die Personen drumherum an, sondern auch auf Energieunternehmen, die genug und günstigen Strom aus grünen Quellen anbieten müssen, der genutzt werden kann.

Tatsächlich experimentieren private Bitcoin- und andere Krypto-Miner schon seit einigen Jahren mit Solarstrom aus eigenen Anlagen oder lokalen Solarparks, der gleich teuer bis günstiger als der aus dem klassischen Strommix ausfällt. Ein Unternehmen plant bereits seit zwei Jahren, in Australien einen großen Solarpark anzulegen, der ein Data Center und eine Mining-Anlage speisen soll. Ein Start-up namens Soluna hat hingegen vor, in Marokko auf einer Fläche von 15.000 Hektar einen Windpark aufzubauen, der Rechenzentren betreiben soll, mit dem Bitcoin und andere Kryptowährungen geschürft werden.

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Was für ein Irrweg - das Problem liegt im „proof of work“. Der kostet Strom, und der steht (egal wie produziert) nach seinem Verbrauch eben nicht mehr zur Verfügung. Wir haben mit den Serverfarmen in Ländern mit Niedrigst-Strompreisen ein ganz klassischers Beispiel von Gier und Kapitalismus gegen unsere natürlichen Ressourcen. Das sollte keine Zukunft haben!

Ob es „DAS Problem“, darüber lässt sich streiten. Denn es greifen hier schon zahlreiche Faktoren ineinander. Aber es ist jedenfalls das Hauptproblem, ja. Daher ist Ethereum 2.0 sicher schon ein sehr guter Schritt, der von proof of work auf proof of stake umschaltet. Und ebenso zeigt auch Cardano bereits, das eine moderne Blockchain sehr gut mit proof of stake statt proof of work funktionieren kann.

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