Es klingt nach einer vollkommen absurden Idee: Ein Unternehmer aus Singapur will eine riesige Yacht konstruieren lassen, die mit Luxuskabinen und Laboren ausgestattet ist. Dort sollen Wissenschaftler, Aktivisten und Superreiche zusammenkommen – und nebenbei die Welt retten.
Von Michael Förtsch
Der Entwurf der Earth 300 könnte gut und gerne aus einem Science-Fiction-Film stammen. Die 300 Meter lange Yacht soll ähnlich einem Sportschuh geformt sein. Der Bug soll in einer steilen Kurve nach oben ragen und auf seiner Spitze einen Aufbau tragen, der hinter großen Glasscheiben die Brücke und ein Beobachtungsdeck beherbergt. Zum Heck hin soll das Schiff steil abfallen. Wobei in der Mitte des Heckbereichs eine riesige Konstruktion in Form einer glänzenden Kugel verankert ist. Das futuristische Konzept, das Aaron Olivera, ein Unternehmer aus Singapur, in Auftrag gegeben hat, ist aber nicht als Privatresidenz auf dem Wasser gedacht, sondern als Luxus- und Forschungskreuzer.
Olivera will auf der Earth 300 die Millionäre und Milliardäre dieser Welt mit führenden Wissenschaftlern, Umwelt- und Klimaschützern zusammenbringen. Daher soll es im Bugbereich insgesamt 20 Luxussuiten geben, für die zwischen einer und drei Millionen US-Dollar für eine Tour fällig werden. In der Kugelkonstruktion sollen hingegen auf 13 Stockwerken über 22 Labore untergebracht sein. Ebenso wie ein Quantencomputer, der die Auswertung von Daten direkt auf hoher See ermöglichen soll. Bis zu 160 Wissenschaftler sollen auf der Earth 300 arbeiten und – in Vergleich mit den Luxuskabinen in ziemlich einfachen Zimmern – kostenfrei wohnen können. Dazu soll es auch Platz für 60 weitere Gäste, 20 studentische Mitarbeiter und natürlich die Mannschaft geben.
Erforscht werden sollen mit der High-Tech-Mega-Yacht vor allem die Weltmeere. Mit dem Schiff sollen etwa neue Erkenntnisse über die Erwärmung der Ozeane, die Folgen des Klimawandels für das marine Leben, die Entwicklung von Phänomen wie dem Golfstrom und tropischen Stürmen gesammelt werden. Diese sollen von den Wissenschaftlern mit der Earth 300 direkt vor Ort analysiert werden. Ebenso würden die Daten und Erkenntnisse frei mit anderen Wissenschaftlern und der Welt geteilt. Aber das Schiff soll Forschern und Superreichen auch die Möglichkeit geben, sich in einem vergleichsweise privaten Rahmen auszutauschen, Forschungsprojekte zu pitchen, Finanzierungen zu organisieren und Pläne zu schmieden, wie der Klimawandel bekämpft werden kann.
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Jetzt Mitglied werden!Sauber dank Kernantrieb?
Da die Earth 300 bei der Rettung der Erde helfen soll, soll sie natürlich auch sauber unterwegs sein. Angetrieben werden soll das Schiff von einem Flüssigsalzreaktor, einer modernen aber nicht unumstrittenen und noch nicht perfektionierten Kernreaktortechnologie, die seit Ende September 2021 in einem Testreaktor nahe dem chinesischen Wuwei erprobt wird. Dennoch ist Aaron Olivera sicher, dass das Schiff womöglich schon 2025 in See stechen könnte – wenn nicht mit einem Kernreaktor, dann zumindest mit synthetischen Treibstoffen oder einem Brennstoffzellenantrieb. Die Kosten für die Konstruktion sollen zwischen 500 und 700 Millionen US-Dollar liegen.
Laut Olivera gäbe es durchaus Interesse und Unterstützung für das so ambitionierte wie kuriose Mega-Projekt. Es gäbe sowohl Gespräche mit Forschern, Umweltschützern als auch einigen Personen, die potentielle Kunden und Förderer darstellen. Das Projekt ist trotz allem aber ist nicht so einzigartig und eigenwillig, wie es scheint. Mit der REV Ocean ist derzeit bereits eine Forschungsyacht im Bau, die 2024 fertiggestellt werden wird. Sie wird vom Milliardär Kjell Inge Røkke finanziert und soll ebenso von Wissenschaftlern für lange Forschungsreisen genutzt werden. Auch auf der REV Ocean soll es, um das Projekt dauerhaft zu finanzieren, für wohlhabende Personen die Möglichkeit geben, sich bei verschiedenen Forschungsreisen einzumieten oder das Schiff für eigene Forschungsinitiativen zu chartern.
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